Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)
Geheimnis her“, stieß er fast atemlos hervor, als sie unter sich waren, „nach mehr als zwei Jahren?“
„Montfort, um Himmels Willen, nicht so laut!“, rief Amaury. Er erhob sich, lief wieselflink zum Zelteingang, wo ein böiger Wind die rot und weiß gestreifte Schabracke beutelte. Er lugte nach rechts und nach links. Dann kam er wieder zurück, nahm erneut auf Montforts Stuhl Platz, seine Röcke gewissenhaft glatt streichend. „Wer mit den Füchsen zu tun hat, muss den Hühnerstall gut verschließen“, tat er wichtig.
Fulco nickte zustimmend. „Der Ehrwürdige Vater Amaury hat recht. Wird die Sache vorzeitig bekannt, dann ...“ Er fuhr sich mit seinem rubingeschmückten Zeigefinger über die Gurgel.
Simon von Montfort baute sich vor den beiden auf. „Ach ja? Soll das eine Drohung sein?“, sagte er spitz.
„Euer Tonfall, Graf von Montfort, gefällt mir nicht. Ihr seht diese Angelegenheit noch immer nicht im rechten Licht", meinte Fulco mit ärgerlicher Stimme. „Es geht um alles. Um alles!“
„Beim Heiligen Alberich von Citeaux, das stümmt“, sang Amaury, „das Auffinden des dritten Tores, von dem unser verschwundener Bruder Bartomeu Kenntnis hatte, könnte unserer allerheiligsten römischen Kirche den Sieg über sämtliche Feinde des Glaubens bringen.“
„Aber wieso jetzt, wo wir gewiss andere Sorgen haben?“
„Ihr müsst wissen, Graf", Fulco rückte näher heran, "es hat sich etwas ereignet. Es gibt da eine neue Spur, die uns zu Bartomeus` Sohn führt ...“
Wieder drangen von draußen laute Stimmen zum Zelt herein. Die Plane wurde zurückgeschlagen.
„Sire“, rief der Knappe aufgeregt, und seine junge, hohe Stimme überschlug sich fast bei den nachfolgenden Worten, „das Heer aus Toulouse ist im Anmarsch! Die ersten Reiter wurden auf der anderen Seite des Flusses gesichtet. Sie kommen geharnischt geritten!“
4.
Mit Gepränge und Gefolge, aber vor allem mit gemischten Gefühlen, betrat Raymond, der Graf von Toulouse, das scharlachrote Versammlungszelt der Kreuzfahrer, wo ihn der Abt von Citeaux freudig begrüßte.
„Gelobt sei der HERR, dass Ihr gekommen seid, Graf Raymond, um unsere Vorabsprachen einzuhalten. Nun gilt es, Seit an Seit diejenigen zu bekämpfen, die in der Heiligen Eucharistie eine Irrlehre sehen, die behaupten, dass im Altarsakrament Brot und Wein nicht Leib und Blu-hut Christi werden, und verkünden, dass die von Rom gewährten Ablässe gänzlich ungültig seien ... “, Amaury rang nach Luft, was die anwesenden Ritter augenblicklich zum Anlass nahmen, beifällig auf ihre Schilde zu klopfen.
Mit Bedacht legte Raymond seinen Helm und die darunter befindliche Goufe ab, die leichte Rüstung und die Waffen, und begrüßte seinerseits die Führer der Kreuzfahrer, sowie diejenigen Grafen und Barone, die ihm entweder ebenbürtig oder gut bekannt waren. Für Bischof Fulco hatte er nur einen verächtlichen Blick übrig, ja, der Zorn, den er beim Anblick seines größten Widersachers verspürte, verlieh ihm sogar zusätzliche Kraft. Zuletzt trat er vor Peter von Courtenay, den Grafen von Auxerre – der zugleich sein Vetter war - und machte ihm, zur Überraschung aller, schwerste Vorwürfe, den Tod des jungen Trencavel betreffend. „Die genauen Umstände seines Ablebens sind noch immer unter einem dichten Nebel verborgen“, rief er und fuhr sich durch das schüttere weiße Haar. „Ihr, Peter, seid zwar nicht der Henker meines Neffen, doch Ihr habt ihm freies Geleit zugesagt und Euer Versprechen gebrochen. Ich frage Euch, weshalb? Er hat Euch vertraut!“
In den Reihen der Umstehenden kam Murren auf.
Courtenay, ein älterer, besonnener Ritter, nickte ernst. „Ich verstehe Eure Verbitterung und Euren Zorn, Graf Raymond, aber ich trage gewiss keine Schuld“, verteidigte er sich, „denn ich habe im Auftrag des Grafen von Nevers gehandelt und an diesem Schwarzen Tag ihm - und auch meinen eigenen Worten Glauben geschenkt.“
Amaury, der Abt, trat auf den Tolosaner zu. „Vergesst nicht, Graf“, sagte er, nur milden Tadel in der tönenden Stimme, „dass der Zerstörer des Friedens und der Freundschaften, der Teu-heufel, uns seinerzeit zu gegenseitiger Feindschaft trieb. Doch dass Ihr heute gekommen seid, ist für uns alle ein Zeichen, dass aus Feinden auch wieder Freunde werden können.“
Erneut erdröhnten die Schilde.
„Eines jedoch bedenkt“, fuhr Amaury selbstgefällig fort, als wieder Ruhe eingekehrt war: „Ihr sitzt hier nicht über uns zu Gericht!
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