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Seuchenschiff

Seuchenschiff

Titel: Seuchenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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schaffen.«
    Die
Condor
war bis auf dreitausend Fuß gesunken, als sie die nördliche Küste Norwegens überquerten. Es war eine öde, hässliche Landschaft mit einer tobenden Brandung, die gegen steile Felsklippen und Inseln anstürmte. Nur ein paar Fischerdörfer klebten an den Klippen oder in den schmalen Buchten, wo sie sich mühsam von dem ernährten, was das Meer hergab.
    Ernst Kessler fasste neuen Mut. Nun, da sie sich wieder über dem Festland befanden, fühlte er sich irgendwie sicherer. Nicht dass sie einen Absturz auf das felsige Terrain unter ihnen überleben würden, aber auf dem Festland zu sterben, wo das Flugzeugwrack gefunden werden konnte und seine sterbliche Hülle anständig beerdigt würde, erschien ihm um vieles besser als ein einsamer Tod im Meer, wie die englischen Piloten, die er gerade abgeschossen hatte, ihn erleiden mussten.
    Das Schicksal wählte ausgerechnet diesen Moment, um der
Condor
die letzte Karte auszuteilen. Der äußere Backbordmotor, der die ganze Zeit mit halber Kraft gelaufen war und das Aufklärungsflugzeug im Gleichgewicht und auf Kurs gehalten hatte, gab keinerlei Warnzeichen. Er blieb so abrupt stehen, dass sich der Propeller von einer rotierenden Scheibe, die für Stabilität sorgte, in eine starre Skulptur aus glänzendem Metall verwandelte, die einen enormen Luftwiderstand aufbaute.
    Im Cockpit stellte Lichtermann abrupt das Seitenruder auf, um zu verhindern, dass die
Condor
ins Trudeln geriet. Der Schub von der Steuerbordtragfläche und der gleichzeitig einsetzende Luftwiderstand auf der Backbordseite machten ein Lenken des Flugzeugs unmöglich. Es wollte nichts anderes als nach links abkippen und in den Sturzflug gehen.
    Kessler wurde heftig gegen seine Gewehrhalterung geschleudert, und ein Munitionsgurt wickelte sich wie eine Peitschenschnur um ihn herum. Er krachte so gegen sein Gesicht, dass ihm die Sicht genommen wurde und Blut aus beiden Nasenlöchern spritzte. Das Gurtende kam wieder zurück und hätte ihn seitlich am Kopf erwischt, wenn er sich nicht geduckt und den breiten Riemen mit den funkelnden Messingpatronen gegen eine Kabinenwand gepresst hätte.
    Lichtermann hielt das Flugzeug zwar noch für einige Sekunden auf Kurs, doch er wusste, dass es ein aussichtsloser Kampf war. Die
Condor
war zu sehr aus dem Gleichgewicht geraten. Wenn er auch nur halbwegs sicher landen wollte, musste er Schub und Luftwiderstand ausgleichen. Er streckte seine behandschuhte Hand aus, um die Steuerbordmotoren auszuschalten. Diese quittierten schnell den Dienst. Der stehende Propeller erzeugte zusätzlichen Widerstand an Backbord, aber Lichtermann konnte diesen Gegendruck mindern, während sich seine Maschine in einen überdimensionalen Segler verwandelte.
    »Kessler, kommen Sie rauf, und schnallen Sie sich an«, brüllte Lichtermann über die Bordsprechanlage. »Wir fallen gleich runter!«
    Die Maschine schoss über einen Berg, der einen Fjord mit einem kleinen Gletscher am Ende abschirmte. Das helle, glitzernde Eis bildete einen scharfen Kontrast zum schwarzen Fels.
    Ernst Kessler hatte die Schultergurte abgestreift und bückte sich gerade, um aus der Schützenkanzel herauszukriechen, als etwas tief unter ihm seine Aufmerksamkeit erregte. Tief in der Schlucht des Fjords befand sich ein Gebäude, das teilweise auf dem Gletscher stand. Oder vielleicht war es auch etwas so Altes, dass der Gletscher im Begriff war, es unter sich zu begraben. Es war schwierig, mit einem derart kurzen Blick seine Dimensionen zu bestimmen, aber es sah ziemlich groß aus, vielleicht so etwas wie ein Vorratshaus der Wikinger.
    »Herr Hauptmann«, rief Kessler. »Hinter uns. In diesem Fjord. Da steht ein Gebäude. Ich glaube, wir können auf dem Eis landen.«
    Lichtermann hatte nichts Derartiges gesehen, aber Kessler schaute nach hinten und hatte daher einen ungehinderten Blick in den Fjord.
    »Sind Sie sicher?«, brüllte er zurück.
    »Ja, Herr Hauptmann. Der Bau stand am Gletscherrand. Ich konnte es im Mondlicht deutlich erkennen. Dort befindet sich ganz eindeutig ein Gebäude.«
    Ohne Antrieb hatte Lichtermann nur einen einzigen Versuch, um das Flugzeug heil nach unten zu bringen und zu landen. Er war sicher, dass – wenn er es draußen im freien Gelände versuchte – er und seine restlichen beiden Mannschaftsmitglieder bei der Bruchlandung den Tod finden würden. Auf einem Gletscher zu landen wäre sicher auch kein Spaziergang, aber zumindest hätten sie dort die Chance, mit dem Leben

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