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Room 27 - Zur falschen Zeit am falschen Ort

Room 27 - Zur falschen Zeit am falschen Ort

Titel: Room 27 - Zur falschen Zeit am falschen Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirjam Mous
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wenn ich es jetzt hätte aufsetzen können. Die plötzliche grelle Sonne tut meinen Augen weh. Die Straße sieht so unwirklich aus wie ein überbelichteter Videoclip. So fühle ich mich auch. Ich weiß, dass es mir freisteht zu gehen, wohin ich will, und doch kann ich es irgendwie noch nicht ganz glauben. Etwas in mir ist noch auf der Hut und erwartet, dass Perez jeden Moment wieder herausstürmt – »Tut mir leid, Irrtum, ich muss dich wieder verhaften.«
    Ein Polizeiauto nähert sich. Mein Körper reagiert sofort, als wäre es kein normales Polizeiauto, sondern ein Ufo voller Außerirdischer mit bösen Absichten. All meine Muskeln und Sehnen spannen sich, bereit zur Flucht. Das Auto hält und eine Tür öffnet sich. Das ist wie ein Startzeichen. Ich setze mich in Bewegung, so schnell, wie es mein Rucksack und die Hitze zulassen. Bis zum Ende der Straße, um die Ecke, immer weiter und weiter laufe ich. Weg von der Polizeiwache und weg von Perez, bis das Blut in meinen Schläfen hämmert, mein Hemd durchweicht ist und ich unter einem Baum eine Bank entdecke.
    Ich schnalle meinen Rucksack ab und setze mich hin. Was jetzt?
    Meine Mutter hat etwas Geld auf mein Konto überwiesen und in Barcelona ein Zimmer für mich reserviert. Von Perez habe ich eine Karte mit Namen und Adresse bekommen. Hotel Gaudí. Ich soll dorthin gehen und so lange bleiben, bis meine Mutter eintrifft.
    Aber eigentlich weiß ich es schon: Ich bin viel zu aufgedreht, um in einem Hotelzimmer zu warten. Das zufriedene Gefühl von vorhin, als ich Felipes Nase krachen hörte, ist längst verflogen. Ich bin nicht einmal erleichtert, nur wütend. Wütend auf mich selbst, weil ich vor drei Wochen nicht einfach nach Hause geflogen bin, sondern unbedingt auf eigene Faust durch Spanien ziehen wollte. Sauer auf Martijn, dem Sergio de la Rosa wichtiger ist als ich. Sauer auf meine Mutter, weil sie nicht einfach in Europa Urlaub machen konnte. Aber am allerwütendsten bin ich auf Valerie Reina.
    Val… für Freunde.
    Ich wusste nicht, dass man so einen Hass auf jemanden haben kann. So schlimm, dass man es in allen Knochen spürt und sich das Blut in eine Art Gift verwandelt. Sobald ich an Valerie denke, spielen sich in meinem Kopf die abscheulichsten Fantasien ab. Wie ich ihr wie ein Zombie das Herz aus der Brust reiße, ihre Fingernägel einen nach dem anderen ziehe, sie in einen Käfig voller widerlicher Ratten sperre und noch viel mehr. Man könnte das Programm eines zehntägigen Horrorfilmfestivals damit gestalten.
    In Kriegssituationen ist wenigstens noch klar, wer der Gegner ist. Aber wie erkennt man einen Feind in einem schönen Mädchenkörper? Und ich Idiot dachte, es hätte gleich im ersten Moment zwischen uns gefunkt, weil sie so interessiert schien. Ha, ausgehört hat sie mich! Vater gestorben, Mutter im Urlaub, Bruder unerreichbar und dann auch noch als Tourist allein unterwegs in Spanien. Mein Todesurteil war schnell unterzeichnet.
    Am meisten nehme ich ihr übel, dass sie mir das Gefühl gab, ich würde ihr auch etwas bedeuten. Alles nur fake. All die Male, als wir uns am Pool küssten… Judasküsse…
    Meine Mutter hat eine DVD von Jesus Christ Superstar – eine Rockoper. Ich mag den Film, vor allem, wenn man mal bedenkt, wie alt der schon ist. Die Musik ist ziemlich okay. Man verfolgt das Leben Jesu, aber in moderner Zeit. Na ja, kurz bevor es Handy und Internet gab und so. Jesus hat eine Menge Freunde, die er Apostel nennt. Aber einer dieser Apostel – Judas – verrät Jesus, indem er ihm einen Kuss gibt.
    Ob Jesus sich auch so gedemütigt gefühlt hat?
    Ich will es ihr heimzahlen.

2
    Zeit: heute
Ort: Francaz – Spanien
    Ich schultere den Rucksack wieder und stehe auf. Beim Gehen kann ich vielleicht besser nachdenken. Gestern in der Zelle hat es ja schließlich auch funktioniert.
    Ich stelle mir vor, wie Valerie jetzt irgendwo mit Taschen voller Geld herumläuft. Oder ist sie vielleicht schon an dem geheimen Ort, von dem Felipe sprach? Irgendwo in der Nähe vielleicht? Nein, zweimal dieselbe Takik anwenden, wäre unvernünftig. Darauf fiele Perez nicht noch einmal herein. Wahrscheinlich hat sie den Bus oder die Bahn genommen und reist jetzt auf die andere Seite von Spanien. Oder auf die andere Seite der Welt – sie kann problemlos ein Ticket bezahlen. Obwohl…
    Valerie ist alles andere als dumm. Sie hat bestimmt längst kapiert, dass ihre Personenbeschreibung an alle Flughäfen durchgegeben wurde. Außerdem wird es für Felipe dann

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