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Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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richtige Posten für so einen Kleinigkeitskrämer war. Was für ein Betätigungsfeld für Pedanterie! Das mußte Cornelius wieder Mut gemacht haben. Eine nützliche Arbeit, und was am wichtigsten war – sie stand in engstem Zusammenhang mit der Weltraumfahrt ...
    Er lag da und starrte an die Decke und brauchte keine sonderliche Mühe aufzuwenden, um sich Cornelius bei Syntronics vorzustellen. Was machte er dort? Er kontrollierte die Simulatoren, die die Belastungsproben mit den Raumschiffcomputern durchführten. Das heißt, er machte ihnen die Arbeit schwer, und er war in seinem Element, wenn er jemanden Mores lehren konnte. Auf nichts verstand er sich besser. Dieser Mann mußte in ständiger Verzweiflung gelebt haben, weil man ihn vielleicht für verrückt hielt, was er nicht war. In wirklich kritischen Situationen verlor er nie den Kopf. Er war mutig, aber sein Mut für den Alltag war allmählich von den Zwangsvorstellungen aufgefressen worden. Zwischen der Besatzung und seinem verdrehten Innenleben mußte er sich gefühlt haben wie zwischen Hammer und Amboß. Er sah leidend aus, nicht weil er diesen Zwangsvorstellungen erlag, nicht weil er verrückt war, sondern weil er dagegen ankämpfte und unablässig nach Vorwänden und Rechtfertigungen suchte, er brauchte diese Regulative als Entschuldigung, daß das gar nicht er war, daß dieser ewige Drill nicht seine Schuld war. Er hatte nicht die Mentalität eines Feldwebels – hätte er sonst Poe gelesen, diese makabren und unglaublichen Erzählungen? Vielleicht hatte er darin seine Hölle gesucht? So ein Drahtgeflecht aus Zwängen in sich zu haben, solche Stangen, Hebel, und ständig gegen sie zu kämpfen, sie zu zerbrechen, immer wieder von vorn ... Unter alldem lauerte in ihm die Angst, daß etwas Unvorhergesehenes passieren könnte, und dagegen rüstete er sich ständig auf, deswegen exerzierte und trainierte er, deshalb seine Probealarme, Visitationen, Kontrollen, das ruhelose Herumkriechen auf dem ganzen Raumschiff, großer Gott, er wußte, daß sie sich heimlich über ihn ins Fäustchen lachten, vielleicht war ihm auch klar, wie nutzlos das alles war. Konnte es sein, daß er sich jetzt an den Computern rächte? Daß er sie Mores lehrte? Wenn es so war, gab er sich wohl keine Rechenschaft darüber. Sekundäre Rationalisation nannte man das. Er entschuldigte sich damit, daß er verpflichtet war, so vorzugehen.
    Die Kombination der medizinischen Terminologie mit dem, was er schon vorher wußte, was ihm in Form einer Reihe Anekdoten in ganz anderer Sprache bekannt war, gab den Ereignissen einen erstaunlich neuen Sinn. Er konnte in die Tiefe blicken, und dazu benützte er den Dietrich, den ihm die Psychiatrie geliefert hatte. Der Mechanismus einer anderen Persönlichkeit trat nackt zutage, komprimiert, reduziert auf eine Handvoll unglücklicher Reflexe, vor denen es kein Entfliehen gab. Der Gedanke, daß man Arzt sein und Menschen so behandeln konnte, selbst zu dem Zweck, ihnen zu helfen, kam ihm unheimlich abstoßend vor. Zugleich verschwand die durchsichtige Aureole der Narrheit, die die Erinnerung an Cornelius wie ein schmaler Ring umgab. In dieser neuen, überraschenden Sicht war kein Platz für den hinterhältigen, boshaften Humor, der aus der Schule, den Kasernen und von Bord stammte. An Cornelius gab es nichts zu belächeln.
    Die Arbeit bei der Syntronics Corporation? Man hätte meinen können – ideal für diesen Mann: belasten, fordern, komplizieren bis zur Grenze des Erträglichen. Endlich konnte er die in sich gefesselten Zwänge befreien. Für einen Uneingeweihten sah es vortrefflich aus: ein alter Praktiker, ein erfahrener Navigator gab sein bestes Wissen an die Automaten weiter, nichts besser als das. Er aber hatte Sklaven vor sich und brauchte sich nicht zu mäßigen, da sie keine Menschen waren. Der vom Fließband kommende Computer war wie ein Neugeborenes: zu allem fähig, aber unwissend. Die Aufnahme des Lernstoffs bedeutete ein Anwachsen der Spezialisierung und zugleich den Verlust der ursprünglichen Undifferenziertheit. Auf dem Prüfstand spielte der Computer die Rolle des Gehirns, während der Simulator den Körper imitierte. Ein dem Körper unterworfenes Hirn, das war die Analogie.
    Das Hirn muß den Zustand und die Reaktionsfähigkeit jedes Muskels kennen. Ähnlich der Computer – er mußte über den Zustand der Einzelteile eines Raumschiffs informiert sein. Er sandte auf elektrischem Weg Schwärme von Fragen aus, als schleuderte er Tausende

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