Nebelsturm
Rücken.
Der Ertrunkene ist ein Seemann mit dichtem schwarzen Haar. Seine vollen Lippen sind leicht geöffnet, als hätte er mitten in einem Atemzug aufgegeben. Seine Augen blicken starr in den grauen Himmel.
Der Leuchtturmbauer schätzt das Alter des Seemannes auf etwa zwanzig. Hoffentlich war er Junggeselle, aber möglicherweise auch schon Familienvater. Er ist mit seinem Schiff voreiner fremden Insel gesunken, deren Namen er wahrscheinlich nicht einmal gekannt hat.
»Wir müssen nachher den Pfarrer rufen«, sagte Brommesson und schließt die Augen des Toten, um seinem leeren Blick zu entkommen.
Drei Stunden später sind fünfweitere Seemänner ans Ufer von Åludden gespült worden. Auch ein zerbrochenes Namensschild des Schiffes treibt an Land: CHRISTIAN LUDWIG – HAMBURG.
Und Holzbretter, massenhaft Holz.
Schiffstrümmer sind wie ein Geschenk. Sie gehören nun der schwedischen Krone, die auch für den Unterhalt der Leuchttürme auf Åludden zuständig ist. Die Leuchtturmbauer sind unerwartet an schön gewachsenes Kiefernholz im Wert von vielen Hundert Reichstalern gekommen.
»Alle müssen mithelfen, wenn wir die Trümmer bergen«, befiehlt Brommesson. »Wir stapeln das Holz weiter oben an Land, sodass die Wellen es nicht erreichen können.«
Sein Blick wandert zu dem schneebedeckten Hang. Der Holzmangel auf der Insel ist groß, deshalb sollten sie für die Leuchtturmwärter und deren Familien einen kleinen Hof aus Stein errichten. Doch jetzt würden sie ein viel größeres Haus aus dem angeschwemmten Holz bauen können.
Vor seinem inneren Auge entwirft Brommesson bereits einen mächtigen geschlossenen Hof mit einem großen Wohngebäude voll von Zimmern und Sälen. Ein sicheres Heim für die Wärter seiner Leuchttürme hier am Ende der Welt.
Aber der Hof wird aus Schiffstrümmern gebaut sein, das kann großes Unheil bedeuten. Eigentlich müssten sie ein Bauopfer darbringen, um dem entgegenzuwirken. Vielleicht sollten sie sogar einen eigenen Andachtsraum bauen, einen Ort des Gedenkens an die Toten vor Åludden, an die armen Seelen, die nicht in geweihter Erde begraben werden konnten.
Die Option auf ein größeres Haus arbeitet in Brommesson weiter. Und am Ende desselben Tages schreitet er das Grundstück ab und vermisst es mit großen Schritten.
Nachdem der Sturm verebbt ist, beginnen die durchgefrorenen Leuchtturmbauer damit, die Holzbretter aus dem Wasser zu bergen und an Land zu stapeln. Viele von ihnen meinen, die Schreie der ertrinkenden Seeleute als Echo hören zu können.
Ich bin mir sicher, dass die Leuchtturmbauer diese Schreie nie vergessen haben. Und ich bin auch davon überzeugt, dass die Abergläubischen im Ort Brommessons Entschluss, aus den Trümmern eines Wracks Wohngebäude zu errichten, infrage gestellt haben.
Ein Hof, der aus Schiffstrümmern erbaut wurde, an die sich verzweifelte Seeleute geklammert haben, ehe sie vom Meer verschlungen wurden – hätten meine Mutter und ich es nicht besser wissen müssen, als wir Ende der Fünfzigerjahre dorthin zogen? Musstest du wirklich unbedingt fünfunddreißig Jahre später mit deiner Familie an denselben Ort ziehen, Katrine?
Mirja Rambe
VERÄNDERN SIE IHR LEBEN – ZIEHEN SIE AUFS LAND
Objekt: Hof Åludden, im Nordosten von Öland
Beschreibung des Objekts: Prachtvoller Hof des Leuchtturmwärters, Mitte des 19. Jahrhunderts erbaut, in einsamer und ruhiger Lage mit wunderbarer Aussicht auf die Ostsee. Weniger als dreihundert Meter bis zum Strand, und nur der Himmel ist der nächste Nachbar.
Großes angrenzendes Gartengrundstück oberhalb des Strandes mit glatter Rasenfläche – perfekt für spielende Kinder. Umgeben von einem ausgedehnten Mischwald im Norden, einem Vogelschutzgebiet im Westen (Opfermoor) sowie Strandwiesen und Ackerland im Süden.
Gebäude: Schönes, zweistöckiges Hauptgebäude (kein Keller) mit insgesamt 280 m² Wohnfläche, renovierungs- und modernisierungsbedürftig. Die tragenden Teile, das Dach und die Fassade sind aus Holz, auf dem Dach liegen Ziegel. Nach Osten zeigt eine verglaste Veranda mit Tür zum Innenhof. Das Haus verfügt über fünf intakte Kachelöfen, in allen Räumen sind Kieferndielen verlegt. Wasser liefert das kommunale Wasserwerk, die Abwasserentsorgung trägt der Hausbesitzer.
Das einstöckige Flügelgebäude (Waschhaus aus Kalkstein) misst 80 m², verfügt über fließendes Wasser und Strom und eignet sich – nach geringfügiger Renovierung – hervorragend geeignet zur
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