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Lumpenloretta

Lumpenloretta

Titel: Lumpenloretta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Nöstlinger
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mehr dazugekommen, zu sagen, dass es irgendwo in Niederösterreich sein muss, denn aus dem Locke-Haus sind die Glatze-Mutter und die Locke-Mutter zu ihnen auf die Straße raus. „Wisst ihr, wo der Konrad ist?“, hat die Locke-Mutter gefragt.
    Und die Glatze-Mutter hat mit Zitterstimme gefordert: „Ich flehe euch an, wenn ihr es wisst, so sagt es!“
    Auf den doppelten mütterlichen Überfall sind die drei nicht vorbereitet gewesen. Aber sie können sich auch wortlos verstehen. Da genügt ein kurzer Blick. Und der hat geheißen: Wir bleiben dabei! Wir wissen gar nichts!
    „In der Zehner-Pause ist er einfach weg“, hat Zahn gesagt.
    „Grußlos“, hat Zecke gesagt.
    Dann sind sie wieder auf die Räder gestiegen und davongeradelt, und Locke ist mit den Mamas ins Haus rein.
    Während Locke in der Küche Erdäpfelschmarren, Sauerkraut und Augsburger gegessen hat, haben die beiden Mamas auf sie eingeredet. Immer den gleichen Text ewig im Kreis herum. Dass sie unbedingt sagen muss, was sie weiß, weil die Glatze-Mutter sonst vor Angst der Herzschlag trifft, und selbst wenn sie ihr Ehrenwort gegeben hat, muss sie das Ehrenwort jetzt brechen, sonst ist sie vielleicht schuld daran, dass dem Konrad etwas Schreckliches zustößt. Doch Locke ist stur dabei geblieben, dass sie nichts weiß. Ist ja auch nicht gelogen gewesen, gewusst hat sie nichts, bloß vermutet. Sie hat ja nicht einmal gewusst, wieso die Mamas jetzt schon Bescheid wissen. Sie hatte gedacht, die Glatze-Mama würde ahnungslos daheim mit dem Mittagessen auf ihren Sohn warten.
    Wieso die Glatze-Mutter schon Bescheid gewusst hat, hat Locke von ihrer Mama erfahren, nachdem die Glatze-Mutter endlich abmarschiert ist.
    Glatze war um halb elf heimgekommen und hatte seiner Mutter erklärt, dass heute die letzten drei Schulstunden wegen einer überraschend einberufenen Lehrer-Konferenz ausgefallen sind, und ist in sein Zimmer gegangen. Und die Glatze-Mutter ist in den Garten und hat Unkraut gezupft. Kurz vor zwölf ist sie ins Haus rein, um das Mittagessen zu kochen. Gerade wie sie damit fertig gewesen ist, hat das Telefon geklingelt, und der Klassenvorstand von Glatze hat ihr mitgeteilt, dass sich ihr Sohn nach der zweiten Schulstunde unentschuldigt vom Unterricht entfernt hat. Die Glatze-Mutter ist in Glatzes Zimmer hinauf gerast, doch Glatze ist nicht mehr dort gewesen. Der hatte sich davongemacht, während sie im Garten am Unkrautzupfen gewesen war! Und dann hat sie bemerkt, dass Glatzes Sporttasche auch nicht mehr da ist, und dass etliche Klamotten aus dem Kleiderschrank fehlen und das Sparbuch von Glatze nicht mehr in der oberen Schreibtischlade liegt. Und weil sie mit dem Filial-Leiter von der Sparkasse befreundet ist, hat sie den angerufen, und der hat ihr gesagt, dass Glatze heute kurz vor zwölf Uhr bei ihm in der Sparkasse gewesen ist und alles Geld – bis auf fünf Euro – vom Sparbuch abgehoben hat. Wie viel Geld das gewesen ist, hat die Glatze-Mutter der Locke-Mutter nicht gesagt, bloß dass es leicht reichen würde, dreimal rund um die Erde zu fliegen. Die Glatze-Mutter hat dann noch versucht, Glatze am Handy zu erreichen und hat sein Handy klingeln gehört. Es ist in Glatzes Zimmer auf dem Nachtkastl gelegen.
    Locke hat ihrer Mutter noch zehnmal versichert, dass sie rein gar nichts weiß, dann ist sie in den Garten raus, wo ihr Opa mit der Heckenschere an den Ribiselstauden herumgeschnipselt hat.
    „Hast du mitgekriegt, was los ist?“, hat sie den Opa gefragt.
    Der Opa hat zu schnipseln aufgehört. „Kreischen ja laut genug, die zwei Weiber!“ Er hat zum Glatze-Haus rübergeschaut. „Aber dass sich die Schnepfe Sorgen macht, kann man auch verstehen.“
    „Ja, schon“, hat Locke gesagt.
    Und drauf der Opa: „Übrigens nett von dir, dass du wieder mit mir redest und nicht mehr böse auf mich bist.“
    „War ich doch nicht!“ Locke hat sich an den Opa gelehnt und zu ihm raufgeschaut.
    „Doch!“, hat der Opa gesagt. „Seit ich mit der Sozialtante hergekommen bin, bist du mir aus dem Weg gegangen.“
    „Bin ich doch gar nicht!“, hat Locke gesagt. Das ist nicht ganz ehrlich gewesen. Sie ist zwar nicht böse auf den Opa gewesen, aber aus dem Weg gegangen ist sie ihm schon. Sie hat mit dem Opa nicht über die Sache reden wollen, weil sie genau gewusst hat, dass sie der Opa fragen würde, ob er ihrer Meinung nach das Richtige getan hat. Und darauf hätte sie keine Antwort gewusst. Das musst du dir so vorstellen: Einerseits bist du

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