Schattenelf - 5 - Die Unterwerfung
betreffend, einzuspannen. So klug diese Pläne sein mochten, dem Mönch wollte es nicht recht behagen, dass Aydrian sich seinem Einfluss zu entziehen und die Dinge selbst in die Hand zu nehmen begann, offenbar ohne auch nur einen Gedanken an ihn zu verschwenden.
Er unterdrückte den hochkochenden Ärger, biss die Zähne zusammen und wandte sich Unterstützung heischend Sadye zu, die das Problem gewiss ebenso klar erkannte wie er.
Aber als er die zierliche, schöne Frau ansah, jene Frau, die ihm mit ihrer betörenden Musik und ihrer Klugheit, mit ihrem weizenfarbenen, mittlerweile schulterlangen Haar und diesen leuchtend grauen Augen das Herz gestohlen hatte, hielt er jählings inne.
Denn Sadye hielt zwar noch immer De’Unneros Arm fest, doch ihr Blick war nicht etwa auf ihn, sondern auf einen ganz anderen gerichtet. Wie gebannt stand sie da und verfolgte, einen versonnenen Ausdruck im Gesicht, mit den Augen jede einzelne Bewegung von … Aydrian Boudabras.
»Wir werden nach Vanguard reisen und dort meinen Onkel, den Prinzen, aufsuchen«, erklärte Torrence Pemblebury dem neben ihm sitzenden Mann, einem jener fünf Soldaten, die beschlossen hatten, Ursal an der Seite des von seiner Rolle als König im Wartestand entbundenen Mannes zu verlassen.
»Vielleicht wäre es klug, sich in Vanguard eine neue Heimat zu suchen«, erwiderte der Mann, Prynnius mit Namen, der einzige Ritter der Allhearts, der seinen Abschied vom Hof des neuen Königs Aydrian genommen hatte. Prynnius war in der Frühphase seiner Ausbildung zum Allheart einer der wichtigsten Lehrer von Torrence’ älterem Bruder Merwick gewesen. Trotz seiner engen Freundschaft zu Herzog Kalas war ihm Merwicks Ermordung unerträglich, und er brachte es einfach nicht über sich, dem neuen König des Bärenreiches den Treueid zu schwören. »Weit weg von Ursal und dem Hof Aydrians. Weit weg von den Allhearts und Herzog Kalas und den unruhigen Zeiten, die in Kürze über die abellikanische Kirche hereinbrechen werden.«
»Aus Euren Worten spricht die Hoffnung, dass Aydrians Arm nicht bis dorthin reichen wird.«
»Er wird es nicht wagen, in Vanguard einzufallen«, erwiderte Prynnius. »Ich kenne Prinz Midalis gut. Er wird Aydrian kaum mit offenen Armen empfangen – das ganz gewiss nicht –, denn er verkörpert die größte Gefahr für die Rechtmäßigkeit von Aydrians Herrschaft. Jeder im gesamten Königreich weiß, dass eigentlich Midalis Danubes Nachfolger hätte werden sollen.«
»Unmittelbar gefolgt von Merwick und dahinter von mir«, pflichtete Torrence ihm bei. »Und doch gewährt mir der neue König freies Geleit und erlaubt mir, Ursal zu verlassen.«
»Seine persönliche Söldnerarmee wird gut bezahlt, und nun hat er auch noch den größten Teil der Armee aus Danubes Bärenreich hinzugewonnen, eben jene Armee, die Ihr benötigen würdet, wenn Ihr gegen ihn Krieg führen wolltet«, erwiderte Prynnius. »Vielleicht sieht er Euch momentan nicht als Gefahr, und vielleicht tätet Ihr – wir beide – gut daran, ihn in diesem Glauben zu lassen.«
»Damit der Vorteil der Überraschung für uns umso größer ist, wenn wir schließlich doch zurückschlagen?«, hakte Torrence augenblicklich nach.
»Damit wir beide länger leben«, korrigierte ihn Prynnius. »Ihr solltet Euren Anspruch auf den Thron erst einmal zurückstellen, Prinz Torrence, wenigstens im Stillen, für Euch selbst. Ihr seid derzeit nicht stark genug, um es mit König Aydrian aufzunehmen.«
Torrence lehnte sich zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und machte ein verdrießliches Gesicht. »Ihr denkt, er hat bereits gewonnen«, stellte der junge Mann unumwunden fest.
»Hat er auch«, bestätigte Prynnius, worauf Torrence ihn verärgert ansah. »Er hat Ursal in seiner Gewalt und außerdem die Allhearts. Er kontrolliert das gesamte Land bis hinunter nach Entel und ans Meer, außerdem weiß er Bretherford und die Flotte auf seiner Seite. Das Bärenreich gehört ihm, fürchte ich, und ich sehe keine Möglichkeit –« Er hielt inne, als die Kutsche mit einem Ruck stehen blieb. Vorne, auf dem Bock, hörten sie den Kutscher jemanden anbrüllen, er solle die Straße freigeben.
Prynnius beugte sich vor und steckte den Kopf zum Kutschenfenster hinaus.
»Gebt den Weg frei, Leute!«, brüllte der Kutscher. »Wisst ihr nicht, wen ich befördere, ihr dämlichen Wegelagerer!«
»Wegelagerer!«, wunderte sich Torrence und rutschte auf seinem Sitz nach vorn. Er stockte jedoch sofort, als er
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