Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Silbermantel

Titel: Silbermantel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
Vom Netzwerk:
Leuten nichts zu tun.«
    »Sie sind allzu schnell bei der Hand, sich von Freundschaften loszusagen, Dave Martyniuk«, hielt ihm Marcus vor. »Aber«, fuhr er nach einem Moment allgemeiner Erstarrung fort, »das tut hier nichts zur Sache – und um Ihnen das verständlich zu machen, muss ich mich zu erklären versuchen. Doch das ist nun schwerer denn je.« Er zögerte, wieder mit der Hand am Bart.
    »Sie sind nicht Lorenzo Marcus, nicht wahr?« fragte Paul, ganz ruhig.
    In die nun folgende Stille hinein wandte sich der hochgewachsene Mann wieder an ihn. »Wie kommst du darauf?«
    Paul zuckte die Achseln. »Habe ich recht?« »Diese Prüfung war tatsächlich ein Fehler. Ja«, gab ihr Gastgeber zu, »du hast recht.« Dave blickte feindselig und zugleich ungläubig vom einen zum anderen. »Obwohl ich in gewisser Hinsicht doch Marcus bin – so gut wie jeder andere. Es gibt keinen anderen, der es sein könnte. Aber Marcus ist nicht meine wahre Identität.«
    »Wer sind Sie dann?« Es war Kim, die diese Frage stellte. Und sie erhielt darauf Antwort von einer Stimme, die plötzlich so unergründlich war wie ein Zauberwort.
    »Mein Name ist Loren. Die Menschen nennen mich Silbermantel. Ich bin ein Magier. Mein Freund ist Matt Sören, ehedem König der Zwerge. Wir kommen aus Paras Derval, wo Ailell herrscht in einer Welt, die nicht die eure ist.«
    In der erstarrten Stille, die diesen Worten folgte, spürte Kevin Laine, der in jeder Nacht seines bisherigen Lebens einem flüchtigen Bild nachgejagt war, wie eine wundersame Erregung von ihm Besitz ergriff. In die Stimme des alten Mannes war ungeheuerliche Macht verwoben, und sie war es, ebenso sehr wie die Worte selbst, die zu ihm durchdrang.
    »Allmächtiger Gott«, flüsterte er. »Paul, wie konntest du das wissen?«
    »Moment mal! Glaubst du etwa dieses Zeug?« Es war Dave Martyniuk, der da trotzig aufbegehrte. »In meinem ganzen Leben habe ich noch nicht so etwas Hirnrissiges gehört!« Er stellte sein Glas ab und war mit zwei Schritten schon halb an der Tür. »Dave, bitte!« Das hielt ihn auf. Mitten im Zimmer stehend drehte Dave sich langsam nach Jennifer Lowell um. »Geh nicht«, bat sie ihn. »Er hat doch gesagt, er braucht uns.«
    Ihre Augen, bemerkte er zum ersten Mal, waren grün. Er schüttelte den Kopf. »Was geht dich das an?«
    »Hast du es denn nicht gehört?« entgegnete sie. »Hast du denn nichts gespürt?«
    Er hatte nicht vor, diesen Leuten mitzuteilen, was er in der Stimme des alten Mannes vernommen haben mochte, aber noch ehe er das klarstellen konnte, meldete Kevin Laine sich zu Wort.
    »Dave, wir können es uns durchaus leisten, abzuwarten, was er uns zu sagen hat. Wenn die Sache gefährlich ist, oder komplett verrückt, dann können wir immer noch Reißaus nehmen.«
    Die Spitze in diesen Worten entging Dave nicht, auch nicht, was sie andeuteten. Doch er reagierte nicht darauf. Ohne den Blick von Jennifer abzuwenden, ging er hinüber und setzte sich neben sie auf die Couch. Kevin würdigte er keines Blickes.
    Nun herrschte Schweigen, und wieder war es Jennifer, die dem ein Ende machte. »Nun, Dr. Marcus, oder wie Sie auch immer genannt werden möchten, wir werden Sie anhören. Aber drücken Sie sich bitte deutlich aus. Mir ist nämlich inzwischen angst und bange.«
    Es ist nicht bekannt, ob Loren Silbermantel in diesem Augenblick eine Vision dessen hatte, was die Zukunft für Jennifer barg, aber er schenkte ihr einen Blick, der so herzlich war, wie es seinem sturmerprobten, aber immer noch grundgütigen Wesen möglich war. Und dann begann er zu erzählen.
     
    »Gefangen in den Schlingen und Wirbeln der Zeit«, führte er aus, »sind zahlreiche Welten. Sie überschneiden sich nur selten, und daher haben sie keine Kenntnis voneinander. Nur in Fionavar, der ersterschaffenen Welt, deren Bild die anderen allesamt unvollkommen widerspiegeln, wird das Wissen gesammelt und bewahrt, das vom Brückenschlag zwischen den Welten handelt – und selbst dort sind die Jahre nicht spurlos vorübergegangen an der uralten Weisheit. Wir haben den Übergang schon früher gewagt, Matt und ich, doch immer war er mit Schwierigkeiten verbunden, denn selbst in Fionavar ist manches in Vergessenheit geraten.«
    »Wie? Wie haben Sie den Übergang geschafft?« Das kam von Kevin.
    »Man kann es am einfachsten als Magie bezeichnen, obwohl mehr dazu gehört als bloße Zaubersprüche.«
    »Ihre Magie?« war Kevins nächste Frage. »Ja, ich bin ein Magier«, erklärte Loren. »Ich habe

Weitere Kostenlose Bücher