Saron
meinem Blickfeld verschwinden. Wenn ich mich beeile, bin ich vor Saron zurück und kann die Waffen wieder im Kamin verstauen. Saron wird gar nicht bemerken, dass ich weg war. Das wird das Beste sein … diesen Abend hat es nie gegeben! Als ich um eine Häuserecke biege, stoße ich mit jemandem zusammen. Ich will weitergehen und eine Entschuldigung murmeln, doch die Wörter bleiben mir im Hals stecken. Vor mir steht Jace! Ausgerechnet ihm musste ich jetzt in die Arme laufen. Ich Idiot!
„ Das ist … verdammt … ich dachte, du bist längst tot!“
Seine Stimme lässt mein Herz rasen … ich erinnere mich so gut an seine Stimme … wie er Cor angefeuert hat, es mir härter zu besorgen. Aber was letztendlich die Angst zurückdrängt und meine Wut aufflammen lässt, ist das, was Jace sagt: Ich dachte, du bist längst tot …
Ohne zu überlegen, balle ich meine Hände zu Fäusten. Die scharfen Klingenkrallen spannen sich eng um meine Finger. Dann weiche ich ein paar Schritte zurück und gehe in Angriffsstellung, wie ich es von Saron gelernt habe. „Ich bin zurück … nur für euch ...“ Ich klinge selbstbewusster, als ich mich innerlich fühle.
Jaces Gesichtsausdruck wechselt zwischen Spott und Unglauben. „Ich fasse es nicht … die kleine Blutjunkieschlampe will sich mit mir anlegen. Wenn ich das Cor und den anderen erzähle … ich schwöre dir, Baby … das nächste Mal wirst du wünschen, du wärst an diesem Abend wirklich gestorben!“
Er kommt auf mich zu, und ich lasse seine Hände nicht aus den Augen. Diese Hände, die meine Schenkel auseinandergerissen haben … Mit einem Mal fällt die Angst von mir ab. Stattdessen spüre ich jeden Muskel meines Körpers. Es ist, als würde eine Art Energie mich lenken … als würde ich beiseitetreten und für eine andere Leyla Platz machen. Ich hebe meine Hände mit den Krallenwaffen.
Jace betrachtet sie verächtlich. „Du glaubst doch nicht wirklich, dass du den Hauch einer Chance hast … nettes Spielzeug. Ich kenne nur einen Mutanten, der mit so etwas spielt.“
In dem Moment wird mir klar, dass Jace von Saron weiß. Und das bedeutet, dass er auf keinen Fall entkommen darf - denn das würde Saron in Schwierigkeiten bringen.
Ich lasse Jace nah an mich herankommen. Noch habe ich den Überraschungseffekt auf meiner Seite. Den will ich nutzen. Ohne eine Deckung aufzubauen, streckt Jace die Hand nach mir aus, als er nur noch zwei Schritte von mir entfernt ist. Ich hole mit der Kralle aus und versuche, ihm die Kehle aufzuschlitzen. Doch Jace weicht zurück und schützt seine Kehle mit dem Arm. Die Kralle schlitzt gerade mal den Stoff seiner Thermowaxjacke auf. Ungläubig starrt er mich an. „Wer hätte das gedacht? Die Schlampe hat gewisse Fähigkeiten.“
Ich verfluche mich selbst innerlich, denn jetzt ist Jace vorgewarnt. Noch einmal wird er es mir nicht so leicht machen.
Sein nächster Angriff ist längst nicht mehr so unbekümmert wie der Erste. Jace lässt mich nicht aus den Augen. Wir umkreisen uns, wie Saron und ich uns bei unserem Training umkreist haben. Ich bete darum, dass kein anderer Mutant uns bemerkt. Gegen zwei von denen habe ich keine Chance.
Jace packt meinen Arm und zieht mich zu sich. Ich stolpere vollkommen überrumpelt in Jaces Arme. „Jetzt bist du dran, Schätzchen.“
Er reißt mir die Kralle von der Hand, vergisst aber, dass ich an der anderen Hand auch eine trage. Jetzt oder nie! Wenn ich jetzt noch einmal einen Fehler mache, bin ich tot! Noch während Jace mich an sich presst, umarme ich ihn mit dem freien Arm und ramme ihm die Kralle ins Genick. Es gibt es hässliches Geräusch, dann lässt Jace mich los. Während er direkt vor meinen Füßen zusammenbricht, starren seine Augen mich ungläubig an. Ich kann meinen Blick nicht von dem leblosen Körper abwenden, obwohl mein Verstand mir sagt, dass ich schnellstmöglich verschwinden sollte, ehe ich gesehen werde. Als ich die Hand mit der Kralle betrachte, erkenne ich Jaces Blut darauf. Endlich löst sich meine Starre.
Ohne zu überlegen fange an zu rennen. Weg! Nur weg von hier! Ich habe gerade einen meiner Peiniger getötet! Was bisher nur ein heldenhafter Plan in meinem Kopf war, ist nun Realität … doch meine Rache fühlt sich nicht halb so gut an, wie in meiner Fantasie.
Während ich laufe, spüre ich die Kälte nicht mehr. Ich kann auch nicht mehr klar denken. Ich weiß nur, dass ich gerade einen Mutanten getötet habe. Ich habe gegen ein ungeschriebenes Gesetz verstoßen.
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