Männer sind Helden
Gruppe, die er nach Osten schickte. Wir liefen zunächst in westliche Richtung. Udo und ich trugen das Kanu auf den Schultern, Rudi ging voran, um uns den Weg zu weisen. Das Kanu war eigentlich aus leichtem Material gebaut, aber je länger wir es trugen, desto schwerer wurde es. Nach zwei Stunden lief uns der Schweiß von der Stirn, und unsere Schultern brannten wie Feuer. Da wir gut vorangekommen waren, genehmigten wir uns eine Pause. Rudi verteilte Wurst und Knäckebrot und schüttete uns Wasser in die Becher. „Ich finde, das macht richtig Spaß“, sagte er, „ist mal was anderes, als auf Mallorca am Strand zu liegen.“
„Ich weiß nicht“, sagte Udo, „jetzt irgendwo in Spanien sein, einen kühlen Drink in der Hand und ein knackiges Mädchen im Arm.“
„Ja, genau“, stimmte ich ihm zu, „und das kühle Meer nur ein paar Schritte weit entfernt.“
„Natürlich ist das auch schön“, sagte Rudi, „aber hier erleben wir endlich einmal ein richtiges Abenteuer.“
Unsere erste Nacht verbrachten wir in unseren Schlafsäcken unter freiem Himmel in der Nähe eines kleinen Baches. Wir lagen im Kreis um das Feuer, das langsam nieder brannte. Irgendwann wachte ich auf, weil mein Gesicht furchtbar juckte. Ich schlug um mich und hörte noch, wie sich eine Mücke eilig davonmachte. Als ich fast wieder eingeschlafen war, kam sie wieder angeflogen: „Sssssssshhhh.“
„So ein Mist“, fluchte ich und blickte hinüber zu den anderen, die friedlich schlummerten. Typisch, immer hatten es diese Biester auf mich abgesehen, dabei hatte ich die halbe Flasche Mückenlotion auf meinem Gesicht verteilt. Mir fiel ein alter Indianertrick ein: Ich ging zum Bach und schmierte mein Gesicht mit feuchtem Schlamm ein. Nun hatten die Mücken keine Chance mehr, und ich schlief tief und fest, bis ich durch einen grellen Schrei geweckt wurde: „Hilfe!“
Ich rappelte mich hoch und griff instinktiv zu einem Ast. Ich traute meinen Augen nicht: Ein Elch mit einem gewaltigen Geweih knabberte das Fußende von Rudis Schlafsack an. Rudi standen die Haare zu Berge, und seine Augen waren angsterfüllt. Ich sprang aus meinem Schlafsack und ging mit erhobenen Händen auf den Elch zu. Ich weiß nicht, was ihn mehr erschreckte, der Ast in meiner Hand oder mein lehmverschmiertes Gesicht. Jedenfalls sprang der Elch mit einem riesigen Satz zurück, blickte mich fassungslos an, machte auf der Stelle kehrt und rannte laut röhrend davon. Udo und Rudi klatschten vor Begeisterung in die Hände: „Alex, du bist ein Held!“
Wir packten unsere Sachen zusammen und setzten unseren Weg fort. Nach der Karte waren es nur noch wenige Kilometer bis zur Küste. Der Marsch war mühselig, denn wir mussten unwegsames Gelände durchqueren. Wir kamen weder an Häusern vorbei, noch begegneten wir irgendeinem Menschen. Hin und wieder machten wir eine Pause und verzehrten unseren Proviant.
Am späten Nachmittag erreichten wir das Meer. Wir fanden eine kleine Bucht und ließen unser Kanu zu Wasser. „Das wäre geschafft“, sagte Rudi erleichtert. In der Karte waren mehrere Inseln eingezeichnet. Wir beschlossen, eine anzusteuern, die von mittlerer Größe war. „Vielleicht haben wir Glück“, meinte Udo, „und finden dort Süßwasser.“ Zur Sicherheit hatten wir aber unsere Flaschen kurz zuvor an einem Bach aufgefüllt. Rudi und ich paddelten, und Udo steuerte uns mit Hilfe der Karte und des Kompasses. Nach zwei Stunden hatten wir unser Ziel erreicht: „Das ist unsere Insel!“, rief Udo. Wir fuhren einmal um die Insel herum und stellten fest, dass sie fast an allen Seiten dicht mit Büschen und kleinen Laubbäumen bewachsen war. Doch schließlich sahen wir eine kleine Bucht und zogen unser Kanu an den Strand, der mit flachen, weißen Kieseln bedeckt war. Wir nutzten das noch vorhandene Tageslicht, um die Insel zu erkunden. Das Eiland hatte nicht viel zu bieten: Bäume, Sträucher und dornige Hecken, die nicht zu durchdringen waren. In der Mitte befand sich aber ein kleiner Teich mit Wasser, also würden wir nicht verdursten.
Wir kehrten zum Strand zurück und sammelten Holz für ein Feuer. Wir packten unseren Proviant aus, und Rudi zog einen Flachmann mit Whiskey hervor, den er extra für unsere Ankunft auf der Insel aufbewahrt hatte. „Dieses Überlebenstraining ist doch wirklich ein Klacks“, sagte er und nahm einen kräftigen Schluck.
Wir hatten wirklich nichts auszustehen. Die Sonne ging gerade unter, und eine milde Brise wehte über unsere Köpfe
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