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Meerestochter

Meerestochter

Titel: Meerestochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena David
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einer Hand hatte er seine gekreuzten Fußgelenke umschlossen. Wie er hinausgeschaut hatte ins Weite. Wie gut er gerochen hatte.
    Und die Oberfläche seines Wesens – Ondra konnte es nicht anders beschreiben, das war etwas, das Meerwesen wahrnahmen, so wie andere sahen und hörten – war nicht grob oder simpel gewesen, wie sie es bei vielen Menschen spürte, deren Seelenhaut einfach langweilig war. Nein, seine Oberfläche war komplex und lebendig, tief und beweglich. So viele Gedanken und Gefühle kamen und gingen da. Die Seelenhaut dieses Jungen war ein wenig wie die wechselhafte Oberfläche der See. Wie ihre eigene. Ondra hatte sie vom ersten Moment an geliebt.
    Ob er von seinen Leuten auch für ein wenig wirr und sonderlich gehalten wurde, so wie sie? Ob man ihm auch schon gesagt hatte, er solle nicht so viel nachdenken? Und ob es ihm auch so schwerfiel, jemanden zu finden, der ihn genau verstand?
    Natürlich war es absurd zu glauben, ausgerechnet in einem Menschen einen Seelenverwandten gefunden zu haben. Es war geradezu lächerlich. Ondra konnte die anderen schon lachen hören. Unwillkürlich wurde sie rot. «Die kleine Ondra mit ihrer komischen Sammlung», würden sie sagen. «Jetzt hat sie sich noch ein Männchen dazugesammelt.» Ihrem Vater würde das wieder so peinlich sein!
    Dann dachte Ondra an den sehnsüchtigen Blick des Jungen und musste seufzen. Das Gelächter in ihrer Vorstellung verklang. Sie sah seine großen Hände vor sich, seine Schultern. Aber das, sagte sie sich und errötete noch ein wenig mehr, das hatte jetzt gar nichts, also rein gar nichts mit den süßen Surfern zu tun, von denen Aura träumte. Sie konnte doch nichts dafür, dass er auch noch gut aussah. Energisch hob Ondra das Kinn. Da sah sie plötzlich die leuchtenden Augen einer Krachmaschine über sich um die Kurve rasen.
    Jetzt hörte sie auch das Motorengeräusch. Die Dinger mochten laut und hässlich sein, aber sie besaßen einen individuellen Klang. Und diesen hier kannte sie. Sofort schlug ihr Herz höher. Fahr nicht vorbei, flehte sie lautlos, fahr nicht einfach weiter. Halt an.
    Als hätte das Ding ihren Befehl vernommen, wurde es langsamer, tuckerte einen Moment im Leerlauf und hielt an. Ondra war so aufgeregt, dass sie einen Moment den Halt verlor, auf den Steinen ausrutschte und sich ein wenig das Knie aufschürfte. Mehr stolpernd als laufend schaffte sie es gerade noch, sich in ihr Versteck zurückzuziehen, in einen Rhododendron-Busch am Fuß der Steinmauer.
    Schon schlug eine Tür. Oh wunderbarer Ton. Ondra konnte kaum atmen. Sie würde ihn hören, sie würde ihn spüren. Er würde ihr nah sein. Vor lauter Glück wurde ihr schwindelig, und sie presste sich eng gegen die Mauer.
    Da, das waren seine knirschenden Schritte auf dem Kies. Der Stoff seiner Hose, die über den Stein scheuerte, als er sich setzte. Er schüttelte seine Locken zurück – Ondras Ohren hörten auch das. Sie wusste, jetzt schaute er aufs Meer hinaus. Er sah, was sie sah. Und sie ahnte, was er empfand, angesichts der Weite, der Einsamkeit vor ihnen.
    Ein reibendes Geräusch, ein stechender Geruch, dann Rauch. Was war das? Ondra unterdrückte ein Husten.
    Mit einem tiefen Atemzug strömte es aus seinen Lungen. «Warum tut sie mir das an?», murmelte er. «Warum lasse ich mir das antun?»
    Ondra riss die Augen auf. Es war das erste Mal, dass sie seine Stimme hörte. Sie war tief, weich und zärtlich, fand sie, und sie brachte ihren Beckenboden zum Schwingen wie einen Gong. Jetzt seufzte er.
    Unwillkürlich seufzte Ondra mit. Über ihr raschelte es, als er aufsprang. Ein glühender Punkt flog über die Mauer, Steinchen prasselten auf sie herunter. Als sie sich das Zeug noch aus dem Haar fischte, hörte sie seine Stimme: «Hallo? Ist da jemand?»

[zur Inhaltsübersicht]
3. Kapitel
    Ondra biss sich auf die Lippe. Das war ihre Chance. Sie sollte aufstehen, sich zeigen und – ja, was sollte sie sagen? ‹Ja, ich›? Wie unoriginell! Und überhaupt. Wer war ‹ich›? Hier auf dem trockenen Land?
    ‹Hallo, ich bin eine gestrandete Meerjungfrau, wo geht’s denn hier zum Wasser›? Das verbot sich wohl von selbst. Aber wer sie sonst sein sollte, davon hatte Ondra keinen Schimmer.
    Auf einer der Partys hatte sie einmal einen Mann zu einer Frau sagen hören: «Hey, ich bin Max und mach in Immobilien.» Irgendwie ahnte sie aber, dass das in diesem Fall nicht ganz das Richtige wäre. Ob sie ihm ein Kompliment über seine Beine machen sollte?
    Als ein

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