Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)
Gotteszeichen, bis es zerschmettert war. Ein infernalisches Triumphgeheul folgte, als ob Lavaur mit der Zerstörung des Kreuzes bereits den Sieg errungen hätte.
Montfort schwor bittere Rache und setzte alles auf eine „Katze“. Der Archidiakon von Paris, ein fleißiger, vom Glauben entflammter Mann, der fast täglich vor dem Heer predigte und Sammlungen organisierte, hatte Druck gemacht und die Zimmerleute unterwiesen, einen solchen Cattus zu bauen - eine riesige, fahrbare Schutzhütte zur Deckung für die Rammböcke und für Minierarbeiten.
Noch am Tag ihrer Fertigstellung ließ Montfort sie so nahe wie möglich an den Wehrgraben heranziehen und den Graben selbst mit Holz und Zweigen auffüllen.
Doch die „Fei-hinde des Kreuzes“, wie Abt Amaury die nicht weniger erfindungsreiche Gegenseite nannte (es war allgemein bekannt, dass die Katharer das Kreuz als Glaubenssymbol ablehnten) warteten ebenfalls mit einer Überraschung auf: Sie krochen in der Nacht durch einen unterirdischen Gang, den sie zuvor heimlich gegraben hatten, fischten mit langen Haken das Holz und die Zweige aus dem Graben und schafften es auf ihre Seite.
Vergeblich versuchten Montforts Soldaten die dunklen Schatten, die sich im Mondschein mit großer Geschicklichkeit im und am Rande des Grabens bewegten, mit ebensolchen Haken zu sich herüberzuziehen.
Wütend über den neuerlichen Misserfolg ordnete Montfort am nächsten Morgen an, den Wehrgraben wieder aufzufüllen und zugleich die Katapulte zu betätigen: Das Hornsignal für den Angriff erklang, kaum dass es hell geworden war. Trommeln wirbelten. Ein ohrenbetäubendes Krachen, als das erste Geschoss auf die Mauern von Lavaur knallte. Die dicke Staubwolke zog sich bis weit in beide Lager hinein. Dann folgten Einschlag auf Einschlag und Pfeilschauer von drüben ohne Ende.
Gegen Abend glaubte Montfort erstmals an einen feindlichen Zauber: Die Mauern Lavaurs hatten standgehalten, doch der Pfeilregen war von einem Herzschlag zum anderen abgebrochen, die Verteidiger verschwunden. Die Kreuzfahrer legten sich auf Lauer. Und tatsächlich kamen nach Einbruch der Dunkelheit Montréals Leute wieder aus ihren Löchern gekrochen, um nun ihrerseits jede Menge Äste, Holz und Werg in den Graben zu werfen. Aus ihrer Deckung heraus schossen sie zugleich Brandpfeile ab, um mit einem großen Feuer die Katze zu zerstören.
Zwei aufmerksame Grafen alemannischer Herkunft, die von Anbeginn dabei waren, schlugen jedoch rechtzeitig Alarm und verhinderten das Schlimmste.
Bei der nächsten Lagebesprechung gab Montfort erstmals zu, dass er kaum noch Hoffnung hätte, Lavaur erobern zu können. „Wirklich jede List, die wir anwenden, wird von Montréal und seinen Faidits durchschaut. Der Feind ist auf alles vorbereitet.“
„Sitzt ein Verräter unter uns?“, fragte Amaury beunruhigt.
„Vermutlich. Wie sonst hätte Foix, der treuloseste aller Menschen, den Ort wissen können, an dem unser Nachschub erwartet wurde!“ Montfort rieb sich die Augen. Es ging ihm seit Tagen schlecht.
„Ich habe jemanden in Verdacht“, sagte Amaury geheimnisvoll. „Als der Graf der Lüge bei uns im Lager war und dem Grafen von Auxerre bittere Vorwürfe machte, den Tod des Trencavel betreffend, da ´flo-hog` über Auxerres Antlitz ein Hauch von Reue.“
„Ihr irrt Euch“, sagte Montfort müde. „Nicht Auxerre. An seiner Treue gibt es keinen Zweifel.“
Bischof Fulco gab Montfort recht „Aber vielleicht haben die Tempelritter einen Späher eingeschleust. Das ist ihnen doch zuzutrauen, nicht wahr, Graf?“
Montfort starrte zu Boden. Er wusste, worauf Fulco anspielte: Zwei Tage bevor sich der Bischof vergeblich nach Toulouse aufgemacht hatte, um Graf Raymond aus der Stadt zu jagen, war mit wehendem Habit und einem Vive Dieu Saint amour eine Abordnung der Tempelritter aus Golfech, einer in der Nähe gelegenen Kommandantur, ins Lager geritten. Leider waren sie nicht gekommen, um ihre Hilfe anzubieten, wie er, Montfort gehofft hatte, sondern sie hatten um Gnade für die Dame Giralda gebeten, die Burgherrin von Lavaur. Giraldas Sohn sei einer der ihren, hatten sie angeführt, und bürge für den rechten Glauben seiner Mutter.
„Man muss kein Prophet sein“, knurrte Montfort, „um vorherzusagen, dass ihnen ihr Hochmut eines Tages den Kopf kosten wird.“
Amaury, die Biene, hob die Hand: „Aber selbst wenn wir weissagen könnten wie Apollonius von Tyana“, sang er, „hülfe uns das im Falle von Lavaur nicht weiter.“ Er
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