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Nibelungen 02 - Das Drachenlied

Titel: Nibelungen 02 - Das Drachenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander (Kai Meyer) Nix
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die von Hand zu Hand durch den Wolfswinkel gereicht wurde. Frohes Gegröle wurde laut, als sie den letzten in der Reihe erreichte. Sodann wurde die Pfeife entzündet, und dem Bemitleidenswerten übergeben, der sich freiwillig gemeldet hatte.
    Alberich wartete nicht ab, wie der Pfeifenstreit ausging. Er schob seinen Fuß zurück in den Stiefel und trat zur Tür hinaus ins Abenddunkel. Nach dem Gestank aus der glimmenden Pfeife war die kühle Nachtluft eine Wohltat. Er lehnte sich an die Hauswand, verdrängte den Lärm aus der Schänke und wandte den Blick hinauf zum Sternenhimmel. Es war eine schöne Nacht. Er fragte sich, ob Menschen sich bei diesem Anblick genauso klein wie Zwerge fühlten.
    Damals hatte Geist ihm berichtet, was ihr widerfahren war, und er teilte ihre Ansichten. Der Drache war nur eine Hülle gewesen, ein Körper für das, was tatsächlich in ihm schlummerte: eine Magie, so mächtig, daß sie den Kräften der Götter nahekam. Für die Magie aber war der Drache längst zum Kerker geworden, alt und träge und von allen gehaßt, und es dürstete sie nach einem Neubeginn. So hatte sie sich Wesen herbeigerufen, deren Natur es gestattete, ihr als neue Träger zu dienen; Wesen, die ihre Macht in ein neues Zeitalter, zu neuer Blüte zu führen vermochten. Geist, das zierliche, unschuldige Moosfräulein, war eine gute Wahl gewesen, viel besser als Alberich selbst. Was hätte er auch mit solchen Kräften anfangen sollen? Er war ein Zwerg, ein Krieger, und der Hauch von Zauberei, den er selbst in sich trug, genügte ihm vollkommen. Liebe Güte, die Magie eines Drachen! Nur ein so unbeschwertes Wesen wie Geist vermochte solche Macht zu bändigen, ohne daran zu verzweifeln.
    Siegfried von Xanten war nur ein winziges Glied in der Kette gewesen. Ohne es zu wissen, hatte er etwas viel Größeres in Gang gesetzt, als er den Drachen erschlug. Als Dank dafür war ihm die Panzerhaut zueigen geworden; ob sie ihm Glück oder Unglück brachte, mußte sich erst noch erweisen.
    Der Geweihte schließlich hatte geglaubt, er habe die Vorgänge durchschaut. Ja, er hatte gedacht, er könne selbst Einfluß darauf nehmen. Dabei war auch er nur ein Werkzeug gewesen. Er hatte davon geträumt, den Drachen zum Leben zu erwecken und in seine Gewalt zu bringen. Wäre er nur ein wenig mutiger gewesen und selbst in den Leib des Lindwurms gestiegen, vielleicht hätte sich die Macht des Zaubers dann auf ihn übertragen. Doch als er Geist den Vortritt ließ, hatte er seinen eigenen Niedergang verursacht. Nicht der Drache war erwacht, sondern seine magische Essenz. Und nun war es Geist, die sie beherbergte.
    Die Tür des Wirtshauses wurde aufgezogen. Kerzenlicht und Rauch drangen hinaus auf den Waldweg. Mütterchen trat ins Freie und hustete lautstark.
    »Sag bloß, du hast es versucht?« fragte Alberich.
    Sie schüttelte den Kopf und mußte abermals husten. »Ich hab’ nur ein Stück Ei im Hals.« Sie atmete tief durch, es klang wie ein Blasebalg am Kaminfeuer. »Gehen wir zurück zum Berg. Löwenzahn ist ungeduldig. Er wird noch seinen Posten am Tor verlassen, um uns zu suchen.«
    »Geist wird ihn schon beruhigen. Beim letzten Mal erschien eine Rosenblüte in ihrem Gesicht, als er wütend wurde.« Alberich kicherte krächzend. »Ich glaube, unser Riese ist verliebt.«
    Mütterchen rümpfte die Nase und streckte den Kopf zurück in den Schankraum. »Obbo!« brüllte sie, um den Lärm der Feier zu übertönen. »Bring uns zwei große Krüge Bier!«
    Wenig später erschien der Wirt und drückte jedem einen schäumenden Humpen in die Hand. »Ihr geht schon?«
    Die greise Räuberin nahm einen Schluck und nickte; dabei tauchte sie versehentlich ihr halbes Gesicht in den Schaum. Sie spuckte und schnaubte. »Wir können nicht immer soviel Glück haben wie bei der letzten Bande, die am Berg aufgetaucht ist.«
    »Löwenzahns Bart wächst nicht mehr so gut wie früher«, pflichtete Alberich bei.
    Obbo lächelte verständnisvoll und verschränkte die Hände über seinem Kugelbauch. Sein Blick wanderte hinauf zu den Sternen. »Schöne Nacht, was?«
    »Gab schon schönere«, erwiderte Alberich mißmutig.
    Mütterchen grinste. »Obbo, ich glaube, da drinnen hat jemand deinen Namen gerufen.«
    Der Wirt seufzte in gespielter Schwermut. »Manchmal denke ich, das ist das einzige Wort, das sie kennen.« Damit drehte er sich um und eilte zurück in den Schankraum. Hinter ihm fiel die Tür zu.
    Mütterchen und Alberich blickten auf ihre Krüge, dann zur

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