Kritik der praktischen Vernunft
Sinnenwelt gehört, vereinigt werden soll. Eine Schwierigkeit, die, selbst nachdem alles bisherige eingewilligt worden, der Freiheit dennoch mit ihrem gänzlichen Untergange droht. Aber bei dieser Gefahr gibt ein Umstand doch zugleich Hoffnung zu einem für die Behauptung der Freiheit noch glücklichen Ausgange, nämlich daß dieselbe Schwierigkeit viel stärker (in der Tat, wie wir bald sehen werden, allein,) das System drückt, in welchem die in Zeit und Raum bestimmbare Existenz für die Existenz der Dinge an sich selbst gehalten wird, sie uns also nicht nötigt, unsere vornehmste Voraussetzung von der Idealität der Zeit, als bloßer Form sinnlicher Anschauung, folglich als bloßer Vorstellungsart, die dem Subjekte als zur Sinnenwelt gehörig eigen ist, abzugehen, und also nur erfordert sie mit dieser Idee zu vereinigen.
Wenn man uns nämlich auch einräumt, daß das intelligibele Subjekt in Ansehung einer gegebenen Handlung noch frei sein kann, obgleich es als Subjekt, das auch zur Sinnenwelt gehörig, in Ansehung derselben mechanisch bedingt ist, so scheint es doch, man müsse, so bald man annimmt, Gott , als allgemeines Urwesen, sei die Ursache auch der Existenz der Substanz (ein Satz, der niemals aufgegeben werden darf, ohne den Begriff von Gott als Wesen aller Wesen, und hiermit seine Allgenugsamkeit, auf die alles in der Theologie ankommt, zugleich mit aufzugeben), auch einräumen: Die Handlungen des Menschen haben in demjenigen ihren bestimmenden Grund, was gänzlich außer ihrer Gewalt ist , nämlich in der Kausalität eines von ihm unterschiedenen höchsten Wesens, von welchem das Dasein des erstern, und die ganze Bestimmung seiner Kausalität ganz und gar abhängt. In der Tat: wären die Handlungen des Menschen, so wie sie zu seinen Bestimmungen in der Zeit gehören, nicht bloße Bestimmungen desselben als Erscheinung, sondern als Dinges an sich selbst, so würde die Freiheit nicht zu retten sein. Der Mensch wäre Marionette, oder ein Vaucansonsches Automat, gezimmert und aufgezogen von dem obersten Meister aller Kunstwerke, und das Selbstbewußtsein würde es zwar zu einem denkenden Automate machen, in welchem aber das Bewußtsein seiner Spontaneität, wenn sie für Freiheit gehalten wird, bloße Täuschung wäre, indem sie nur komparativ so genannt zu werden verdient, weil die nächsten bestimmenden Ursachen seiner Bewegung, und eine lange Reihe derselben zu ihren bestimmenden Ursachen hinauf, zwar innerlich sind, die letzte und höchste aber doch gänzlich in einer fremden Hand angetroffen wird. Daher sehe ich nicht ab, wie diejenigen, welche noch immer dabei beharren, Zeit und Raum für zum Dasein der Dinge an sich selbst gehörige Bestimmungen anzusehen, hier die Fatalität der Handlungen vermeiden wollen, oder, wenn sie so geradezu (wie der sonst scharfsinnige Mendelssohn tat,) beide nur als zur Existenz endlicher und abgeleiteter Wesen, aber nicht zu der des unendlichen Urwesens notwendig gehörige Bedingungen einräumen, sich rechtfertigen wollen, woher sie diese Befugnis nehmen, einen solchen Unterschied zu machen, sogar wie sie auch nur dem Widerspruche ausweichen wollen, den sie begehen, wenn sie das Dasein in der Zeit als den endlichen Dingen an sich notwendig anhängende Bestimmung ansehen, da Gott die Ursache dieses Daseins ist, er aber doch nicht die Ursache der Zeit (oder des Raums) selbst sein kann, (weil diese als notwendige Bedingung a priori dem Dasein der Dinge vorausgesetzt sein muß,) seine Kausalität folglich in Ansehung der Existenz dieser Dinge, selbst der Zeit nach, bedingt sein muß, wobei nun alle die Widersprüche gegen die Begriffe seiner Unendlichkeit und Unabhängigkeit unvermeidlich eintreten müssen. Hingegen ist es uns ganz leicht, die Bestimmung der göttlichen Existenz, als unabhängig von allen Zeitbedingungen, zum Unterschiede von der eines Wesens der Sinnenwelt, als die Existenz eines Wesens an sich selbst , von der eines Dinges in der Erscheinung zu unterscheiden. Daher, wenn man jene Idealität der Zeit und des Raums nicht annimmt, nur allein der Spinozismus übrig bleibt, in welchem Raum und Zeit wesentliche Bestimmungen des Urwesens selbst sind, die von ihm abhängigen Dinge aber (also auch wir selbst) nicht Substanzen, sondern bloß ihm inhärierende Akzidenzen sind; weil, wenn diese Dinge bloß, als seine Wirkungen, in der Zeit existieren, welche die Bedingung ihrer Existenz an sich wäre, auch die Handlungen dieser Wesen bloß seine Handlungen sein
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