Rebecca
sich hin dümpelte, Schule, Prüfungen, Partys, Discobesuche, das Abwehren frecher Hände – grauer Text, den sie eigentlich lieber überlesen hätte wie langatmige Beschreibungen in einem Buch. Manchmal sehnte sie sich heftig nach etwas, was sie unmittelbar berühren würde, was ihr Leben verändern würde, sodass sie die Rolle der Zuschauerin ablegen könnte.
Ihr Vater hatte Katrien mit dem Hinterteil auf seine Knie gesetzt und beugte sich über sie. Er rieb ihre Zitzen zwischen Daumen und Zeigefinger, um die Krusten von den Milchgängen zu entfernen und die Produktion anzuregen, indem er ein paar Tropfen von der dicken Biestmilch herauspresste. Die anderen Schafe fraßen Trockenfutter aus dem Futtertrog, der an der niedrigen Betonwand entlang des Mittelganges hing. Sie hatten acht Schafe, inklusive Harry, und dazu fünf Lämmer.
Der Vorbesitzer hatte den fünfzehn Meter langen Stall gebaut, um Schweine zu züchten, er hatte an die zweihundert in Betonboxen zu beiden Seiten des Mittelganges gehalten. Zur Weide hin führten noch niedrige Türen nach draußen, wo früher der Mistplatz und die Außenställe gewesen waren. Der Stall war viel zu groß für die acht Schafe, die sie auf der Weide und jenseits des Lingedeichs halten konnten, deswegen hatten sie einige Trennwände eingerissen, um Harry und seiner Herde mehr Auslauf zu bieten. Den Rest des Stalls benutzten sie zur Lagerung von Heu und Kartoffeln und zur Unterbringung von Werkzeug. Außerdem gab es noch einen Hühnerstall. Staubiges Licht fiel durch die Fenster unter dem Dach.
»Sie ist so weit«, sagte Roelof. »Ich glaube, es kommt heute Nacht. Sollen wir sie von den anderen trennen?«
»Du brauchst mich doch nicht immer zu fragen.«
»Aber es sind deine Schafe.«
Rebecca grinste. Dieser feierliche Moment, als sie fünfzehn wurde und die Schafe zum Geburtstag bekam. Jeder muss lernen, Verantwortung zu tragen.
Sie öffnete eine leere Box auf der anderen Seite, zog den Riegel des großen Geheges auf und blieb am Ausgang stehen, falls die anderen Schafe Mätzchen machen sollten. Ihr Vater stellte Katrien wieder auf die Beine, fasste ihr an Kopf und Rücken in die Wolle und brachte sie aus dem Gehege. Sie war schwer und träge und ließ sich brav über den Mittelgang führen. Schafe waren schlau, sie vertrauten ihren Menschen, vor allem Katrien und Bella, die beiden ältesten.
Rebecca schloss die Tür und holte einen Eimer Wasser, Roelof schüttelte einen Arm voll Heu in die Raufe. Katrien trank. Sie wirkte zufrieden und Rebecca kehrte zu den anderen Schafen zurück, um nachzusehen, ob sie noch genügend Wasser hatten.
»Ich würde die Außentür wieder öffnen«, sagte Roelof hinter ihr. »Die gehen dann schon raus, wenn sie Durst haben.«
Rebecca wollte gerade in den Stall zurückkehren, als der ungewohnte Klang seiner Stimme sie innehalten ließ. Sie drehte sich um. Ihr Vater lehnte an der niedrigen Stallmauer und rieb sich die Stirn. »Was ist denn los?«
»Nichts. Ein bisschen Kopfschmerzen. Bauchkrämpfe. Geht schon wieder vorbei.«
Sie ging zu ihm und fasste ihn am Arm. »Komm mit rein. Kannst du laufen?«
»Lass mich mal einen Augenblick.« Er presste sich eine Faust in die Seite. »Verdammt!«
»Das hattest du eben doch noch nicht!«
Er atmete zischend zwischen den Zähnen hindurch ein. »Vielleicht war der Schinken nicht mehr gut.«
»Dann wäre mir doch auch schlecht.«
»Ich esse mehr als du. Vielleicht verträgt er sich auch nur nicht mit dem Kater.«
»Welchem Kater?«
Er versuchte zu grinsen, das Gesicht immer noch schmerzverzerrt, die Hand auf dem Bauch. »Ach, gestern Abend wollte mich so ein Kerl unterkriegen, mit schönen Reden und Jenever. Psychologische Kriegsführung. Dass ich da noch drauf reinfalle! Bitte gib mir etwas Wasser.«
Rebecca rannte zur Hoftür, befestigte den Schlauch am Hahn und drehte das Wasser auf. Dann schleifte sie den Schlauch zu Roelof, und ihr Vater beugte sich nach vorn und trank. Er kniff das Schlauchende zusammen und spritzte sich Wasser ins Gesicht.
»Ging es um Schach?«, fragte Rebecca.
»Klar, was sonst?«
Rebecca gab ihm seine Jacke und rannte zurück, um den Hahn zuzudrehen. Roelof trocknete sich das Gesicht an der Jacke ab. Doch sein Gesicht blieb nass und er musste sich an der Stalltür festhalten. Rebecca bekam es mit der Angst zu tun.
»Seit wann wird im Gemeindezentrum Jenever ausgeschenkt?«, fragte sie.
»Ich war in einer Kneipe in Leerdam.«
»Bist du deshalb so spät
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