Ein Dämon kommt selten allein
1
Für Verwandte spricht ja einiges ... aber man kann es nur mündlich verbreiten - weil es sich unmöglich drucken läßt!
Albert Einstein
Wenn ich nicht so sehr in Gedanken versunken gewesen wäre, als ich an jenem Tag in meine Gemächer schritt, hätte es mich vielleicht auch nicht so unverhofft erwischt. Aber wer rechnet schon damit, gerade dann magisch angegriffen zu werden, wenn er sein Zimmer betritt?
Schon gut, schon gut! Sicher, ich bin zwar der Hofzauberer von Possiltum, und in letzter Zeit habe ich mir auch einen gewissen Ruf erworben, aber es sollte doch wohl trotzdem möglich sein, daß ich mein Zimmer betreten kann, ohne gleich angesprungen zu werden! Ich meine, wenn ein Magiker nicht mal in seinen eigenen Gemächern in Sicherheit sein kann, wo denn wohl sonst?
Streichen Sie diese Frage!
Sie gehört nämlich zu der Sorte, mit der mein Ausbilder versucht, mich davon zu überzeugen, daß eine magische Karriere die Lebenserwartung nicht unbedingt steigert. Nicht daß es da bei mir großer Überzeugungsarbeit bedürfte. Taten sind lauter als Worte, und das, was ich seit Antritt meiner Zauberlehre unter der Anleitung meines Mentors an Tagen habe vollbringen und erleben müssen, war laut genug, um mich davon zu überzeugen, daß das Leben eines Magikers nicht besonders friedlich ist. Ich meine, wenn man bedenkt, daß wir nur wenige Tage, nachdem wir uns begegnet sind, beide von einem wütenden Mob gelyncht wurden... regelrecht am Hals aufgeknüpft ...
Aber ich schweife ab.
Es fing also damit an, daß ich ganz harmlos in mein Zimmer trat. Ganz harmlos, haha! Dort erwartete mich ein Dämon, ein Perfekter, um genau zu sein. Das war an sich noch nichts Ungewöhnliches. Aahz, mein Ausbilder, den ich vorhin erwähnte, ist ebenfalls ein Perfekter. Genau genommen teilt er sich mit mir sogar die Unterkunft. Das Ungewöhnliche war vielmehr, daß der Dämon, der mich jetzt dort erwartete, nicht Aahz war!
Nun bin ich noch nicht vielen Perfektern begegnet ... Quatsch, Aahz ist der einzige, den ich kenne ... aber Aahz kenne ich sehr gut, und dieser Perfekter hier war eindeutig nicht Aahz!
Dieser Dämon war kleiner als mein Mentor, seine Schuppen waren von einem etwas helleren Grün, und seine goldenen Augen standen enger zusammen. Darüber hinaus lächelte er nicht... Aahz lächelt immer, sogar wenn er Wütend ist... ganz besonders dann, wenn er wütend ist. Ein ungeübter Beobachter hätte Aahz und diesen Fremden vielleicht nicht auseinander halten können, aber für mich waren sie so unterschiedlich wie ein Täufler und ein Imp. Natürlich hatte es auch Zeiten gegeben, da ich einen Täufler nicht von einem Imp hätte unterscheiden können. Das sagt wohl einiges aus über die Gesellschaft, in der ich mich in letzter Zeit befinde.
»Wer bist du?« fragte ich.
»Du Skeeve?«
»Hm, ja. Ich Skeeve. Wer du?«
Die Antwort bestand darin, daß ich plötzlich von einer unsichtbaren Hand gepackt, herumgewirbelt und auf den Kopf gestellt wurde, bis ich schließlich mit herabbaumelndem Schädel vier Fuß über dem Boden hängen blieb.
»Werd bloß nicht zickig, Dumpfbacke. Ich habe gehört, daß du einen Verwandten von mir in einer Art Bann hältst. Ich will ihn zurückhaben, kapiert?«
Er unterstrich seine Worte dadurch, daß er mich herabließ, bis ich nur noch wenige Zoll vom Boden entfernt war, um mir dann mit Hilfe dieses Bodens eine harte Kopfnuß zu verpassen.
Ich bin vielleicht nicht gerade der beste Magiker aller Zeiten, aber ich wußte immerhin, was er da machte. Er benutzte seine geistige Kraft, um mich durch den Raum levitieren zu lassen. Das habe ich gelegentlich selbst schon mit kleineren Gegenständen getan. Natürlich fiel mir auch ein, daß ich nicht unbedingt ein kleinerer Gegenstand war, und daß ich es hier mit jemandem zu tun hatte, der in den magischen Künsten etwas versierter sein mußte als ich. Deshalb hielt ich es für angebracht, mein Temperament zu zügeln und meine guten Manieren zu zeigen.
»Du kennst Aahz?«
»Und ob. Und ich will ihn wiederhaben.«
Letzteres wurde von einer erneuten Kopfnuß begleitet. So viel zum Thema: Ruhe bewahren.
»Dann solltest du ihn gut genug kennen, um zu wissen, daß niemand ihn gegen seinen Willen festhalten kann.«
Mein Kopf schoß wieder dem Boden entgegen, doch diesmal kam er kurz vor dem Ziel zum Stillstand. Trotz meiner ungünstigen Position konnte ich sehen, wie sich der Dämon nachdenklich übers Kinn strich. »Das stimmt«, murmelte er. »Also
Weitere Kostenlose Bücher