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Revenants Trilogie 01 - Von der Nacht verzaubert

Titel: Revenants Trilogie 01 - Von der Nacht verzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Plum
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Leichenhalle von Brooklyn gelegen hatten. »Ich weiß, wie Tote aussehen.«
    »Komm zu mir«, sagte er. Langsam bewegte ich mich auf ihn zu, ohne zu wissen, was mich erwarten würde. Er hob seinen Arm und berührte zärtlich meine Hand. Er fühlte sich nicht mehr so kalt an wie zuvor, aber auch noch nicht ganz lebendig.
    »Na, merkst du’s?«, sagte er, seine Mundwinkel bogen sich leicht himmelwärts. »Ich lebe.«
    Ich machte einen Schritt zurück, löste unsere Berührung. »Ich versteh das nicht«, sagte ich, meine Stimme voller Misstrauen. »Was stimmt denn nicht mit dir?«
    Er sah resigniert aus. »Es tut mir leid, dass ich dich in all das verwickelt habe. Das war sehr egoistisch von mir. Aber ich hatte nicht gedacht, dass es so weit kommen würde. Ich habe ganz offensichtlich gar nicht nachgedacht.«
    Meine eher allgemeine Sorge wurde von der leisen Befürchtung abgelöst, was wohl als Nächstes kommen würde. Ich konnte mir nicht vorstellen, welche Offenbarung auf mich wartete. Eine leise Stimme in mir meldete sich zu Wort: Du hast es gewusst. Und es stimmte.
    Ich hatte gewusst, dass irgendetwas an Vincent anders war. Ich hatte es gefühlt, noch bevor ich sein Foto bei den Nachrufen gesehen hatte. Es war mehr eine Ahnung, als dass ich es konkret hätte benennen können. Deshalb hatte ich es ignoriert. Doch jetzt würde ich es herausfinden. Mich durchfuhr ein leichtes erwartungsvolles Zittern. Vincent bemerkte es und sah mich besorgt an.
    Ein Klopfen an der Tür unterbrach uns. Charlotte stand auf, um sie zu öffnen und trat beiseite, während nacheinander mehrere Personen das Zimmer betraten.
    Jules kam als Erster auf mich zu, berührte mich sachte an der Schulter und fragte: »Geht es dir besser?«
    Ich nickte.
    »Es tut mir wirklich unendlich leid, wie ich mich verhalten habe«, sagte er aufrichtig geknickt. »Das war eine Kurzschlussreaktion, um dich so schnell wie möglich von Vincent wegzubringen. Ich war grob zu dir. Ich hab nicht nachgedacht.«
    »Ist schon okay.«
    Eine bekannte Gestalt tauchte hinter ihm auf und schob ihn scherzend beiseite. Der muskulöse Typ, dem ich in der Nacht an der Seine begegnet war, sagte zu Jules: »Gibst du sie auch mal wieder frei?« Er beugte sich zu mir herunter und reichte mir seine Hand. »Kate, ich bin ganz entzückt, deine Bekanntschaft zu machen. Ich bin Ambrose«, dröhnte seine tiefe Baritonstimme. Dann wechselte er in perfektes amerikanisches Englisch und sagte: »Ambrose Bates aus Oxford, Mississippi. Es freut mich sehr, endlich jemanden aus der Heimat zu treffen in diesem Land, in dem es sonst nur verrückte Franzosen gibt!«
    Es gefiel ihm offensichtlich, dass er mich so überrascht hatte. Ambrose lachte und tätschelte mir kurz den Arm, bevor er sich neben Jules aufs Sofa setzte und mir noch einmal kurz freundlich zuzwinkerte.
    Ein Mann, den ich noch nie zuvor gesehen hatte, kam auf mich zu und verbeugte sich nervös. »Gaspard«, stellte er sich schlicht vor. Er war älter als die anderen, Ende dreißig oder Anfang vierzig. Groß und hager war er, mit tiefliegenden Augen und einer äußerst schlecht geschnittenen Frisur. Seine schwarzen Haare standen wild in alle Richtungen davon. Er wandte sich ab und ging zu den anderen.
    »Das ist mein Zwillingsbruder Charles«, sagte Charlotte, die die ganze Zeit neben mir stehen geblieben war. Sie deutete auf eine rothaarige Kopie von sich selbst. Charles verbeugte sich und deutete einen Handkuss an, bevor er sarkastisch sagte: »Schön, dich wiederzusehen. An einem Tag, an dem es mal keine Fassadenteile regnet.« Ich lächelte ihn unsicher an.
    Keine Ahnung, ob es nur so wirkte oder ob wirklich alle einen Schritt zurückmachten, aber plötzlich war mir, als wäre ich mit dem Mann, der mir jetzt gegenüberstand, allein im Zimmer. Es war der Adlige von gestern — der Besitzer des Hauses. Während alle anderen mich mehr oder weniger freundlich begrüßt hatten, war auf dem Gesicht des Hausherrn nicht die Spur eines Lächelns zu erkennen.
    Er machte eine steife Verbeugung. »Jean-Baptiste Grimod de la Reynière«, sagte er und sah mir mit steinerner Miene in die Augen. »Dies ist mein Haus, auch wenn viele meiner Anverwandten hier wohnen. Und ich für meinen Teil erachte Ihre Anwesenheit als nicht sehr weise.«
    »Jean-Baptiste«, setzte Vincent hinter mir an. »Das war doch alles keine Absicht.« Er lehnte sich wieder zurück in die Kissen und schloss die Augen. Diese sieben Wörter schienen ihn völlig erschöpft zu

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