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Nähte im Fleisch - Horror Factory ; 17

Nähte im Fleisch - Horror Factory ; 17

Titel: Nähte im Fleisch - Horror Factory ; 17 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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den Plastikrasierer auf das Hemd. »Das ist die OP-Kleidung, die Sie gleich anziehen müssen. Und Sie müssen sich unten herum rasieren. Falls Sie nicht … na ja, Sie wissen schon. Wenn es Ihnen angenehmer ist, kann ich die Rasur vornehmen.«
    Annika war perplex. »Aber die Operation ist doch erst morgen!«
    Die Schwester warf einen Blick auf ihre Uhr. »Die OP ist um halb zehn. In zwanzig Minuten. Sie wurden eben von den Chirurgen abgerufen.«
    »In der Einbestellung stand …«
    »Morgen ist Samstag«, beharrte Schwester Nanita. »Samstags wird nicht operiert. Außer in Notfällen. Wir hätten Sie doch nicht schon für heute einbestellt, wenn Sie bis Montag auf die OP warten müssten.«
    »Und die Aufnahmeuntersuchung?«, frage Annika verblüfft. »Und das Arztgespräch? Gibt es denn kein Arztgespräch vor der Operation?«
    Schwester Nanita lachte fröhlich. »Aber nein, warum denn auch? Wir haben doch die Ergebnisse der Voruntersuchungen. Wir wissen genau über Sie Bescheid! Und was die Operation betrifft: Sie haben doch bestimmt alles, was es darüber zu wissen gibt, im Internet gegoogelt.«
    »Aber muss ich denn nichts unterschreiben?«
    »Nein … Sie müssen jetzt die Tablette einnehmen.« Schwester Nanita reichte ihr den »Schnapsbecher«, der eine ovale weiße Pille enthielt. Die Schwester schraubte die Sprudelflasche auf, die auf Annikas Bettschrank stand, und füllte das danebenstehende Glas. »Das wird Sie angenehm müde machen. Außerdem setze ich Ihnen noch eine Beruhigungsspritze.«
    »Ich bin nicht aufgeregt!«, behauptete Annika. Doch die Hand, mit der sie das Glas zurückstellte, nachdem sie die Tablette hinabgespült hatte, zitterte merklich.
    »Die Beruhigungsspritze ist Routine vor jeder OP, und sei sie noch so geringfügig«, versetzte die Schwester und griff nach dem Spray. »Geben Sie mir bitte Ihren Arm.«
    Während die Schwester eine Einstichstelle aussuchte und desinfizierte, fiel Annika auf, dass sich im Nachbarbett etwas verändert hatte.
    Die Insassin schlief noch immer. Doch lugte jetzt ein Ohr zwischen den Haarsträhnen hervor. Nur dieses Ohr war zu sehen – sonst ließen die dichten Haare noch immer nichts von ihrer Besitzerin erkennen. Das weiße Oval wirkte wie eine Muschel, die sich in dunklem Seetang verfangen hat.
    Die Schwester zog die Nadel aus Annikas Fleisch. »Und nun kleiden Sie sich rasch um, und nehmen Sie die Enthaarung vor, bevor die Injektion zu wirken beginnt«, mahnte sie. »Anschließend legen Sie sich bitte ins Bett. In zehn Minuten kommt der Transporteur und rollt sie zum OP-Saal.«
    Annika blickte der Schwester hinterher, während diese den Wagen aus dem Zimmer schob.
    Bevor die Injektion zu wirken beginnt …
    Plötzlich stand Annikas Entschluss fest.
    Raus hier!
    Sie erhob sich vom Bettrand, auf dem sie gesessen hatte. Sie ging an der schlafenden Frau vorbei zur Tür und verließ das Zimmer.
    Der Stationsflur war so ausgestorben wie zuvor. Keine Menschenseele ließ sich blicken. Auch Schwester Nanita war nirgendwo zu erspähen.
    Über das graue Linoleum, zwischen den nackten hellgrünen Wänden schlurfte Annika dem Aufzug entgegen. Je näher sie der Lifttür kam, desto unsicherer wurden ihre Schritte.
    Endlich erreichte sie ihr Ziel. Aber die Augen unter Annikas bleischweren Lidern konnten kein Bedienfeld, keine Taste ausmachen, um den Lift zu rufen. Es gab keine Tasten. Es gab nur die geschlossene Lifttür aus Stahl.
    Wie aus dem Nichts trat Schwester Nanita neben sie. »Sie schwanken ja, Frau Brohkamp!«, sagte die Schwester besorgt und fasste Annika am Arm. »Was um Himmels willen tun Sie denn hier draußen?«
    »Ich … ich brauche mein Buch, das ich unten vergessen habe. … Ich muss doch … eine Beschäftigung haben, wenn ich … nach der Operation das Bett hüte«, nuschelte Annika mit schlaftrunkener Stimme. »Wo geht’s … denn hier … zum Treppenhaus?«
    »Sie gehen jetzt zu Bett, bevor Sie auf der Stelle umsinken«, erklärte die Schwester bestimmt und führte Annika ins Zimmer zurück.
*
    Kai hatte den Taxifahrer gebeten, an der S-Bahn-Haltestelle vor dem Uni-Klinikum anzuhalten. Von dort führten ein Fußweg und etliche Treppen zum Haupteingang des Krankenhauses.
    Während sich das Taxi entfernte, blickte Kai auf die Uhr. Es war zehn Uhr abends und fast dunkel. Die Hälfte der Laternen, die blasse Lichtpfützen auf den Asphalt des Fußwegs warfen, war defekt. Je tiefer der Weg in die Dunkelheit eindrang, desto mehr Lampen schienen zu flackern

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