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Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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probiren.
    Dabei war aber von der Hebammenzunft nichts zu hoffen, die sich nicht so leicht aus dem gewohnten Weg bringen läßt; – deßhalb war mein Vater so sehr für einen Mann der Wissenschaft, – mit dem er besser zu fahren hoffte.
    Von allen Männern in der Welt erschien ihm aber
Dr.
 Slop als der geeignetste; denn wenn auch seine neu erfundene Zange eine Waffe, die er erprobt hatte, und seiner Ansicht nach das beste Instrument für die Entbindung war, so hatte er doch in seinem Buch hierüber auch ein Paar Worte zu Gunsten der Sache fallen lassen, die meinem Vater durch den Kopf ging; – zwar nicht in dem Sinne einer Wahrung der Geisteskräfte durch das Entbinden bei den Füßen, wie mein Vater im Sinne hatte – sondern lediglich aus geburtshilflichen Gründen.
    Hieraus erklärt sich, weßhalb sich mein Vater in dem nun folgenden Gespräch, das ein wenig scharf gegen meinen Onkel Toby ging, auf die Seite des
Dr.
 Slop schlug – Wie ein einfacher Mann, der nichts für sich hatte als den gewöhnlichen Menschenverstand, es mit zwei solchen in der Wissenschaft Verbündeten aufnehmen konnte, – ist schwer zu begreifen. – Der Leser möge sich gefälligst seine Gedanken hierüber machen, – und wenn einmal seine Einbildungskraft im Gang ist, so möge er ihr Muth machen noch weiter zu gehen und zu erforschen suchen, aus welchen Gründen und natürlichen Wirkungen es sich so machte, daß mein Onkel durch die Wunde, die er am Schambein bekam, so schüchtern und zartfühlend wurde. – Der Leser mag sich ein System zurecht machen und sich den Verlust meiner Nase aus den Artikeln des Ehecontractes erklären; – er kann der Welt zeigen, wie es kam, daß ich das Unglück hatte, Tristram genannt zu werden, trotz der gegentheiligen Hypothese meines Vaters und trotz den Wünschen der ganzen Familie, Pathen und Pathinnen nicht ausgeschlossen. – Diese und noch fünfzig andere bis jetzt unaufgeklärte Dinge mag er zu lösen suchen, wenn er die Zeit dazu hat; – ich sage ihm aber zum Voraus, es wird ihm nicht gelingen, denn selbst der weise Alquise, der Zauberer in Don Beliane's von Griechenland, und die nicht weniger berühmte Hexe Urganda, dessen Gemahlin, würde (wenn beide noch lebten) der Wahrheit nicht auf eine Wegstunde nahe kommen.
    Der Leser muß sich indessen bescheiden, die vollständige Erklärung dieser Dinge erst im nächsten Jahre zu vernehmen, – wenn erst eine Reihe anderer Dinge, von denen er sich nichts träumen läßt, auseinander gesetzt worden sind. [Bis hierher ging das 2. Buch der 1. Auflage.]

45. Kapitel.
    Ich wollte,
Dr.
 Slop, sagte mein Onkel Toby (indem er seinen Wunsch
Dr.
 Slop ein zweites Mal aussprach und zwar in einem eifrigeren und ernsteren Tone, als das erste Mal). Ich wollte,
Dr.
 Slop, sagte mein Onkel Toby, Sie hätten gesehen, was wir für wundervolle Armeen in Flandern hatten.
    Der Wunsch meines Onkels Toby kam
Dr.
 Slop so quer, wie das gute Herz Jenes es nie gegen einen Menschen beabsichtigte; – er verwirrte ihn – und da hiebei seine Gedanken in eine Unordnung geriethen, die bald in Flucht ausartete, so konnte er sie um keinen Preis wieder sammeln.
    In allen – weiblichen oder männlichen – Wortgefechten, mag es sich nun um Ehre, Nutzen oder Liebe handeln – der Gegenstand thut nichts zur Sache; – ist nichts gefährlicher als ein Wunsch, der so unerwartet von der Flanke her über uns kommt. Die beste Art, wie man im Allgemeinen einem solchen Wunsch seine Kraft nimmt, ist wenn der Theil, an den der Wunsch gerichtet ist, sofort auf die Beine springt und dem Wünschenden irgend einen andern Wunsch von ungefähr dem gleichen Werth entgegen wirft; – indem man so die Sache aus dem Fleck ins Gleichgewicht bringt, bleibt man stehen, wo man stand; – ja bisweilen gewinnt man hiebei den Vortheil des angreifenden Theils.
    Ich werde dies der Welt in meinem Kapitel über die Wünsche des Näheren auseinandersetzen.
    Dr.
 Slop verstand sich nicht auf diese Art der Vertheidigung – er ließ sich vielmehr verblüffen, und das Gespräch erlitt eine 4½ Minuten lange Pause; – 5 Minuten wären vernichtend dafür geworden: – aber mein Vater bemerkte die Gefahr; – das Gespräch war eines der interessantesten von der Welt, es handelte sich ja darum: »ob das Kind seiner Gebete und Anstrengungen mit oder ohne Kopf zur Welt kommen sollte.« – Er wartete bis auf den letzten Augenblick, daß
Dr.
 Slop, an den der Wunsch gerichtet war, sein Recht der Entgegnung

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