Maerchenmond - Das Buch zum Musical
sonderbar zufriedenen Lächeln auf ihn herab. »Und ich werde dir helfen, Kim. Viele haben mich gesucht, um Dinge von mir zu erbitten, doch du hast mir bewiesen, dass der wahre Grund für deine Reise ein selbstloser ist: Deine Schwester Rebekka aus der Feste Morgon zu befreien.« Er seufzte leise. »Dafür muss aber zunächst Boraas besiegt werden, fürchte ich.«
»Das heißt, Sie … Sie helfen mir?«, vergewisserte sich Kim ein wenig verdattert.
»Ich glaube, das hatte ich gerade gesagt, ja«, antwortete der Regenbogenkönig amüsiert.
»Dann … dann helfen Sie mir wirklich?«, fragte Kim noch einmal. »Eine Armee! Ich brauche ein Heer, eine Armee aus tapferen Kriegern, die Boraas und seine schwarzen Reiter in die Flucht schlägt!« Plötzlich voller Begeisterung, zog er das Schwert, das Priwinn ihm gegeben hatte, und begann wild damit herumzufuchteln. »Gorywynn ist noch nicht verloren. Wir werden Boraas in die Flucht schlagen und …«
Kim brach ab, als er den sonderbaren Ausdruck entdeckte, der plötzlich auf dem gütigen Gesicht des Regenbogenkönigs erschien.
»Habe ich … etwas Falsches gesagt?«, fragte er.
»Es gibt hier kein Heer, Kim«, sagte der Regenbogenkönig sanft.
»Keine … Krieger?«, murmelte Kim.
»Ich bin hier ganz allein«, antwortete der Regenbogenkönig. »Dies ist ein Ort des Friedens, Kim, nicht des Schwertes. Bitte steck es ein.«
Kim starrte die Waffe in seiner Hand an und ließ sie tatsächlich sinken, wennauch nur ein wenig. »Aber Priwinn hat doch gesagt, dass ich es noch brauchen werde«, murmelte er verwirrt.
»Vielleicht, um es einzustecken?«, fragte der Regenbogenkönig geheimnisvoll.
Kim versuchte nicht einmal zu verstehen, was der Regenbogenkönig damit meinte. Nach einem kurzen Zögern jedoch schob er die Waffe in den Gürtel zurück. »Aber ich dachte, Sie … Sie helfen mir«, sagte er leise. »Und Märchenmond.«
»Und das werde ich auch«, schloss der Regenbogenkönig. »Du musst zur gläsernen Burg Gorywynn zurückkehren, und dort wird noch eine letzte Aufgabe auf dich warten.«
»Zurück nach Gorywynn?«, wiederholte Kim. »Ich allein, gegen all diese schwarzen Reiter?«
»Sie sind nicht die Gefahr«, antwortete der Regenbogenkönig. »Zwischen dir und der Rettung deiner Schwester steht nur noch ein Hindernis.«
»Und … welches?«, fragte Kim mit klopfendem Herzen. Ein weiteres Ungeheuer? Vielleicht ein paar tollwütige Hunde oder ein ausgehungerter Drache, der ihn zum Frühstück verspeisen wollte?
»Kehre zurück nach Gorywynn«, sagte der Regenbogenkönig noch einmal – und mit einem leisen Lächeln, als hätte er Kims Gedanken gelesen. »Und merke dir meine Worte, denn das Einzige, was ich dir geben kann, ist ein guter Rat: Der letzte Gegner, Kim, ist dir so nahe wie niemand sonst.«
D er Regenbogenkönig hatte gelogen. Dieser Gedanke mochte absurd klingen (und ein bisschen an Gotteslästerung grenzen), aber was Kim auf dem Weg hinauf in Themistokles’ Thronsaal gesehen hatte, war Beweis genug. Die schwarzen Reiter stellten durchaus eine große Gefahr dar, denn sie verbreiteten nicht nur Angst und Schrecken, sondern brachten der gläsernen Burg den Untergang.
Seine vermeintlich größte Sorge hatte sich als grundlos erwiesen: Er musste den endlos langen Weg durch die Klamm der Seelen und über die endlosen Weiten Märchenmonds nicht noch einmal in umgekehrter Richtung zurücklegen.
Als ihn der Regenbogenkönig aus seinem Schloss geführt hatte, erwartete Kim nämlich nicht das Weiß der Endlosen Einöde, sondern das, was dem König seinenNamen gab: Ein gewaltiger Regenbogen wölbte sich über die Abgründe der Zeiten und Welten hinweg und brachte Kim zurück in die gläserne Burg.
Doch wie hatte sich Gorywynn verändert!
Aus einem Ort des Friedens und der Glückseligkeit war das pure Chaos geworden. Gorywynns gewaltige gläserne Tore waren eingeschlagen und lagen in tausend blitzende Scherben zerborsten auf dem großen Innenhof. Die gläsernen Mauern und Türme zeigten Risse und tiefe Sprünge, die verästelt wie erstarrte Blitze waren. Überall wurde gekämpft, und Kim wurde Zeuge der gewaltigen Tapferkeit, mit der sich die Einwohner Gorywynns Seite an Seite mit den Steppenreitern gegen die schwarzen Horden verteidigten.
Doch was nützte der größte Heldenmut gegen einen Feind, der so zahlreich und wütend wie die Wassertropfen eines schwarzen Unwetters über die Burg kam? Für jeden Angreifer, den die Verteidiger zurückschlugen,
Weitere Kostenlose Bücher