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Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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mein Vater höchst ärgerlich sei und würde ihn noch dazu gezankt haben. Mein Onkel Toby schmähte auf Niemand als auf den Schneider, der die Tasche zugeschnitten hatte – er saß also ruhig da, bis mein Vater sein Taschentuch herausgebracht hatte und sah ihm die ganze Zeit über mit der äußersten Gutmüthigkeit ins Gesicht – bis mein Vater endlich also fort fuhr: –

50. Kapitel.
    – »Was ihr für wundervolle Armeen in Flandern hattet«!
    – Bruder Toby, sagte mein Vater, ich halte dich für einen so rechtschaffenen, gutherzigen und biederen Mann als Gott je einen geschaffen hat; – du bist auch nicht daran Schuld, wenn alle Kinder, welche erzeugt wurden, werden, werden können, sollen oder müssen, mit dem Kopf zuerst auf die Welt kommen; – glaube mir aber, lieber Toby, die schlimmen Zufälle, welche ihnen unfehlbar auflauern, nicht nur während wir sie zeugen, – obschon diese meiner Meinung nach alle Beachtung verdienen, – sondern die Gefahren und Schwierigkeiten, die unserer Kinder warten, wenn sie einmal die Welt betreten haben, sind wahrlich groß genug – so daß es wahrhaftig ganz unnöthig ist, sie auch noch während ihres Eintritts in dieselbe, welchen auszusetzen.
    Sind diese Gefahren, fragte mein Onkel Toby, wobei er meinem Vater die Hand auf das Knie legte und ihm in ernster Erwartung der Antwort ins Gesicht sah, – sind diese Gefahren heut zu Tage größer, Bruder, als sie es früher waren? – Bruder Toby, erwiderte mein Vater, wenn ein Kind nur richtig erzeugt und lebendig und gesund zur Welt gebracht war, und sich die Mutter nachher wohl befand, so bekümmerten sich unsere Vorfahren um weiter nichts. – Mein Onkel Toby zog sofort seine Hand vom Knie meines Vaters zurück, sank wieder sanft in seinen Stuhl zurück, hob den Kopf gerade so hoch, daß er noch die Kranzleiste des Zimmers erblicken konnte, brachte Backen- und Lippenmuskeln in die richtige Verfassung – und begann den Lillabullero zu pfeifen.

51. Kapitel.
    Während mein Onkel Toby meinem Vater den Lillabullero vorpfiff, – stampfte
Dr.
 Slop mit den Füßen, und fluchte und schimpfte auf Obadiah in einer fürchterlichen Weise. – Es würde dem Herz des Lesers gewiß gut gethan und ihn für immer von der abscheulichen Sünde des Fluchens curirt haben, wenn er es mit angehört hätte. Ich bin deshalb entschlossen, ihm die ganze Sache ausführlich zu erzählen.

    Als
Dr.
 Slops Mädchen Obadiah den grünen wollenen Beutel mit den Instrumenten ihres Herrn übergab, rieth sie ihm sehr verständigerweise den Kopf und einen Arm durch die Schnüre zu stecken, um ihn so beim Reiten schräg über den Leib geschlungen zu tragen. Sie öffnete daher den Hauptknopf, um dann die Stränge zu verlängern und half ihm ohne viel Mühe hinein. Dadurch wurde aber die Oeffnung des Beutels einigermaßen gelöst; damit nun nicht beim Zurückgalopiren – denn Obadiah drohte mit diesem Tempo – etwas heraushüpfen möchte, beschlossen sie den Beutel wieder herunter zu nehmen; und in der großen Vorsicht und Vorsorge ihres Herzens, knüpften sie die Stränge, nachdem sie zuerst die Oeffnung des Beutels zusammengezogen hatten, mit einem Halben Dutzend festen Knöpfen zusammen, die Obadiah, um ja recht sicher zu gehen, mit aller Leibeskraft zusammengeschnürt hatte.
    Dies erfüllte den Zweck, den Obadiah und das Mädchen im Auge hatte, vollkommen; schützte aber nicht gegen gewisse Mißstände, die weder er noch sie voraussahen. So fest nämlich der Beutel oben zusammengebunden war, so hatten die Instrumente doch gegen den Boden des Beutels hin, der eine kegelförmige Gestalt hatte, so viel Spielraum, daß Obadiah sich nicht in Trab setzen konnte, ohne daß Kopfeisen, Zange und Spritze ein so fürchterliches Geklapper zusammen machten, daß es den Hymenäus, wenn er gerade einen Gang durch die Gegend gemacht hätte, leicht hätte davon jagen können; als aber Obadiah seine Bewegung beschleunigte und von einem einfachen Trab in vollen Galopp überging – da war das Geklapper wirklich unbeschreiblich.

52. Kapitel.
    Da Obadiah ein Weib und drei Kinder hatte, – so dachte er dabei nicht an die Schändlichkeit der Unzucht und die vielen andern übeln politischen Consequenzen dieses Tingeltangel; – er hatte jedoch gleichwol seinen Einwurf, der ihn selbst anging und bei ihm soviel wog, wie es schon oft den größten Patrioten passirt ist: – der arme Bursche war auf diese Art nicht im Stande sich selbst pfeifen zu hören.
    Da aber Obadiah

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