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Schattenkinder - im Zentrum der Macht

Schattenkinder - im Zentrum der Macht

Titel: Schattenkinder - im Zentrum der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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nicht wäre, dann wäre Lee jetzt tot
, dachte er mit einem Gefühl, das ihm so fremd war, dass er es kaum benennen konnte. Stolz. Er fühlte sich stolz. Und, lateinischesFeigheitsmotto hin oder her, er hatte ein Recht darauf, stolz zu sein.
    Treys mutige Tat – bisher die einzige in seinem Leben – hatte darin bestanden, Lee in der vergangenen Nacht das Leben zu retten.
    Unter den Stolz mischten sich verschiedene andere Gefühle, die Trey bisher noch nicht hatte ergründen können. Er spürte, wie sich die Muskeln in seinen Beinen anspannten, als erinnerten sie sich ebenfalls an die vergangene Nacht; daran, wie sie im letzten Augenblick vorwärts gehechtet waren, um Lee zur Seite zu stoßen, nur Sekunden vor der Explosion aus Glas, genau dort, wo Lee gerade noch gestanden hatte . . .
    Es ist leichter, mutig zu sein, wenn einem die Zeit fehlt, über die Alternativen nachzudenken
, dachte Trey.
Anders als jetzt
.
    Hier draußen im Freien gab es unzählige Alternativen. Diejenigen, die ihm am besten gefielen, drehten sich darum, dass er sich versteckte. Wie schnell konnte er im Notfall zum Auto zurückrennen? Würde die Baumgruppe dort ein gutes Versteck abgeben? Würde er außer Sichtweite sein, wenn er sich zwischen den riesigen Blumenkübel und die Wand des Talbot-Hauses quetschte?
    Trey zwang sich weiterzugehen. Es war wie ein Wunder, als er schließlich die vordere Veranda erreichte. Sehnsüchtig sah er zum Blumenkübel hinüber, überwand sich aber und drückte einen Finger auf die Klingel.
    Ganz schwach vernahm er die Melodie eines bekannten Lieds, die als Klingelton von drinnen ertönte. Niemand rührte sich. Er gönnte sich einen Moment, um den Türklop fer aus Messing mit der eleganten Gravur GEORGE A.   TALBOT, ESQUIRE zu bewundern. Es rührte sich immer noch niemand.
    Pech gehabt
, dachte Trey,
also zurück zum Wagen
. Doch seine Beine versagten ihm den Dienst. Die Vorstellung, über das ganze offene Gelände zurücklaufen zu müssen, war ihm unerträglich. Noch einmal drückte er auf die Klingel.
    Diesmal ging die Tür auf.
    Trey wurde zwischen Erleichterung und Panik hin- und hergeworfen. Doch die Erleichterung gewann die Oberhand, als er auf der anderen Seite der Türschwelle das vertraute Gesicht von Mr Talbot erblickte.
Siehst du, war doch gar nicht so schlimm
, sagte er sich.
Ich bin bis hierher gelaufen, ohne dass mir auch nur die Beine gezittert haben. Das musst du mir erst einmal nachmachen, Nina! Ich bin mutiger als du!
    Trey begann zu überlegen, was er Mr Talbot ausrichten sollte. Er hatte sich darüber bisher noch keine Gedanken gemacht. Worte fielen ihm um vieles leichter als Taten.
    »Ich bin ja so froh, dass Sie zu Hause sind, Mr Talbot«, setzte er an. »Sie werden nicht glauben, was passiert ist. Wir sind gerade   –«
    Doch Mr Talbot schnitt ihm das Wort ab.
    »Nein, ich will wirklich nichts kaufen, um Ihre Schulmannschaft zu unterstützen«, sagte er. »Bitte kommen Sie
nicht
wieder her. Richten Sie Ihren Mannschaftskollegen aus, dass Betteln und Hausieren bei uns verboten ist. Sehen Sie denn nicht, dass ich ein viel beschäftigter Mann bin?«
    Wie ein drohendes Ausrufezeichen erschien zwischen Mr Talbots Brauen eine tiefe Furche.
    »Aber, Mr Talbot   – Ich bin doch gar kein – Ich bin   –«
    Zu spät. Direkt vor Treys Nase fiel die Tür krachend ins Schloss.
    »–   Trey«, endete er mit einem Flüstern, das nur die Tür hö ren konnte.
    Er erinnert sich nicht mehr an mich
, dachte Trey. Das war nicht weiter verwunderlich. Immer wenn Mr Talbot der Hendricks-Schule, deren Schüler Trey und Lee waren, einen Besuch abgestattet hatte, war Trey im Hintergrund geblieben, kaum auffälliger als die Tapete an der Wand.
    Lee dagegen hatte jedes Mal im Zentrum des Geschehens gestanden, er hatte mit Mr Talbot geredet, gelacht und war mit ihm fein essen gegangen.
    Lee hätte Mr Talbot bestimmt nicht die Türe vor der Nase zugeschlagen
, dachte Trey. War er auch darauf eifersüchtig?
Nein. Ich wünschte nur, Lee wäre jetzt hier und könnte mit Mr Talbot reden
.
    Trey seufzte und versuchte all seinen Mut zusammenzunehmen, um noch einmal auf die Klingel zu drücken.
    Doch dann geschahen zwei Dinge in unmittelbarer Folge.
    Als Erstes schoss unter dem Haus – aus einer verborgenen Garage, wie Trey vermutete – ein Wagen heraus. Er war schwarz und lang und wirkte sehr offiziell. Mit quietschenden Reifen brauste er um die Kurven der Zufahrt. Vorn im Wagen sah Trey zwei uniformierte

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