Kurtisanen leben gefaehrlich
ließ. Tränen liefen an meinem Gesicht hinab. Ich vermisste Andrea Luca bereits nach einer solch kurzen Zeit schmerzlich und erst jetzt, da ich vor seinem Bildnis stand, wurde mir dies wirklich bewusst.
Wütend wischte ich die Tränenspur von meinen Wangen und schaute zu Alesia, die erschöpft vor mir stand. Die Magie einer Artista forderte ihren Tribut und konnte ihre Anwenderin viel mehr kosten, als sie vielleicht zu geben bereit war. In diesem Zustand sah Alesia ungefährlich aus, wirkte zerbrechlich und so jung, wie sie in Wirklichkeit war. Sie blickte mich unter schwer gewordenen Lidern an und ließ sich kraftlos auf einen Sessel fallen, der in ihrer Nähe stand.
»Ich ermüde schnell, das seht Ihr selbst. Noch bin ich nicht in der Lage, starke Magie über einen längeren Zeitraum aufrecht zu erhalten. Aber meine Zeit wird kommen und dann werde ich selbst die Macht einer Beatrice Santi übertreffen!«
Ein fanatisches Licht glühte in ihren Augen und verlieh ihr einen gespenstischen Ausdruck. Ich zweifelte nicht an ihren Worten, denn sie hatte ihre Fähigkeiten eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
»Ich habe Andrea Luca beobachtet, so wusste ich immer alles, was er getan hat und hatte ihn bei mir, selbst wenn er es niemals geahnt hat. Es ist nicht schwer, etwas Persönliches von seinem künftigen Gemahl zu erhalten, wisst Ihr?«
Ich nickte in plötzlichem Verstehen und erwiderte ihren Blick. Wir beide befanden uns in einer seltsamen Situation, die keine von uns erwartet hatte, denn es gab keinen Weg, sich der anderen zu entledigen, ohne mit ihr unterzugehen. Ich hegte keinen Zweifel daran, dass sie noch mehr von diesen ausgesprochen interessanten Bildern unter den zahlreichen Tüchern verbarg, die in ihren Räumlichkeiten zu finden waren. Es konnte ihr den Hals brechen, wenn eine andere Artista darüber Kenntnis erlangte.
Ich wusste nicht viel von den Regeln der Artiste, doch Alesia besaß weitaus mehr Macht, als sie in ihren jungen Jahren hätte haben dürfen und sie stellte mit ihren Ambitionen eine Gefahr für das zerbrechliche Gleichgewicht zwischen den herrschenden Familien dar. Eine zweite Beatrice Santi ohne Skrupel und Gewissen, die nach Machtgewinn dürstete und dabei über Leichen ging. Doch wir konnten einander von Nutzen sein. Unfreiwillige Verbündete, die das Schicksal zusammengeführt hatte.
Wir trafen ein stilles Abkommen in jener Sommernacht und bedurften dazu nicht vieler Worte. Ganz gleich, welche von uns am Ende gewinnen würde, die Prinzessin würde die Verliererin sein.
Kapitel 8
N
ach meinem Gespräch mit Alesia war es nicht schwer, die Villa della Francesca zu verlassen, hatte die Artista doch selbst dafür Sorge getragen, dass ich ohne Probleme verschwinden konnte. Diesmal sogar, ohne mir die Finger an dem Rosenspalier zerstechen zu lassen.
Ich war besorgt über das, was ich über ihre Machenschaften erfahren hatte. Alesia war viel zu jung, um über eine solche Macht zu verfügen und ich bezweifelte nicht, dass sie ihre Kräfte skrupellos für ihre Ziele einsetzen würde und dies auch bereits getan hatte. Und was war mit meiner eigenen Herkunft? War meine Mutter tatsächlich die Fürstin von Serrina? Der Gedanke erschien mir zu abenteuerlich, um tatsächlich der Wirklichkeit entsprungen zu sein.
Ich achtete kaum auf meine Umgebung, während ich grübelnd durch die Nacht wanderte, und wurde erst aufgeschreckt, als die Schritte hinter mir erneut erklangen. Die Villa della Francesca war bereits ein weites Stück entfernt und ich befand mich in einem völlig ausgestorben wirkenden Teil der Stadt, der keinerlei Hilfe versprach. Diesmal war ich mir sicher, dass ich keiner Sinnestäuschung erlag. Ich wurde verfolgt, nur von wem oder von was, das war die Frage.
Vorsorglich zog ich mein Rapier und verschwand im Schatten einer hohen Mauer. Gegen einen geübten Gegner würde ich nur wenig ausrichten können, doch mir blieb keine andere Wahl, wenn ich verhindern wollte, dass jemand meine Zuflucht entdeckte. Wenn ich weiterging, würde ich ihn geradewegs zu ihr führen, und dies lag nicht in meiner Absicht.
Mein Blick wanderte durch die Gassen, versuchte, jede kleinste Bewegung in meiner Umgebung zu erfassen, doch die Nacht blieb stumm und ich sah nichts, was meine Aufmerksamkeit erregt hätte. Ich überlegte bereits, ob ich mich getäuscht hatte, als mein Verfolger endlich zuschlug.
Ein dunkler Schatten sprang von der Mauer herab und riss mich in seinem Schwung mit sich zu
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