Liaden 3: Gestrandet auf Vandar
aufwachte, fror er, und er fühlte sich desorientiert. Miris Kopf ruhte nicht mehr auf seiner Schulter, und dann merkte er, dass sie überhaupt nicht mehr neben ihm im Bett lag; von der anderen Seite des Zimmers ertönte ein leises Rascheln, das sowohl von Mäusen als auch von seiner Frau stammten konnte.
Gereizt öffnete er die Augen.
Miri stand vor dem Spiegel, bis auf den Gürtel vollständig angekleidet, und war völlig darin vertieft, ihre Haare zu frisieren. Während er sie beobachtete, steckte sie den kunstvoll geschlungenen Knoten über ihrer rechten Schläfe fest, dann senkte sie langsam die Hände. Zufrieden, dass der Knoten sich nicht mehr lösen konnte, kramte sie in den Sachen herum, die auf dem Tisch unter dem Spiegel lagen, und entschied sich für einen schmalen, glänzend polierten Stab – das Messer, das er ihr vor gut einem Monat in Econsey geschenkt hatte. Die Klinge, die das Zeichen für ihr Ehegelöbnis war.
Miri ließ das Messer aufschnappen, dann schob sie es mitten durch den Knoten. Ein paarmal schüttelte sie den Kopf, aber Haare und Klinge saßen unverrückbar fest.
»Sehr hübsch«, bemerkte Val Con. »Ist Festtagskleidung angesagt, wenn wir in die Stadt fahren?«
Im Spiegel grinste sie ihn an. »Morgen«, grüßte sie, kam zu ihm und setzte sich auf die Bettkante. »Von Festtagskleidung weiß ich nichts, aber mir fiel auf, dass Zhena Trelu weder einen Gürtel noch einen Beutel trägt. Vermutlich heißt das, dass wir auch darauf verzichten müssen, wenn wir erst das neue Zeug eingekauft haben, das sie uns buchstäblich aufdrängt. Aber ohne irgendeine Waffe käme ich mir irgendwie … nackt vor. Mir würde was fehlen, wahrscheinlich, weil ich so lange Söldnerin war.« Sie zuckte die Achseln.
Er hob eine Augenbraue. »Keine schlechte Schlussfolgerung für jemand, der sich selbst für dumm hält.«
»Scheißkerl!« Aber sie grinste. »Sagtest du nicht, die Liaden seien ein höfliches Volk?«
»Förmlichkeit«, entgegnet er, während er sich ausgiebig rekelte, »darf niemals mit liebenswürdigem Benehmen verwechselt werden.« Er wälzte sich auf die Seite, um ihr näher zu sein. »Wie geht es dir heute morgen, Cha’trez?«
»Ausgezeichnet«, antwortete sie ernst. An ihrem klaren Blick, den entspannten Gesichtszügen und der lockeren Haltung merkte er, dass sie die Wahrheit sprach. »Die Technik mit dem Regenbogen hat etwas für sich«, fügte sie hinzu. »Danke, dass du sie mir beigebracht hast.«
»Gern geschehen. Es tut mir nur leid, dass mir nicht eher aufgefallen ist, dass es dir nicht gut ging. Ich hätte besser auf dich achtgeben sollen …« Ich habe nicht auf sie aufgepasst, haderte er mit sich. Sonst wäre es gar nicht erst dazu gekommen, dass sie sich am Rande eines Zusammenbruchs bewegte.
Miri legte den Kopf schräg; zwischen ihren Brauen bildete sich eine steile Falte. »Du hast auch noch andere Dinge zu tun, als mich im Auge zu behalten, nicht wahr? Du kannst nicht ständig um mich herumscharwenzeln und mich bewachen. Außerdem bin ich selbst schuld, dass es mir auf einmal so mies ging. Ich hätte dir ja erzählen können, was mit mir los ist, oder? Aber verstehe mich jetzt bitte nicht falsch. Ich hielt nicht den Mund, weil ich glaubte, du wolltest mir nicht helfen – ich hatte gar nicht damit gerechnet, dass du überhaupt etwas tun könntest.« Sie lächelte verlegen. »Ich war eben noch nie verheiratet. Ich bin es nicht gewohnt, um Hilfe zu bitten.«
Er legte seine Hand über ihre, die sie auf dem Bett abgestützt hatte. »Wir werden gemeinsam lernen, ein Ehepaar zu sein. Ich war nämlich auch noch nie verheiratet.«
»Ja, das sagtest du bereits.« Sie runzelte immer noch die Stirn. »Gibt es dafür einen bestimmten Grund?«
»Scouts nehmen sich nur selten Partner fürs ganze Leben«, erwiderte er. »Allerdings sollte man mindestens eine Kontraktehe eingehen – aber auch das habe ich nicht getan.«
»Und warum nicht?«, bohrte sie weiter.
Mit großen Augen sah er sie an. »Ich habe auf dich gewartet, Miri.«
Sie lachte und drückte seine Hand. »Na schön, du hast gewonnen …«, begann sie. Dann fiel ihr Blick auf das von der Sonne beleuchtete Fenster, und sie sprang auf die Füße. »Heiliger Panth, es muss schon spät sein! Ich muss diese verflixten Vögel füttern, sonst kriege ich von Zhena Trelu was zu hören. Boss, du bereitest das Frühstück zu, okay? Ich bin halb verhungert …« Dann stand sie schon an der Tür und legte die Hand auf den
Weitere Kostenlose Bücher