Pinguine lieben nur einmal
werden wir in die Handlung eingeführt, lernen die Hauptpersonen kennen und erfahren, wie sie zueinander stehen. Wir lernen den Protagonisten kennen, von dem wir wissen, dass er am Ende des Films mit der zweiten Hauptperson zusammen sein wird, und wir werden seinem oder ihrem Widersacher vorgestellt, von dem wir zwischenzeitlich denken werden, dass er eventuell doch das Rennen um das Herz des Protagonisten machen wird.
Im zweiten Akt, der circa bis halb zehn geht, steigt die HANDLUNG . Wir erfahren, wie die Personen so miteinander umgehen, wir bekommen mal lustige, mal dramatische Konfrontationen zwischen den baldigen Lebensgefährten mit, wir amüsieren uns zwischenzeitig, können aber auch erahnen, was früher oder später zu Streit führen wird: Wir sehen dabei zu, wie der Millionär dem Zimmermädchen seinen Reichtum verschweigt, oder bemerken, dass der Zwillingserzeuger krumme Dinger am Laufen hat.
Im unausweichlichen dritten Akt kommt nach dem klassischen Ideal der HÖHEPUNKT . Im Film ist das jetzt ganz körperlich zu nehmen. Gegen halb zehn kommt es nämlich zu ersten körperlichen Annäherungen, und je nach Wagemut des Regisseurs erwartet uns eine mehr oder weniger große Portion Sex.
Akt vier beginnt zwischen zwanzig und zehn vor zehn. Alle Seifenblasen zerplatzen, Ungesagtes fliegt auf, sämtliche Karten kommen auf den Tisch. Aus gegebenem Anlass wird gestritten. Ein bisschen Eifersucht, ein bisschen Fremdgehen– die Palette an Gestaltungsmöglichkeiten für den vierten Akt, für die PERIPETIE inklusive RETARDIERENDEM MOMENT (der Verzögerung der Handlung), ist unendlich groß.
Zu Beginn des fünften Aktes macht es dann kräftig Knallbumm. Die Liebenden wollen sich nie wiedersehen und leiden darunter, denn eigentlich wollen sie es doch. Die klassische KATASTROPHE sieht normalerweise den absoluten Showdown vor, das Grande Finale, den Tod einer Hauptperson, aber zugleich die seelische und moralische Überlegenheit des Protagonisten. Beim Family Movie gestaltet sich die KATASTROPHE ein wenig optimistischer, es gibt ein bisschen mehr Kuchen, dazu lustige Hüte, rosa Blümchen und vielleicht sogar Ponys. Die Verliebten vertragen sich am Ende nämlich immer, verzichten für den Partner auf geile Jobs, große Geldsummen oder etwas ähnlich Lukratives.
Am Ende, um Viertel nach zehn, haben sich dann alle lieb. Als Zuschauer redet man sich ein, dass sie augenblicklich, noch während man selbst die paar Minuten bis zur ersten Werbepause der anschließenden Sendung Akte guckt, Kinder machen, Golden Retriever züchten, Ferienhäuser kaufen, Bäume pflanzen und sich ewig lieben werden.
Ich mag meine Sat.1-Idylle, weil ich immer vorhersagen kann, was geschehen wird. Denn leider kommt es nicht oft vor, dass die Dinge so passieren, wie ich das gerne hätte. Ich mag diese Harmonie, ich mag Märchenwelten.
Eigentlich dachte ich, dieser Startschuss in ein Und-wenn-sie-nicht-gestorben-sind-dann-leben-sie-noch-heute-Leben, in eine Prinzessinnen-und-Prinz-auf-weißem-Ross-Beziehung existiere nur im Fernsehen.
Bevor ich Janosch kennengelernt habe, war ich vollkommen zufrieden damit, einmal die Woche zwei Stunden lang die Zeit vor dem Zubettgehen mit ein wenig stumpfsinniger Zauberstaubidylle zu überbrücken. Denn ich wusste, dass die schönen, nicht unbedingt bildenden Hundertzwanzigminüter in meiner Flimmerkiste eingesperrt sind und auch drinbleiben. Ich wusste, dass Beziehungsanfänge nicht in diesen fünfaktigen aristotelischen Rahmen zu pressen sind. Ich wünschte es mir, wie jede Zuschauerin, aber ich glaubte nicht wirklich daran.
Doch dann stolperte ich in Janoschs Leben– und zwar buchstäblich, ich bin nämlich furchtbar trottelig– und stellte fest, dass auch das echte Leben aristotelisch sein kann. Mit der Ausnahme, dass sich das echte Leben nicht in einen Rahmen pressen lässt.
1. Akt: - Exposition
Wer auftritt… in order of appearance, damit keiner traurig ist.
Ich erdreiste mich jedoch, mich selbst zuerst zu nennen.
FELICITAS GRÜN
Das bin ich. Eine zwanghafte Chaotin.
CEM DEMIREL
Mein Mitbewohner. Ein hungriger Saftdieb.
SOPHIE
Meine beste Freundin. Eine
alleswissende Schuhfetischistin.
SIMON
Simon eben. Ein Zahnpastamodel mit Helfersyndrom.
JANOSCH WINTER
Mehr als bloß ein Gegenüber. Ein genervter Nasenbrecher.
MAMA
Ähm… ja. Man glaubt es kaum: meine Mutter.
KIRSTEN
Meine andere beste Freundin. Eine Stimme der Vernunft,
aber nicht immer.
STEFFI
Die von nebenan. Eine paarungswillige
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