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Nachtblüten

Nachtblüten

Titel: Nachtblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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schon. Darum habe ich ja den Kopf unter die Decke gesteckt, weil ich das nicht mit anhören wollte. Die Stimmen konnte ich unterscheiden, aber was gesprochen wurde, habe ich nicht verstanden. Dann gingen sie irgendwann. Ich blieb unter der Decke, aber meine Ohren summten, weil es auf einmal so still war. Dann fingen die Vögel an zu singen. Und von da an dauerte es noch einmal endlos lange, bis der Wecker ging. Alles schien ganz normal, aber wie in einem Alptraum wußte ich, daß es nicht so war. Hier habe ich mich nicht hereingetraut, sondern ich bin in die Küche, habe aus dem Fenster geschaut und gewartet. Als das Küchenmädchen kam, sagte sie: ›Du bist aber früh dran heute. Soll ich seinen Tee machen?‹ Und ich sagte: ›Nein. Er ist tot.‹ Weil ich wollte, daß sie den Sekretär rief. Ich habe die Sachen seines Vaters nicht gestohlen, Maresciallo.«
    »Nein, ich weiß.«
    »Hinterher habe ich bei ihm gesessen, bis der Arzt kam. Sie hatten ihm den blauen Pyjama angezogen, den er nicht mochte.«
    Die letzten Minuten, bevor es endgültig aufhörte zu regnen, verbrachte der Maresciallo allein im Salon. Aber er dachte nicht an Sir Christopher, sondern an seine Mutter. Dieser hübsch eingerichtete Raum war tatsächlich so angelegt, daß er die Hitze aussperrte, besonders dank der dicht belaubten Veranda. Aber die sperrte eben auch das Licht aus und ließ das Zimmer an einem regnerischen Nachmittag selbst bei Lampenschein düster und trist erscheinen. Als der Maresciallo eine große Stehlampe entdeckte, knipste er auch die noch an. Als erstes betrachtete er Saras Seerosen. Sara hatte nie etwas gehabt von ihrem kostbaren Gemälde. Aber was war mit der jungen Frau, die es ihr unwissentlich gestohlen hatte? Wie hieß sie doch gleich? Rose, nicht wahr? Oder war das nur eine Gedankenassoziation, auf die er durch ihren Garten kam? Nein, sie hatte Rose geheißen. Die silbergerahmte Fotografie ihrer Eltern trug eine Widmung, die das bestätigte. An der Wand neben dem kleinen Sekretär hing ein schlichter Holzrahmen mit einer Kinderzeichnung des Seerosenteichs. Ein frühes Werk von Sir Christopher, aus einer Zeit, als er noch nicht richtig schreiben, keine gleich großen Buchstaben formen, ja, nicht einmal den eigenen Namen aussprechen konnte.
    »Für Mami von Kista.«
    Solche Babyabkürzungen blieben mitunter ein Leben lang an einem hängen. Sein Toto würde auch nie Antonio werden, außer für Fremde.
    Vielleicht kannte nur die Haushälterin, die auf dem Anwesen geboren war und ihre Kindheit mit Sir Christopher zusammen verbracht hatte, heute noch diesen Namen, aber sie gehörte zum Personal und hatte ihn sicher mit Sir Christopher angesprochen.
    Seine Schwester hatte den Kindernamen wahrscheinlich nie gehört. Sein armer Verwandter, der hilfsbereite Jim, kannte ihn vermutlich auch nicht. Aber sie hätten ihn kennen sollen. Sie hätten um ihn sein sollen, als es zu Ende ging. Sie hätten gewußt, welchen Pyjama er nicht mochte.
    Als der Regen aufhörte, ging er nach draußen, zurück auf die Speiseterrasse, wo Sir Christopher gestorben war. Er bückte sich, und es dauerte nicht lange, da hatte er die Messingglocke entdeckt, die hinter eine Terrakottaurne gerollt war, über deren Rand tropfnasse, üppig blühende Geranien quollen. Er nahm die Glocke an sich. Der Nebel über dem Garten löste sich auf, und er spürte die warmen Sonnenstrahlen auf Kopf und Schultern. Drüben an der Limonaia strich eine Gestalt um die großen Citruskübel, die ihm bekannt vorkam. Er schwenkte die Glocke, die Gestalt hielt inne, blickte auf, erkannte ihn und winkte. Der Maresciallo deutete eine Richtung an und stieg die Stufen zu Roses Nachtgarten hinunter.
    Sie trafen sich am Seerosenteich.
    »Wie geht’s voran? Haben sie Ihnen das Testament gezeigt?«
    »Sie wollen mir doch nicht erzählen, Sie hätten es gesehen?«
    »Zwei der Gärtner haben es beglaubigt. Sind keine Begünstigten eingetragen, deshalb wollten sie es keinem Außenstehenden zeigen. Ist natürlich eine Fälschung – er hat eine krakelige Unterschrift druntergesetzt, aber die wird niemand anfechten, da er ja seine rechte Hand nicht mehr benutzen konnte. Aber er konnte auch nicht mehr lesen. Fragen Sie Giorgio. Dieses Testament ist eine Fälschung.«
    »Es hätte schon früher aufgesetzt worden sein können. Sie wissen ja nicht…«
    »Die Gärtner waren überhaupt nicht bedacht und das Personal auch nicht. So ein Testament hätte er nie gemacht.«
    Natürlich! Besonders die

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