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Kryson 06 - Tag und Nacht

Kryson 06 - Tag und Nacht

Titel: Kryson 06 - Tag und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Rümmelein
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nachdenklich zu, »warum wächst und blüht sie hier? Die Gegend muss sich verändert haben. Vielleicht wurde es in letzter Zeit wärmer und feuchter, ohne dass wir etwas davon bemerkt haben. Womöglich verödet der Boden, und der Norden Ells wird bald ein einziger Sumpf wie in den Grenzlanden sein.«
    »Ich weiß nicht«, grübelte Sapius, »dieser Ort kam mir von Anfang an merkwürdig vor. Hier geschieht etwas, das nicht sein darf.«
    »Ihr seht zu schwarz, Sapius. Wollt Ihr die Pflanze mitnehmen?«, fragte Vargnar.
    »Nein, nur ihre Blüten und, wenn wir Glück haben, ein oder zwei Samenkörner, sollten sie bereits reif sein. Wir müssen uns vorsehen, damit wir uns nicht an ihren Dornen verletzen. Rodso, würdest du ein Samenkorn für mich verspeisen, um es für eine Aussaat vorzubereiten?«, trug Sapius vor.
    »Sicher«, antwortete Rodso, »im Gegensatz zu den Dornen und Blättern sind die Samenkörner der Candallee nicht giftig. Aber Ihr müsst es noch der Kälte aussetzen, bevor Ihr es in geeigneten Boden pflanzt.«
    »Ich weiß. Ich möchte es versuchen. Vielleicht habe ich Glück und sie wird wachsen.«
    Sapius und Rodso untersuchten die Pflanze genau und sie wurden fündig. Eine Samenkapsel war reif genug, um den begehrten Schatz zu bergen. Sapius ging sehr langsam und mit Bedacht vor, als er die Samenkapsel öffnete. Dennoch zitterte seine Hand, als ihm das Samenkorn hineinfiel. Der Magier atmete tief durch.
    Das war geschafft. Ebenso vorsichtig drehte er die Blüten der Candallee ab und steckte sie in einen Beutel, den er wie seine neue Kleidung aus alten Säcken genäht hatte.
    »Die Blüten machen Euch zu einem reichen Mann, wenn Ihr sie verkauft«, meinte Rodso, »oder Ihr tauscht sie bei den Altvorderen gegen allerlei nützliche Gegenstände und Magie ein.«
    »Ich habe nicht vor, sie zu verkaufen«, sagte Sapius, »ich werde mir von den Orna zeigen lassen, wie sich ein Heilmittel aus ihnen gewinnen lässt.«
    »Dann achtet darauf, dass Ihr sie nicht verliert, wie zuletzt das Buch der Macht«, warnte Vargnar.
    »Ich werde den Schatz wie meinen Augapfel hüten«, antwortete Sapius mit einem Anflug von Ärger in der Stimme.
    Er überließ Rodso und Vargnar sich selbst und setzte sich wieder auf den Holzbalken. Zufrieden mit sich selbst und seinem überraschenden Fund lauschte Sapius in die Stille. Eine Stille, die ihn frösteln ließ. Eine Stille, die er nicht begreifen konnte. Er vernahm überhaupt kein Geräusch. Jetzt, da der Angriff der Rachuren vorüber war, erschien ihm dieser Ort des Grauens friedlich und ruhig. Oder tot? Irgendetwas stimmte nicht. Die Candallee, die Stille. Plötzlich war Sapius hellwach. Schaudernd stellten sich ihm die Nackenhaare auf.
    »Hört Ihr das?«
, fragte er den Felsenprinzen in Gedanken.
    »Was denn? Ich höre nichts«
, antwortete Vargnar, durch Sapius’ Frage aus seinen Gedanken aufgeschreckt.
    »Ich auch nicht«
, meinte Rodso.
    »Eben! Fällt Euch das denn nicht auf? Es ist still wie in einem Grab. Kein Wind, kein Tierlaut oder irgendein anderes Geräusch. Nichts. Das ist unheimlich«
, sagte Sapius.
    »Jetzt, wo Ihr es bemerkt«
, nickte Vargnar,
»aber ich kann Euren Herzschlag hören.«
    »Interessant. Das könntet Ihr nicht, wäre es nicht so still um uns herum«
, stellte Sapius fest,
»da ist etwas. Ich kann es spüren, aber weder sehen noch hören. Eine Gefahr oder die Ruhe vor einem Sturm, der jeden Augenblick ausbrechen und uns mitreißen kann. Tiere spüren eine solche Gefahr, fürchten sich, fliehen oder verstecken sich und schweigen in den Augenblicken davor. Wir müssen wachsam sein.«
    »Fürchtet Ihr Euch vor dem Ungewissen?«
, hakte Vargnar nach.
    »Allerdings«
, nickte Sapius frierend,
»das Gefühl ist so stark. Die Schatten lauern noch an diesem Ort. Ich glaube, etwas Gewaltiges wartet im Verborgenen.«
    »Ihr versteht es, anderen Angst einzujagen«
, warf Rodso dem Magier vor,
»ich lausche den Steinen. Vielleicht geben sie uns Aufschluss darüber, was mit diesem Ort nicht stimmt.«
    Das war ein guter Einfall, fand Sapius. Die Felsenfreunde erwiesen sich immer wieder als überaus nützlich. Während Rodso den Steinen lauschte, dachte Sapius über vieles nach. Die Ereignisse der vergangenen Monde rauschten an ihm vorbei. Die Suche nach dem Buch der Macht, Tomal und Tallia, die Drachen und seine Berufung zum Yasek, das alles lag noch nicht lange zurück und kam ihm doch weit entfernt vor. Hatte er richtig gewählt? Er hatte schwer mit sich und

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