Privatklinik
Riesenaffen?«
»Judo-Fritze …«
»Er ist euer Oberpfleger, Emil.«
»Er schlägt uns zum Krüppel, wenn er wieder herein darf. Du weißt nicht, was hier los ist, Doktor. Jeden Tag fliegen ein paar von uns durch die Luft, und wenn Fritze seinen guten Tag hat, läßt er uns im Zimmer herummarschieren und singen: Das Wandern ist des Müllers Lust … Der Kerl macht uns fertig!«
»Ich verspreche euch, daß Judo-Fritze an euch keine Rache nehmen wird. Aber ebenso verspreche ich euch, daß ihr arbeiten müßt!«
»Arbeiten?«
»Wer soll denn euren Blödsinn bezahlen? Die zerfetzten Kissen, die abgerissenen Becken, die Betten, die ihr zu Kleinholz gemacht habt, die neuen Decken unter euch, die ihr mit dem Wasser versaut habt? Nein, Jungs – was ihr euch eingebrockt habt, müßt ihr auch ausfressen! Das kann ein Jahr dauern oder länger! So was muß man sich früher überlegen.«
»Und wenn … wenn wir den Heimann wirklich …?« fragte jemand von der Wand her. Dr. Linden lächelte breit.
»Na und? Was hättet ihr damit erreicht? Ich hätte fünf Typen wie Judo-Fritze herangeholt und euch völlig auseinandergenommen.«
»Das hätte er wirklich.« Emil, der Fisch, nickte. »Kameraden, ich kenne meinen Doktor!« Er winkte zum Tisch, auf dem noch der nackte Heimann lag. »Bindet ihn los! Wir haben uns in die eigene Hose gemacht, Kameraden. Wollen froh sein, daß Fritze nicht so darf, wie er will. Mein Doktor gibt mir sein Wort darauf.«
»Das gebe ich, Emil.«
Sie banden den Pfleger Heimann los und schoben ihn durch die Tür hinaus in den Flur. Dort fiel er ohnmächtig in die Arme Fritzes. Die Reaktion auf das überstandene Entsetzen war zu groß für ihn. Prof. Brosius trat an die Tür und blickte auf das Schlachtfeld.
»Was ist los, Doktor Linden?«
»Kommen Sie ruhig 'rein, Herr Professor.« Linden legte den Arm um Emil, den Fisch. Der weinte wieder und schluchzte laut. Ein Jahr, dachte er. Ein ganzes Jahr in der Klapsmühle? Das überlebe ich nicht. Ich lasse mich von Judo-Fritze totschlagen, dann habe ich Ruhe. Die Jutta, die Gräfin, die hatte den richtigen Drall. Von der Brücke in'n Rhein und ab damit. O Gott, ist das Leben beschissen …
Prof. Brosius sah sich im Zimmer um. Sein Gesicht zuckte. Dr. Linden hob die Hand. »Keine Strafpredigten, Herr Professor. Die Männer von Zimmer siebzig werden im Gemüt ab jetzt wie Lämmchen sein und in der Arbeit wie Roboter. Der Dampf ist abgelassen, das Ventil wieder zu. Aber wem sage ich das. Sie als Psychiater …«
Brosius nickte mehrmals. »Ich danke Ihnen, Doktor Linden«, sagte er leise. »Ich bin fast versucht, zu sagen: Was wäre hier geworden, wenn Sie nicht selbst ein Trinker gewesen wären.«
»Er ist keiner mehr?« fragte Emil, der Fisch, dazwischen.
»Nein, Emil.« Dr. Linden klopfte ihm auf die Schulter. »Ich bin geheilt. Guck mich nicht so dämlich an … so etwas gibt es!«
»Und ich?« Emils Augen flackerten. »Wer heilt mich?«
»Keiner.« Dr. Linden strich ihm über die kurzen, moosartigen weißen Haare. »Du bist nicht mehr heilbar, Emil. Du stirbst einmal in der Gosse oder in einem Keller. So wie unser Freund Jim, das Kamel.«
»Jim ist schön gestorben, was? Fällt um, bum, und ist tot!« Er wischte sich über die Augen und seufzte laut. »Ich bin also ein hoffnungsloser Fall?«
»Ja, Emil. Kannst du dir überhaupt vorstellen, wie ein normales Leben ist?«
»Ich kenne das doch gar nicht. Ich war 'ne Zangengeburt und bin danach aufgewachsen in 'nem Heim für schwachbegabte Kinder. Dann kniff ich aus, und nun bin ich fünfzig und …« Emil riß die Augen auf und legte zitternd beide Hände auf die Schulter Lindens. »Doktor, der wievielte ist denn heute?«
»Der neunte Juli.«
Emils Kopf sank an Lindens Schulter. »Doktor …«, stotterte er. »Ich habe heute Geburtstag … Ich werde fünfzig Jahre.«
»Wirklich, den hast du mit allem Feuerwerk gefeiert, Emil! Gratuliere, Junge.« Linden legte den Arm um den schluchzenden Mann und führte ihn aus dem schwimmenden Zimmer. Im Flur stand Judo-Fritze mit gespreizten Händen.
»Finger weg!« herrschte ihn Dr. Linden an. »Und von den anderen auch! Wenn ich eine Klage höre, eine einzige, Kellermann … Sie kennen mich noch nicht!«
»Das ist hier die Landesheilanstalt und kein Privatsanatorium«, antwortete Fritze grollend.
»Und das hier sind Menschen wie Sie und ich! Wenn Sie das nicht begreifen können, werde ich es Ihnen beibringen lassen!«
Brosius kam aus dem Zimmer. Ihm
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