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Schnapsdrosseln

Schnapsdrosseln

Titel: Schnapsdrosseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Trinkaus
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sagte sie. »Ich rechtfertige mich schon wieder. Irgendwie ist es verdammt schwer, sich das abzugewöhnen.«
    »Was ist mit Anna? Warum denkt sie, dass ausgerechnet Sie wissen, wo Norbert ist?«
    »Ich habe keine Ahnung. Ich weiß, dass sie eifersüchtig war, weil Norbert so viel Zeit hier verbrachte. Aber ich kenne sie im Grunde ja kaum. Ich weiß nicht, was in ihr vorgeht.«
    »Und Bernds Frau? War die auch eifersüchtig?«
    Stefanie zuckte die Schultern. »Maxi? Ich weiß nicht. Ich kannte sie früher flüchtig. Die Eisprinzessin, so haben wir sie immer genannt. Das war unfair. Sie hatte es auch nicht leicht. Aber wenn Maxi sich zu so niederen Gefühlen wie Eifersucht hinreißen lässt, dann hängt sie das sicher nicht an die große Glocke.«
    Britta räusperte sich. »Aber es gab keinen Grund … für Eifersucht, meine ich?«
    Stefanie zögerte. »Es gibt Dinge, die man offenbar nie loswird. Norbert war damals in mich verliebt. Und Bernd auch. So war das nun mal. Bernd und ich hatten eine Beziehung – nicht lange, dazu war ich gar nicht imstande. Es war schwierig, aber wir haben das geklärt. Es hat keine Rolle mehr gespielt. Es ist über zwanzig Jahre her.« Sie schien nach Worten zu suchen. »Ich wollte nie … ich wollte nur das wieder aufbauen, was wichtig war. Unsere Freundschaft. Mehr nicht!« Ihr Ton ließ keinen Zweifel, dass das Thema damit für sie beendet war.
    »Und Sie haben keine Ahnung, wo er sich versteckt? Norbert, meine ich? Bei allem Verständnis – aber Anna ist fix und fertig, und er verhält sich wirklich unklug.«
    »Reden Sie mir ins Gewissen?« Stefanie runzelte die Stirn.
    »Natürlich nicht. Ich meine nur …«
    Karl kläffte leise im Schlaf, seine langen Hinterläufe begannen zu zucken. Es war enorm beruhigend, einem so großen Hund beim Schlafen zuzusehen, dachte Britta.
    Stefanie folgte ihrem Blick. »Es gibt Momente, in denen bin ich absolut sicher, dass es eine gute Idee war, zurückzukommen.« Sie räusperte sich. »Hören Sie, es klingt hart, aber ich kann es nur so sagen: Ich will mit der Sache nichts zu tun haben. Ich bin traurig, dass Bernd tot ist. Aber ich habe keine Ahnung, was passiert ist. Anna hat recht, Sie haben recht. Norbert muss sich stellen. Alles andere ist Unsinn. Er ist unschuldig. Das weiß ich mit absoluter Gewissheit. Er hätte Bernd nie etwas antun können.«
    »Aber warum ist er abgehauen? Warum versteckt er sich?«
    »Warum laufen Menschen weg?« Stefanie trank einen Schluck Kaffee. »Sie haben Anna doch erlebt. Vielleicht können Sie ihre Schlüsse ziehen.«
    »Sie ist verzweifelt«, wandte Britta ein. »Sie ist verrückt vor Angst.«
    »Anna ist immer verzweifelt. Das liegt in ihrer Natur. Aber das geht mich nichts an.« Stefanie griff erneut nach ihrem Becher, trank den letzten Schluck. »Mehr kann ich Ihnen nicht sagen. Ich bin einfach nur eine verkorkste Frau mittleren Alters, die versucht, sich einen Traum zu erfüllen.« Sie sah auf die Uhr. »Und wenn ich jetzt weiter hier hocke und plaudere, dann hat es sich bald ausgeträumt. Ich muss jetzt wirklich was tun.«
    »Natürlich.« Britta erhob sich zögernd und griff nach der Leine. Das leise Klirren des Karabiners weckte Louis. Er schüttelte sich, kam zu ihr gelaufen.
    »Da sehen Sie es«, sagte Stefanie. »Er kann Sie sehr gut leiden.«
    Louis kläffte freudig.
    »Ich hätte noch zwei Vorschläge«, sagte Stefanie. »Zum einen sollten wir uns langsam duzen, oder? Ich habe Ihnen gerade meine Lebensgeschichte erzählt. Ich denke, wir sind so weit.« Sie lächelte. »Und wenn du keine Einwände hast, wie wäre es mit einem Spaziergang heute Nachmittag? Anna hat uns ja die Stunde ein bisschen zerschossen – die Stunde, die ich natürlich berechnen werde. Wir könnten mit den Hunden in den Wald gehen. Hättest du Lust?«
    »Absolut«, sagte Britta. »Ich freue mich!« Und das tat sie. Das tat sie wirklich.
    Sogar die paar Meter von der Auffahrt bis zur Haustür kamen Maxi endlos vor. Sie fühlte sich schwach vor Scham und leerer Trauer. Sie wollte weg sein, unsichtbar, irgendwo, in Sicherheit. Sie öffnete die Wagentür, stieg aus. Ihr wurde schwindelig, kurz senkte sich Schwärze vor ihre Augen. Sie hielt sich am Auto fest.
    »Maxi, was ist denn mit dir?«
    Nein, dachte sie, nicht jetzt. Sie wollte niemanden sehen. Schon gar nicht ihren Vater. Sein Ton war freundlich, fast liebevoll, aufgesetzt, dachte sie. Sie sah ihn an, sah akkurat geschnittene Haare, ein gebräuntes Gesicht. Sie sah einen Mann,

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