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Schweineblut

Schweineblut

Titel: Schweineblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Küsters
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machen Sie denn die Fotos?« Jan Kuhnert stellte sich so zu
dem Angesprochenen, dass er ihm den möglichen Fluchtweg versperren konnte.
    Der Mann trat unwillkürlich einen Schritt zurück. »Ich habe nichts
Verbotenes getan.«
    »Das unterstellt Ihnen auch niemand.« Ecki streckte seine Hand aus.
»Sie haben doch sicher Ihren Ausweis dabei.«
    »Ich habe ihn gleich. Immer, wenn man ihn braucht, findet man ihn
nicht.« Der Mann sprach mit Akzent. Eilfertig begann er in seinen Taschen zu
suchen.
    »Sie sind Niederländer?« Ecki merkte die innere Anspannung.
    »Ja. Aber ich wohne schon seit dreißig Jahren hier im Ort. Das
heißt, ik ben weggezogen«, er verbesserte sich, »ich bin umgezogen nach
Neu-Otzenrath. Wie viele hier.«
    Der Niederländer hatte seinen Ausweis und seinen Führerschein
gefunden und hielt Ecki die Papiere hin. »Sehen Sie, Herr Kommissar, ich habe
meine Frau hier kennengelernt, als ich drüben gearbeitet habe. Das waren
turbulente Zeiten. Ganze Güterzüge haben wir mit Kartoffeln beladen und durch
halb Europa geschickt. Alles vorbei.«
    Ecki reichte die Papiere an Jan Kuhnert weiter, der sich mit ihnen
entfernte, um sie zu überprüfen.
    »Ich fotografiere hier schon ein paar Jahre lang. Ich will das
Andenken an dieses Dorf, mein Dorf, bewahren. Ich war dabei, als das erste Haus
geräumt wurde und als hinten die Bagger die schöne Kirche eingerissen haben. Es
geht so schnell, dass man sich schon bald nicht mehr an die Fassade eines
bestimmten Hauses erinnern kann, an den Stuck, die Farbe oder die Art der
Fenster. Schrecklich. Aber ich habe alles aufgenommen. Ein paar Tausend Fotos.
Meine Frau schimpft schon.«
    »Ich verstehe. Ein Kollege von mir hat hier seinen Probenraum
gehabt.«
    »Etwa diese Bluesband? Die waren ja im ganzen Dorf bekannt. Nette
Kerle. Ein bisschen verrückt vielleicht. Wir haben uns manchmal unterhalten,
wenn wir uns auf der Straße getroffen haben. Das Haus ist auch schon längst
abgerissen.«
    Kuhnert kam wieder und gab ihm die Papiere zurück. »Vielen Dank,
Herr Tophoven.«
    »Danke. Wenn ich fragen darf, was machen Sie hier?«
    »Eine Übung unserer Kriminaltechnik.«
    »Interessant. Darf ich vielleicht ein bisschen näher gehen? Ich
würde gerne Fotos machen. So etwas bekommt man nicht alle Tage geboten. Sie
waren schon mal hier, nicht?«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Habe ich beim Bäcker gehört. Und wonach suchen Sie?«
    »Wir nehmen Bodenproben und überprüfen sie.«
    »Mit so einem Aufwand?«
    Langsam wurde der Fotograf lästig. Ecki räusperte sich. »Eine ganz
andere Frage: Wenn Sie so oft mit Ihrem Fotoapparat unterwegs sind, dann kommen
Sie doch bestimmt regelmäßig auch hier vorbei?«
    Der Mann nickte.
    »Wir wissen nur, dass es hier eine ganze Reihe kleiner Betriebe
gegeben hat.«
    »Ja ja, das macht die Bergbaufirma immer. Solange nicht abgerissen
wird, können einige Objekte gemietet werden. Hier war so einiges. Sogar ein
Puff. Erzählt man sich jedenfalls. Also, ich selbst war nicht dort.«
    Ecki musste schmunzeln. »Ist Ihnen trotzdem etwas aufgefallen? Im
Vorbeifahren vielleicht?«
    »Das Gelände ist so verwinkelt, da kann man wenig erkennen. Na ja.
Abends stehen manchmal Fahrzeuge am Eingang.«
    »Was für Fahrzeuge? Lieferwagen? Traktoren?«
    »Nein, keine Traktoren.« Tophoven winkte ab. »Lieferwagen.«
    »Die parken dann da?«
    »Nein. Sie warten, bis ihnen jemand das Tor aufmacht.«
    »Sie sind dann stehen geblieben und haben die Autos fotografiert?«
    »Nein, um Himmels willen. Ich möchte nicht, dass man mich für einen
Spanner hält. Nein. Ich bin meist nur vorbeigefahren und habe die Autos aus dem
Wagen heraus beobachtet.«
    »Sie sagten ›meist‹?«
    »Na ja, wenn ich schon mal zu Fuß unterwegs war, abends, um das
Baggerloch zu fotografieren, die vielen Lichter und das Schaufelrad, dann habe
ich natürlich auch von der Lagerhalle an den Schienen aus ein paar Fotos
gemacht.«
    Kuhnert horchte auf. »Sie müssen wirklich eine große Sammlung
haben.«
    »Fotografieren Sie auch?«
    »Nein. Leider. Aber mein Kollege, hier, der Herr Eckers, fotografiert
für sein Leben gern.« Kuhnert nahm eine Hand aus seiner Winterjacke und deutete
auf Ecki.
    Ecki wollte schon protestieren, als ihm klar wurde, was Kuhnert
wollte. »Sie können mir Ihre Fotos ja mal zeigen. Ich kann immer Tipps
gebrauchen. Man lernt doch nie aus.«
    Tophoven strahlte über das ganze Gesicht. Aufgeregt kramte er in
seiner Jacke, bis ihm etwas einfiel. »Ach ja, im Auto.«

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