Sancha ... : Das Tor der Myrrhe : Historischer Roman (German Edition)
zielen auf die Liebe hin!“, flüsterte sie inwendig, als wenn sich damit der Zauber noch verstärken ließe. Und um den Himmel zu besänftigen - was bei Zauberei keinesfalls vergessen werden durfte, wie ihr Zibelda eingeschärft hatte, schlug sie rasch das Kreuz und richtete ein stummes Gebet an die Madonna von Pilar.
Dann deckte sie sich auf und schloss erwartungsvoll die Augen.
Der gute Miraval hat recht, sinnierte Raymond von Toulouse, als er seinerseits sein Gemach - im anderen Flügel des gräflichen Schlosses gelegen - aufsuchte. Dass es bis heute kein vereinigtes okzitanisches Heer gab, war der Eitelkeit zu vieler Vasallen geschuldet, die nur auf ihren Vorteil sahen. Aber auch seinem Schwager Pedro war nie an einem starken Okzitanien gelegen, und wenn doch, dann natürlich unter aragónesischer Hand. Einzig Ramon von Foix und dessen Schwester hatten bereits vor Jahren ein pyrenäenübergreifendes Bündnis für zwingend notwendig erachtet. Doch er, Raymond, hatte gezögert. Gezögert und gezaudert. Ein Fehler, der sich jetzt bitter rächte.
Vorsichtig betastete Raymond seinen Leib. Nur nicht wieder aufregen! Die Schmerzen überfielen ihn nämlich nur, wenn er sich über die Maßen erzürnte oder schwere Kost zu sich nahm. Der Hypocras hatte ihm heute indes mehr als gutgetan, nach dem Lamm und der Camelinsoße.
„Sorgst du dich wieder um deinen Sohn?“, fragte Leonora leise aus dem Dunkel heraus.
Raymond erschrak. „Du schläfst noch nicht, meine Liebe?“
Spontan kroch er zu ihr hinüber, etwas, was er schon lange nicht mehr getan hatte. „Ich habe mir Roç vorhin noch einmal zur Brust genommen“, sagte er, eng an Leonoras Rücken geschmiegt, "ihm befohlen, heute Nacht endlich seine Pflicht zu tun. Wer nicht die Schlacht im Bett seiner eigenen Frau zu schlagen imstande ist, habe ich zu ihm gesagt, wird auch machtlos gegenüber dem Feinde sein!“
Überrascht drehte sich Leonora zu ihm um. Sie lächelte. „Und dabei sind dir wohl deine eigenen ... Pflichten wieder eingefallen?“
Raymond schmunzelte. „Nun, so schließ deine Augen, meine Liebste, und lass dich überraschen“, flüsterte er - verwundert, dass ihn der Nachttrunk heute nicht wie sonst müde, sondern über die Maßen munter gemacht hatte.
Ein feines Stöffchen, dachte er bei sich ...
Amaurys ausgefuchster Plan zur Eroberung Lavaurs führte tatsächlich zum Erfolg, doch erst, nachdem Bischof Fulco weitere Söldner ins Lager gebracht hatte. Sie hatten den Neumond abgewartet und dann in aller Heimlichkeit trockenes Holz und große Mengen an Fett und Werg in den unterirdischen Gang geschoben, aus dem die Leute von Lavaur für gewöhnlich gekrochen kamen, um ihre Ausfälle zu machen. Als das Feuer tüchtig brannte, schoben sie grünes Holz und unzählige Bündel mit Gras und unreifem Getreide hinterher. Der dicke Qualm, der dabei entstand, gewährte ihnen die Zeit, um den Graben aufzufüllen, über den sie dann in aller Eile den mit nassen Ochsenhäuten bedeckten Sturmkarren zogen. Zeitgleich hatte Montfort ein Schleuderwerfen und Schießen befohlen, ein Schwirren, Krachen, Trommeln und Geschrei, das von den Mineuren ablenken sollte, die unter dem Schutz der "Katze" die erste Bresche in die Mauern von Lavaur schlugen.
Am Morgen des nächsten Tages – die Sonne zeigte sich als drohender Purpurball, was die meisten Kreuzfahrer jedoch als gutes Omen betrachteten, war es so weit: Die ersten Soldaten zwängten sich durch den Mauerspalt, andere drängten nach, die Bresche wurde zusehends größer. Lavaur, die Stadt, die sich Satan zur Synagoge gemacht hatte, wie Amaury behauptete (weil sich hier seit dreißig Jahren der Sitz des katharischen Bischofs von Toulouse befand), wurde zur Beute freigegeben. Mit Gebrüll stürmten die Kreuzfahrer durch die Straßen und Gassen, plünderten und brandschatzten und machten nieder, wer ihnen in den Weg kam. Weil es keine ketzerischen Gotteshäuser gab - die katharische Kirche war eine rein geistige - zerstörten sie wie schon in Béziers die Kirchen der Katholiken und die Synagoge.
Huco von Lacy, Montforts Vertrauter, hatte zur Aufgabe, die Dame Giralda, ihren Bruder, den Edlen von Montréal, sowie dessen Faidits gefangenzunehmen. Selbst für Lacy war es ein befremdlicher Anblick gewesen, als er die Herrin der Stadt, gefesselt und an einer Stange hängend, durch Lavaur hatte tragen lassen. Nun legte er sie Montfort zu Füßen.
Noch immer an Händen und Füßen gebunden, zappelte Giralda auch auf
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