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Mark Brandis - Raumsonde Epsilon

Mark Brandis - Raumsonde Epsilon

Titel: Mark Brandis - Raumsonde Epsilon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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dem Leben von Lieutenant Usko Koskinen.
    Hatte ich wissentlich, absichtlich, kaltblütig, mit voller Überlegung ein Mitglied der Besatzung geopfert, um größeres Unheil zu verhindern? Der Verstand sagt mir, daß die Entscheidung richtig war, aber ich habe bis heute nicht aufgehört, an der Ungewißheit zu leiden, ob Koskinen vielleicht doch noch sah, wie unsere Hermes davonschoß und ihn zurückließ.
    Die Automatik schaltete sich ein und minderte den Schub.
    Aus einem dunklen Abgrund fand ich nach und nach zurück in das vertraute Cockpit. Auch Captain van Kerk kam zu sich. Ich nickte ihm zu. »Übernehmen Sie wieder, Captain!«
    Er wandte mir sein weißes, verzweifeltes Gesicht zu. »Aye, aye, Sir.« Seine Stimme hatte einen schleppenden südafrikanischen Tonfall angenommen. Er gehorchte mit frostigem Hochmut. »Haben Sie noch Befehle hinsichtlich des Zweiten Ingenieurs?«
    Ich blickte auf den leeren Brückenmonitor. Über dem Schweren Kreuzer war der unendliche Raum zusammengeschlagen – und auch über Lieutenant Koskinen.
    Ich rief die Funkkabine. »Brücke an FK! Besteht noch Verbindung mit unserem Zweiten Ingenieur?«
    »Bedaure, Sir«, kam die Antwort. »Selbst wenn er noch am Leben wäre – sein Sender hat eine minimale Reichweite.«
    »Danke, FK.«
    Die Expedition hatte ihr erstes Opfer gefordert.
    Später, in Metropolis, würde ich darüber Rechenschaft ablegen – vorerst jedoch war es meine Pflicht, für Schiff und Besatzung zu sorgen. Auch die Trauer mußte warten.
    »Keine diesbezüglichen Befehle, Captain!« beantwortete ich kühl die Frage des Piloten. »Bleiben Sie vorerst auf dem anliegenden Kurs.«
    Captain van Kerk preßte die Lippen aufeinander.
    In mir brannten eine Zahl und ein Name.

Kapitel 03
    Für den Vorfall gab es keine Erklärung. Weithin sichtbar gekennzeichnet, war die Hermes eines der bekanntesten und meistfotografierten Expeditionsschiffe der EAAU-Flotte: eine Verwechslung schied daher aus. Ebenso eindeutig war der Umstand, daß der angreifende Schwere Kreuzer der Division Venus angehörte, die ihrerseits der Strategischen Raumflotte mit dem in Metropolis befindlichen Oberkommando unterstand.
    An jedem anderen Tag hätte es lediglich einer Anfrage auf dem Funkweg bedurft, um den Vorfall zu klären. Dies jedoch schied aus. Lieutenant Koskinen war nicht mehr dazu gekommen, die Antennenreparatur zu Ende zu führen. Die Hermes war ein taubstummes Schiff geblieben – und zu einer Wiederaufnahme der Reparaturarbeit konnte ich mich jetzt nicht entschließen.
    Im übrigen hätte eine solche Reparatur – wie es sich bald schon zeigte – den Wert eines Tropfens auf einem heißen Stein besessen. Die Hermes war zwar dank ihrem überlegenen Triebwerk der vollständigen Zerstörung entgangen – aber bereits die kurzfristige Einwirkung der gegnerischen Waffen hatte sie in ein halbes Wrack verwandelt.
    Die Schadensmeldungen gingen ein: jede von ihnen ein Stein zu einem chaotischen Mosaik.
    »NC an Brücke.« Lieutenant Stroganow, der Navigator, eröffnete die niederschmetternden Aufzählungen schwerer und weniger schwerer Beschädigungen. »Das Kartenhaus hat allerhand abbekommen, Sir. Sämtliche Computer sind lahmgelegt.«
    Wenige nüchterne Worte, um eine erschreckende Tatsache auszudrücken: Die Hermes hatte ihre ausgeklügelten, narrensicheren, doppelt und dreifach abgesicherten Navigationshilfen eingebüßt. Sie war nicht nur taubstumm, sondern obendrein auch noch blind.
    »Danke, NC.«
    Die zweite Meldung kam aus dem Technischen Überwachungs-Center.
    William Xuma sagte: »TÜ an Brücke. Wir haben Schwierigkeiten mit den Steuerdüsen, Sir. Das Schiff ist nur noch zu sechzig Prozent manövrierfähig.«
    Sechzig Prozent Manövrierfähigkeit: für einen erfahrenen Piloten war das gerade noch genug, um das Schiff sicher aufzusetzen.
    »Danke, TÜ.«
    In raschem Wechsel folgten die übrigen Stationen. Das sich abzeichnende Bild war düster. Die Hermes hatte eine Vielzahl schwerster Treffer davongetragen; daß sie überhaupt noch flog, grenzte an ein Wunder.
    Noch einmal drückte ich Alle Stationen.
    »Hier spricht der Commander. Der Zwischenfall, der noch der Klärung bedarf, enthebt uns der Entscheidung, ob unser Auftrag – Landung auf dem Planeten Pluto – zu Ende geführt werden soll. Die Expedition muß als vorzeitig gescheitert angesehen werden. Sie abzubrechen, gebieten mir der bedenkliche Zustand des Schiffes und die Sorge um die Besatzung. In fünf Minuten findet in der Messe

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