Merode-Trilogie 1 - Teufelswerk: Historischer Krimi aus der Herrschaft Merode (German Edition)
Fetzen von der Kleidung des Mördersstammte, dann durfte es nicht schwer sein, ihn ausfindig zu machen. Vorsichtig löste der Dorfherr das Beweisstück aus dem dünnen Geäst.
Geschrei und Gezeter ließen Mathäus aufhorchen. „Sibylle!“, sagte er schmunzelnd. Zügig machte er sich auf den Weg.
Das Bild, das sich ihm bot, hätte ihn laut auflachen lassen, wäre der Anlass nicht so traurig gewesen.
„Als ob ich nichts anderes zu tun hätte“, tobte das alte Weib, das einer der beiden Diener wie ein Gepäckstück vor sich auf sein Pferd geladen hatte. Mühsam versuchte der Bursche, sich der Kratz- und Beißversuche seiner widerstrebenden Ladung zu erwehren. Der andere der Diener war abgesessen und rieb sich fluchend das Hinterteil.
„Euer Gaul ist ein Satan!“, rief er, als er den Dorfherrn erblickte. „Hat mir in den Arsch gebissen!“
„Dann hast du dich nicht so benommen, wie er’s von dir erwartet hätte“, erwiderte Mathäus ungerührt.
„Wie er’s von mir erwartet hätte? Bei allem Respekt, Herr, aber -“
„He, he! Sag jetzt nichts, was dir später leidtun könnte. Hilf lieber der Sibylle vom Pferd, ich muss mit ihr reden.“
Der Diener hob an, etwas zu erwidern, besann sich aber. Zähneknirschend kam er Mathäus’ Befehl nach. Gemeinsam mit seinem Kameraden zerrte er das sich sträubende Weib vor den Dorfherrn.
„Ich habt hoffentlich einen triftigen Grund, mir diese Idioten auf den Hals zu hetzen, Herr Mathäus“, giftete sie. Ihr Mund war fast zahnlos, ihre Sprache entsprechend verwaschen.
„Es tut mir leid, wenn die Strolche grob zu Euch gewesen sind, Sibylle“, sagte Mathäus beschwichtigend, „aber ich schätze Eure Erfahrung und brauche deshalb unbedingt EurenRat.“ Mit einer barschen Geste befahl er den Dienern, in den Hintergrund zu treten. Die Alte grummelte etwas Unverständliches vor sich hin.
„Bitte, Sibylle. Nur Ihr seid in der Lage, ein paar wichtige Fragen zu beantworten. Und seid gewiss, dass mein Dank nicht zu bescheiden sein wird.“
„Um was geht’s denn?“ fragte Sibylle etwas versöhnlicher.
„Nun, der Grund liegt direkt vor Euch.“
Sibylle kniff die Augen zusammen und sah angestrengt zu Boden. „Eine Tote, wie?“, stellte sie fest. „Wer ist das arme Ding?“
„Anna. Die Tochter des Wolfsbauern.“
„Anna, Anna“, echote Sibylle nachsinnend, „die Tochter des Wolfsbauern, natürlich! War keine leichte Geburt, ich erinnere mich genau.“
„Sibylle, ich möchte, dass Ihr die Tote untersucht. Vor allem will ich wissen, ob …“
„Ob was, Junge?“
„Also ich will wissen ob – nun ja …“
„Ob das Mädchen vor ihrem Tod mit einem Mann vereint war?“
Er nickte knapp.
„Warum sagt Ihr das nicht gleich? Dürfte nicht schwer sein, das herauszufinden, auch wenn meine Augen nicht mehr die besten sind. Aber eines kann ich Euch jetzt schon versichern, Herr Mathäus: Ein freiwilliger Beischlaf wird’s wohl kaum gewesen sein.“
„Da habt Ihr vermutlich Recht.“
„Geht jetzt. Ich will das arme Kind untersuchen.“
Mathäus gesellte sich zu den beiden Dienern, die ihre Unterhaltung abrupt einstellten. Eisiges Schweigen umhüllte die Männer.
„Tut mir leid, dass Julius dir in den Hintern gebissen hat“, sagte Mathäus nach einer Weile und legte versöhnlich eine Hand auf die Schulter des Lädierten.
„Tja“, sagte dieser zerknirscht.
„Zugegeben, sein Benehmen ist nicht immer vorbildlich.“
„Kann man wohl sagen.“
„Wo seid Ihr?“ Sibylles schrille Stimme drang bald durch die Baumreihen. Mathäus schritt der Alten entgegen.
„Habt Ihr etwas herausgefunden?“
„Wie Ihr’s vermutet habt. Jemand hat sich vor ihrem Tod an ihr vergangen.“
„Ich danke Euch.“ Er reichte ihr ein Geldstück und ermunterte sie durch ein Nicken, es anzunehmen. Angewidert betrachtete sie die Münze, ohne sie anzurühren.
„Was soll ich damit?“
„Ich dachte -“
„Sind denn die verrückten Sitten der Städte auch bei uns schon üblich? Zu meiner Zeit war das noch anders. Da bekam man, was man brauchte. Beißt in die Münze. Na los, macht schon, beißt hinein!“
Mathäus tat ihr den Gefallen.
„Und? Macht sie Euch etwa satt, he?“
„Nein. Ist ja nur ein Geldstück.“
„Seht Ihr?“
„Tja“, machte der Dorfherr noch einmal und hob hilflos die Schultern. „Soll einer der Diener Euch heimbringen?“
„Haltet mir bloß diese Schwachköpfe vom Hals. Ich finde allein zurück.“
3
Die Sonne versank bereits über den
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