Rachespiel
Manchmal hatte er kurzfristig Erfolg damit und schaffte es, dass sie davonstürmte. Doch sie kam nie weiter als bis zum Parkplatz, wo der nächste kalte Windstoß sie zur Vernunft brachte. Es gab noch schlimmere Tage – wenn er überhaupt nichts sagen konnte, weil er völlig in seiner Hilflosigkeit und Wut über die Aussicht, vielleicht nie wieder gehen zu können, versank.
Dann nahm Jo seine Hand und versicherte ihm, dass sie bei ihm bleiben würde, dass sie ihn liebte und dass er wieder völlig gesund würde, es nur Zeit brauchte. Sie plapperte über Nebensächliches, redete um des Redens willen, um über den abwesenden Ausdruck in seinen Augen hinwegsehen zu können, wenn er darum rang, sich mit seinem Zustand abzufinden.
Das Schwerste für sie war, dass er ihr seinerseits seit der Geiselnahme kein einziges Mal gesagt hatte, dass er sie liebte. Das machte ihr am meisten Angst. Oft schaffte sie es, ihre Zweifel durch Vernunft zu zerstreuen, indem sie sich klarmachte, was für ein Mensch er war. Er hat Mitleid immer gehasst und will nicht, dass ich mich an ihn gekettet fühle , sagte sie sich. Deshalb hatte er sie auch angefleht, weinend wie ein Kind, die Jungen nicht mit ins Krankenhaus zu bringen, bis er wusste, wie seine Chancen standen. Bis dahin sollten sie ihren Vater als einen Mann in Erinnerung behalten, der stark war und sie beschützen konnte, wenn es nötig war.
Rory hatte seine Faust in eine Tür gerammt, als Jo ihm erklärte, dass Dan keinen Besuch von ihm wollte. Zum Glück waren ihre Freunde für sie da gewesen. Sie hatte Hilfe annehmen müssen, und sie hatten ihr einen Rettungsanker zugeworfen. Dorothy lebte nun wieder mit Foxy und Sal zusammen, und ihre regelmäßigen Angebote, auf Harry aufzupassen oder selbst gekochte Mahlzeiten vorbeizubringen, hatten Jo entlastet, sodass sie noch mehr Zeit damit verbringen konnte, Dan Mut zuzusprechen.
Nachts allein im Bett jedoch fühlte sie sich manchmal so verloren, dass die nächsten praktischen Schritte, die unternommen werden mussten, sich als unüberwindliche Schwierigkeiten vor ihr auftürmten. Aber sie konnte Dan nicht verlassen, schon gar nicht, nachdem sie einen Vorgeschmack darauf erhalten hatte, wie es wäre, in einer Welt ohne ihn leben zu müssen.
Sie parkte den Wagen und ging zur Beifahrerseite herum. Dan saß zusammengesunken und verkrampft auf dem Sitz. Er sah sie stirnrunzelnd an, als sie die Tür aufmachte und ihm helfen wollte, seine Beine auf das Pflaster zu stellen.
»Ich hab doch gesagt, ich kann das allein«, schnauzte er sie an.
Sie trat einen Schritt zurück.
Die Haustür ging auf, und Rory kam mit Harry an der Hand heraus. Er erstarrte, als er seinen Vater sah. Dan hatte die Füße mittlerweile auf dem Boden und klammerte sich an den Türrahmen, um sich irgendwie aus dem Auto zu hieven. Jo wusste, dass sie ihm nicht helfen sollte, aber es war eine Qual, untätig zusehen zu müssen, wie er sich abmühte.
Endlich hatte er es geschafft. Er richtete sich auf, ließ die Autotür los und machte zwei wackelige Schritte.
»Was ist, wollt ihr mich nicht willkommen heißen?«, fragte er seine Söhne.
Rory grinste breit und rannte mit Harry auf ihn zu, und Jo glaubte, das Herz würde ihr zerspringen, als Dan die beiden in seine Arme schloss.
DANKSAGUNG
Auch diesmal gilt mein Dank der inspirierenden Krimi-Lektorin Selina Walker für ihre Hilfe und Ermutigung und dafür, dass sie sich nicht von den Schneemassen, die im vergangenen Dezember die Stromversorgung und die Post, den Straßenverkehr und die Schulen und eigentlich alles öffentliche Leben lahmgelegt haben, vom gemeinsamen Endspurt für dieses Buch abhalten ließ. Dank auch an den Rest des Teams von Transworld Ireland – Eoin McHugh, Brian Langan, Madeline Toy, Stephen Mulcahey, Kate Tolley, Helen Gleed O’Connor und Declan Heeney. Und an Alison Barrow für den wunderbaren Abend in Belfast mit der großartigen Tess Gerritsen und David Torrans. Außerdem muss ich mich bei Lucy Pinney, Schriftstellerkollegin und Journalistin, bedanken, weil sie mich auf eine tolle Idee für das nächste Buch gebracht hat, bei Jenni Murray dafür, dass sie mich mit Nachsicht behandelt hat, und bei Lisanne Radice und Claire Rourke, weil sie mir dabei geholfen haben, alles zu durchdenken.
Ein großes Dankeschön schulde ich meiner Agentin Jane Gregory, die mich zu einigen meiner absoluten Lieblingskrimiautorinnen in die Schar ihrer Schützlinge aufgenommen hat, sowie meinen Redaktionskollegen
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