Merode-Trilogie 1 - Teufelswerk: Historischer Krimi aus der Herrschaft Merode (German Edition)
werdet Ihr mich diesmal in den Westflügel führen. Dann werdet Ihr dem Herrn der anderen Seite gütigst ausrichten, dass ich Bericht erstatten möchte. Zufrieden?“
„Ihr wollt ihnen jetzt noch Bericht erstatten? Es ist bereits spät, und -“
„Ihr habt doch sicherlich gehört, was heute geschehen ist, oder?“
„Ja, der Mord. Es ist wirklich entsetzlich.“
„So entsetzlich, dass es mit der Nachtruhe für die hohen Herrschaften noch ein wenig dauert.“
Das sah Friedrich ein. Ohne weiteres Geplauder führte er den Dorfherrn in einen großen, dunklen Saal des Westflügels, wo er sogleich eine Fackel entzündete. Die kleinen Fensteröffnungen waren bereits verhangen, sodass auch das letzte Tageslicht ausgeschlossen blieb. In einer Ecke quiekten Mäuse.
„Geduldet Euch einen Augenblick, ich werde gehen, die Herren zu holen“, sagte Friedrich, froh darüber, dass er sich bei der Wahl der Örtlichkeit auf den Dorfherrn berufen konnte. Mathäus nahm auf einem der Schemel Platz, die rings um den großen hölzernen Tisch in der Mitte des Saales platziert waren. Während er wartete, sah er sich um, betrachtete gedankenverloren die Räumlichkeit, in der Konrad seine Jagdgelage abzuhalten pflegte. Ein schmuckloser Saal. Beeindruckend war allein die Freske an der Stirnseite, die Johann Scheiffart in ritterlicher Gewandung darstellte. Konrad hatte kürzlich eigens einen Künstler aus Köln kommen lassen, um den verehrten Ahnen, den Gründer seiner Linie, auf der Wand zu verewigen. Es war dem Künstler gut gelungen. Bestimmt hatte es dem Herrn von Merode ein stattliches Sümmchen gekostet.
Nach einer Weile betrat Konrad den Saal. Er war alleine. Ein kostbares Rittergewand verlieh ihm eine erlauchte Würde, die allerdings im völligen Gegensatz zu dem mokanten Gesicht stand, das er zur Schau trug. Mathäus erhob sich.
„Bleibt sitzen“, winkte Konrad ab und nahm gegenüber Platz. Er war ein seltsamer Mensch, den Mathäus bis heute nicht richtig einzuschätzen wusste. Dreiundzwanzig Jahre alt, aber er wirkte älter. Berüchtigt waren seine Launen. Malkonnte er gütig und liebenswert sein, mal cholerisch, zynisch und boshaft. Man munkelte, er habe einmal bei einem seiner Wutanfälle sieben Schafe erwürgt. Heute allerdings zeigte er sich von seiner sanften Seite.
„Wollt Ihr etwas trinken, Mathäus?“
„Danke, ich bin nicht durstig.“
„Wozu diese Bescheidenheit?“ Konrad klatschte dreimal in die Hände. Sofort erschien ein Diener.
„Bring uns Wein und ein paar Becher. Unsere lieben Nachbarn werden auch noch kommen, wie ich hörte!“
Es war guter Wein, besser als der, den der Meroder Wirt Leo in seinem Wirtshaus
Carolus Magnus
anzubieten pflegte. Mathäus genoss seine saftige Süße.
„Echter Burgunder!“, beteuerte Konrad. „Ein guter Tropfen für besondere Anlässe. Für
erfreuliche
Anlässe!“
Mathäus räusperte sich. „Leider ist der Anlass für mein Hiersein kein erfreulicher, Herr.“
„Ich weiß. Die tote Bauerntochter.“ Konrad ließ den Wein in seinem Becher kreisen. „Ihr Vater gehört zu den Männern meines Vetters. Deshalb hätten wir uns besser bei
ihm
versammelt, findet Ihr nicht?“
Mathäus entging nicht die Ironie in Konrads Stimme. Dumpfer Ärger stieg in ihm hoch. „Das ist sicher das kleinere Problem“, erwiderte er barscher als beabsichtigt. Zu seiner Überraschung blieb Konrad weiter freundlich.
„Haarspaltereien, nicht wahr, Herr Mathäus? Und Ihr habt Recht. Man sollte alles mit der Kraft der Vernunft regeln, sonst endet man wie unser armer Kastellan Friedrich, der sich immerzu mit argen Nöten konfrontiert sieht.“ Seine Augen begannen listig zu funkeln. Genüsslich nippte er an seinem Wein. „Aber selbst dem kann man abhelfen. Ich beabsichtigenämlich, für meinen Teil der Burg eine separate Brücke errichten zu lassen. Was haltet Ihr davon?“
„Es ist vielleicht nicht ganz im Sinne Eures Urahns, der diese Teilung veranlasste, aber möglicherweise nicht ganz unzweckmäßig.“
Konrad lachte laut. „Ich mag Eure Ehrlichkeit, Mathäus.“
In diesem Augenblick betrat Paulus von Mausbach den Saal. Den Diener, der ihn begleitete, entließ er mit einer knappen Handbewegung. Paulus musste weit mehr als vierzig Lenze hinter sich haben, dennoch wirkte er stets vital und dynamisch wie ein Jüngling. Dieser Eindruck mochte auch von seiner imposanten Körperstatur herrühren.
„Paulus, alter Freund“, begrüßte Konrad den Ritter jovial, „Ihr seid alleine?
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