Sehnsucht unter suedlicher Sonne
Folgen einer schweren Grippe gestorben – kurz vor Abschluss des Manuskripts von Rätsel der Vergangenheit. Es war tröstlich, dass sie die ersten Fahnenabzüge noch gelesen und wertvolle Hinweise gegeben hatte, auf die Genevieve klugerweise eingegangen war. Maggie sagte heute noch, dass Michelle eine bessere Lektorin geworden wäre als sie selbst – und sie war eine der Besten.
Genevieve hatte die Absicht gehabt, Rätsel der Vergangenheit unter ihrem eigenen Namen zu veröffentlichen, aber mit dem Tod ihrer Großmutter war das hinfällig geworden. Ihre Leserinnen kannten sie jetzt unter dem Namen Michelle Laurent.
Nach dem Tod ihrer Mutter – fünf Autos waren auf dem Highway ineinander gerast – hatte ihr Dad sie in Michelles Obhut gegeben. Damals war sie zehn Jahre alt gewesen. Ihr verzweifelter Vater hatte die Einsamkeit nicht lange ertragen und nach wenigen Jahren Sable Carville geheiratet, ein Partygirl aus der Schickeria. Sable hatte eine kleine Tochter mit in die Ehe gebracht – die an Shirley Temple erinnernde Carrie-Anne, die bald ebenfalls den Namen ihres Stiefvaters annahm.
Seitdem gab es zwei Grenville-Mädchen: Genevieve und Carrie-Anne. Die eine groß und etwas schlaksig, mit üppigem rotem Haar und Sommersprossen, die andere klein und zierlich und von ihrer modebewussten Mutter immer sorgfältig herausgeputzt. Ihre Stieftochter hatte Sable weniger beachtet. Welchen Sinn hätte das bei einem Mädchen gehabt, das man nicht einmal hübsch nennen konnte? Nur ihr Vater, ein stadtbekannter Staranwalt, hatte vorausgesehen, dass aus dem hässlichen jungen Entlein einmal ein stolzer Schwan werden würde.
Genevieves Großeltern mütterlicherseits kamen nur noch selten nach Australien. Nach dem Tod ihrer einzigen Tochter waren sie Weltenbummler geworden, die es nirgendwo länger aushielten. Das war ihre Art, den Verlust ihrer Tochter und die Erinnerung an andere Familientragödien, die bereits Jahrzehnte zurücklagen, zu ertragen.
Maggie öffnete die Tür zu ihrem Büro, nickte den beiden wartenden Hoffnungsträgern zu und winkte Genevieve herein. „Kommen Sie, Gena.“
Das Büro der Lektorin war ihrem beruflichen Erfolg entsprechend sehr geräumig. Der Fußboden war in dezentem Beige ausgelegt, mit einem kostbaren orientalischen Teppich in der Mitte. Der imposante Mahagonischreibtisch hatte geschwungene Beine. Davor standen zwei helle Ledersessel. Außerdem gab es eine Sitzecke mit einem Sofa und zwei weiteren Sesseln, die um einen niedrigen Glastisch gruppiert waren.
Über dem Schreibtisch hing das große Porträt eines ungewöhnlich gut aussehenden Mannes, der Maggie praktisch über die Schulter sah. Sie ließ die meisten Besucher in dem Glauben, dass es sich um das Abbild eines Verwandten handelte. Nur Genevieve hatte sie nach zwei Drinks einmal anvertraut, dass sie das Gemälde gekauft habe, weil es sie an Sir Richard Hadlee, den berühmten neuseeländischen Kricketspieler, in seiner Blütezeit erinnere. Genevieve hatte versprechen müssen, das Geheimnis für sich zu behalten.
Mit einer großartigen Geste, die alles bedeuten konnte, setzte sich Maggie an ihren Schreibtisch, auf dem sich die Manuskripte häuften. Genevieve war es ein Rätsel, wie Maggie in dieser Unordnung arbeiten konnte. Sie nahm in einem der beiden Ledersessel Platz und stellte ihre Tasche neben sich auf den Boden.
Maggie griff nach ihrer Brille, die sie aus Eitelkeit nie in der Öffentlichkeit trug. „Das wird eine Sensation“, sagte sie und schlug mit der Hand leicht auf das Manuskript, das vor ihr lag. „Ich habe es genossen, und das werden Ihre Leserinnen auch tun. Es ist eine aufregende Geschichte, sehr romantisch und manchmal zu Herzen gehend. Dazu Ihr erstaunlicher Scharfblick, die raffinierten Wendungen …“
Genevieve fiel ein Stein vom Herzen. „Ich freue mich, dass es Ihnen gefällt, Maggie. Vieles verdanke ich Ihnen.“
„Vielleicht ein bisschen“, gab Maggie zu, „aber Sie haben wirklich großes Talent und sind zum Schreiben geboren.“
„Ich erinnere mich, dass ich schon als Kind den Hang dazu hatte.“
„Bestimmt, meine Liebe … das ist die Voraussetzung.“ Maggie sah auf und lächelte. Sie lächelte häufig im Gegensatz zu Rhoda. „Wie geht es jetzt weiter?“
Genevieve lehnte sich zurück. „Ich werde erst einmal eine Pause machen, Maggie … vielleicht ein halbes Jahr. Ich habe sehr konzentriert gearbeitet, wie Sie wissen, und muss Abstand gewinnen. Der Verlust meiner Großmutter
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