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Sagen des klassischen Altertums

Sagen des klassischen Altertums

Titel: Sagen des klassischen Altertums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gustav Schwab
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Göttern ein Orakelspruch erteilt worden, daß von den Himmlischen keiner der Giganten vernichtet werden könnte und diese nur dann sterben würden, wenn ein Sterblicher mitkämpfte. Gaia hatte dies in Erfahrung gebracht und suchte deswegen nach einem Arzneimittel, das ihre Söhne auch Sterblichen gegenüber unverletzlich mache. Und es war wirklich ein solches Kraut gewachsen; aber Zeus kam ihr zuvor; er verbot der Morgenröte, dem Mond und der Sonne zu scheinen, und während Gaia in der Finsternis herumsuchte, schnitt er die Arzneikräuter eilig selbst ab und ließ seinen Sohn Herakles durch Athene zur Teilnahme am Kampfe auffordere.
    Auf dem Olymp war inzwischen der Streit schon entbrannt. Ares hatte seinen Kriegswagen mit den wiehernden Rossen mitten in die dichteste Schar der heranstürzenden Feinde gelenkt. Sein goldner Schild brannte heller als Feuer, schimmernd flatterte die Mähne seines Helmes. Im Kampfgetümmel durchbohrte er den Giganten Peloros, dessen Füße zwei lebendige Schlangen waren. Dann fuhr er über die sich krümmenden Glieder des Gefallenen zermalmend mit seinem Wagen hin; aber erst bei des sterblichen Herakles Anblick, der eben die letzte Stufe des Olymps erstiegen hatte, hauchte das Ungeheuer seine drei Seelen aus. Herakles sah sich auf dem Schlachtfelde um und erkor sich ein Ziel seines Bogens; sein Pfeilschuß streckte den Alkyoneus nieder, der alsbald in die Tiefe stürzte, aber sobald er seinen Heimatboden berührt hatte, mit erneuter Lebenskraft sich wieder erhob. Auf den Rat der Athene stieg auch Herakles hinab und schleppte ihn über die Grenze seines Geburtslandes hinaus; und sowie der Riese auf fremder Erde angekommen war, entfuhr ihm der Atem.
    Jetzt ging der Gigant Porphyrion in drohender Stellung auf Herakles und Hera zugleich los, um einzeln mit ihnen zu kämpfen. Aber Zeus flößte ihm schnell ein Verlangen ein, das himmlische Antlitz der Göttin zu schauen, und während er an Heras umhüllendem Schleier zerrte, traf ihn Zeus mit dem Donner, und Herakles tötete ihn vollends mit einem Pfeile. Bald rannte aus der Schlachtreihe der Giganten Ephialtes mit funkelnden Riesenaugen hervor. »Das sind helle Zielscheiben für unsere Pfeile!« sprach lachend Herakles zu dem neben ihm kämpfenden Phöbos Apollo, und nun schoß ihm der Gott das linke und der Halbgott das rechte Auge aus dem Kopf. Den Eurytos schlug Dionysos (Bakchos) mit seinem Thyrsosstabe nieder; ein Hagel glühender Eisenschlacken aus des Hephaistos Hand warf den Klytios zu Boden; auf den fliehenden Enkelados schleuderte Pallas Athene die Insel Sizilien; der Riese Polybotes, von Poseidon über das Meer verfolgt, flüchtete sich nach Kos, aber der Meergott riß ein Stück dieser Insel ab und bedeckte ihn damit.
    Hermes, den Helm des Pluton auf dem Kopfe, erschlug den Hippolytos, zwei andere trafen der Parzen eherne Keulen. Die übrigen schmetterte Zeus mit seinem Donner nieder, und Herakles erschoß sie mit seinen Pfeilen.
    Für diese Tat wurde dem Halbgott hohe Gunst von den Himmlischen zuteil. Zeus nannte diejenigen unter den Göttern, welche den Kampf mit ausfechten geholfen, Olympier, um durch diesen Ehrennamen die Tapferen von den Feigen zu unterscheiden. Dieser Benennung würdigte er nun auch zwei Söhne sterblicher Weiber, den Dionysos und den Herakles.
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    Gustav Schwab – Sagen des klassischen Altertums
    HERAKLES UND EURYSTHEUS
    Vor des Herakles Geburt hatte Zeus im Rate der Götter erklärt, der erste Perseusenkel, welcher geboren werden würde, sollte der Beherrscher aller übrigen Nachkommen des Perseus werden. Diese Ehre war seinem und Alkmenens Sohne zugedacht. Aber Heras Hinterlist, welche dieses Glück dem Sohne der Nebenbuhlerin nicht gönnte, kam ihm zuvor und ließ den Eurystheus, der auch ein Enkel des Perseus war, obwohl er später als Herakles zur Welt kommen sollte, früher geboren werden. Dadurch war Eurystheus König zu Mykene im Argiverlande und der später geborene Herakles ihm unterworfen. Jener sah mit Besorgnis den steigenden Ruhm seines jungen Verwandten und berief ihn, als seinen Untertan, zu sich, um ihm verschiedene Arbeiten aufzutragen. Da Herakles nicht gehorchte, so ließ Zeus selbst, der seinem Ratschlusse nicht zuwiderhandeln wollte, seinem Sohne befehlen, dem Argiverkönige seine Dienste zu widmen. Aber der Halbgott entschloß sich ungerne, der Diener eines Sterblichen zu sein; er ging nach Delphi und befragte das Orakel darüber. Dieses gab ihm zur Antwort: die von Eurystheus

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