Robur der Sieger
auf den Atlantischen Ocean. Es schien aber gar nicht, als ob der Ingenieur jetzt besondere Eile habe, wenigstens hatte er nicht Befehl gegeben, den Aeronef mit voller Geschwindigkeit arbeiten zu lassen. Uebrigens hätte dieser auch die Fahrtschnelligkeit wie über Europa hin nicht erreichen können. In den Gegenden, in denen der Südwestwind vorherrscht, lief er diesem fast entgegen, und obwohl derselbe nur schwach zu nennen war, so bot der Apparat ihm doch eine große Angriffsfläche.
Die neuesten und auf eine große Anzahl von Beobachtungen gestützten meteorologischen Arbeiten haben eine gewisse Convergenz der Passate, entweder nach der Sahara oder nach dem Golf von Mexiko, erkennen lassen. Außerhalb der Region der Calmen kommen sie entweder von Westen und strömen nach Afrika zu, oder sie kommen von Osten her und ziehen nach der Neuen Welt zu – wenigstens während der wärmeren Jahreszeit.
Der »Albatros« versuchte also gar nicht, gegen den ihm widrigen Wind mit der ganzen Kraft seiner Treibschrauben anzukämpfen. Er begnügte sich mit einer gemäßigten Gangart, welche übrigens die der transatlantischen Dampfer immer noch überholte.
Am 13. Juli überschritt der Aeronef den Aequator, was der ganzen Mannschaft besonders angemeldet wurde.
Onkel Prudent und Phil Evans erfuhren also dabei auch, daß sie nun die nördliche Halbkugel verlassen hatten und nach der südlichen gekommen waren. Diese Passirung der Linie wurde jedoch nicht durch die tollen Ceremonien gefeiert, welche auf vielen Kriegs-und Handelsschiffen gebräuchlich sind.
Nur François Tapage ließ es sich nicht nehmen, Frycollin eine große Pinte Wasser über den Kopf zu gießen, da dieser Taufe aber einige Gläser Gin nachfolgten, erklärte der Neger sich bereit, die Linie so oft passiren zu wollen, wie man wünschte, vorausgesetzt, daß das nicht auf dem Rücken eines mechanischen Vogels zu geschehen brauche, der ihm nun einmal kein Vertrauen einflößte.
Am Morgen des 15. schwebte der »Albatros« über den Inseln Ascension und St. Helena, aber näher der letzteren hin, deren höhere Theile sich einige Stunden lang am Horizonte zeigten.
Hätte zur Zeit, als Napoleon sich in der Gewalt der Engländer befand, ein Apparat, ähnlich dem des Ingenieurs Robur, existirt, gewiß würde Hudson Lowe trotz seiner oft geradezu beleidigenden Vorsichtsmaßregeln seinen berühmten Gefangenen auf dem Wege durch die Lüfte haben entweichen sehen.
Während der beiden Abende des 16. und 17. Juli zeigten sich mit Abnahme des Tageslichtes höchst eigenthümliche Dämmerungserscheinungen. Unter höherer Breite hätte man bei ihrem Anblick an ein Nordlicht denken können. Die Sonne warf nämlich bei ihrem Niedergang über den Himmel vielfarbige Strahlen, von denen einige in leuchtendem Grün erschienen.
War das eine Wolke kosmischen Staubes, welche an der Erde vorüber zog und jetzt den letzten Schimmer des Tages wiederstrahlte? Einige Beobachter haben solche Dämmerungserscheinungen in dieser Weise allerdings erklärt; sie wären aber gewiß zu anderer Anschauung gekommen, wenn sie sich an Bord des Aeronefs befunden hätten.
Eine aufmerksame Prüfung ergab nämlich, daß in der Luft seine Pyroxen-Krystalle schwebten, glasartige Kügelchen, nämlich zarte Theilchen magnetischen Eisens, ganz entsprechend den Stoffen, welche feuerspeiende Berge auswerfen. Es schwand damit also jeder Zweifel, daß diese Wolke von einer vulcanischen Eruption herrührte, deren krystallinische Auswurfsstoffe die beobachtete Erscheinung erzeugten – eine Wolke, welche die Luftströmungen auch noch über dem Atlantischen Ocean schwebend erhielten.
Während dieses Theiles der Reise wurden übrigens auch noch andere Erscheinungen wahrgenommen. Wiederholt verliehen gewisse Wolken dem Himmel eine weißgraue Färbung von eigenthümlichem Aussehen; gelangte man dann durch einen solchen Dunstvorhang, so erschien dessen Oberfläche ganz übersäet von glänzend weißen Körperchen, zwischen denen einzelne größere besonders hervorleuchteten, was sich unter dieser Breite durch nichts anderes, als durch eine Hagelbildung erklären ließ.
In der Nacht vom 17. zum 18. bildete sich ein grünlichgelber Mondregenbogen in Folge der Stellung des Aeronefs zwischen dem Vollmonde und einem Netz von seinem Regen, der schon in Dunst überging, ehe er das Meer erreichte. Vielleicht ließ sich aus diesen verschiedenen Erscheinungen schon auf einen bevorstehenden Witterungsumschlag schließen. Jedenfalls
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