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Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition)

Titel: Später Frost: Der erste Fall für Ingrid Nyström und Stina Forss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Voosen , Kerstin Signe Danielsson
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JERUSALEM, 1948
    Langsam bewegte sich der Konvoi entlang der sandgelben Häuser. Der diesige Horizont Katamons begann im Schein der aufgehenden Sonne zu glühen. Henrik blinzelte verschlafen aus dem Autofenster. Sie waren hastig und ohne Frühstück aufgebrochen, nun war er hungrig und schälte eine der Orangen, die er in der Lobby eingesteckt hatte.
    Dort, wo er herkam, gab es die exotischen Früchte nur am Weihnachtsabend, vorausgesetzt, man kam aus einer Familie, die es sich leisten konnte. Winter für Winter hatte er sich die Nase am Schaufenster von Karlssons Feinkostladen platt gedrückt, bevor er zum ersten Mal einen Spalt der Frucht hatte kosten dürfen. Das war lange her. In einem anderen Leben, in einem anderen Land. Hier dagegen gab es Orangen wie Sand am Strand von Sunnanö. Und in dem großen Hotel, in dem sie wohnten, wurden die Früchte sogar zu Saft gepresst und den Gästen als Getränk serviert. Hatte man so etwas Verrücktes schon erlebt? Aber andererseits: Was war überhaupt normal in diesem seltsamen, fremden Landstrich, der sich gerade neu zu ordnen begann? Er sah vom Beifahrersitz in den Rückspiegel. Im Fond saß Wennerberg und sprach mit einem französischen Offizier. Auch wenn er selbst kein Wort verstand, wusste er, dass es um Politik ging. Das ging es immer. Verträge, Verhandlungen, Linien in der Wüste. Israel, Palästina, Jordanien. Die Engländer und die Vereinten Nationen. Er gab sich Mühe, alles zu begreifen, aber manchmal rauchte ihm einfach nur der Schädel.
    Der Wagen rumste durch ein Schlagloch. Henrik stieß sich den Kopf, Ferdinand, der Fahrer, fluchte. Am Straßenrand zogen Palmen und Kiefern vorbei. Die Kiefern mochte er, die gab es auch dort, wo er herkam. Dann wieder gelbe Gebäude, Sandstein, die ganze Stadt schien daraus gemacht zu sein, sogar die Grotte in Bethlehem, in der Jesus zur Welt gekommen war und die er am zweiten Tag nach seiner Ankunft hatte besichtigen dürfen. Drei Monate war das jetzt her.
    Die Sonne goss ihr Licht großzügig auf die staubige Straße, auf Dächer und die Fassaden der Häuser. Plötzlich hielt der Wagen an, die Fahrzeuge vor ihnen waren ebenfalls zum Stehen gekommen. »Militärkontrolle«, sagte Ferdinand, zuckte mit den Schultern und griff nach seinen Zigaretten. Nun sah Henrik es auch. Eine Gruppe uniformierter Männer hatte den Konvoi gestoppt. Sie gingen die Reihe der Fahrzeuge ab und schauten in die Autos hinein, Schattenrisse in gleißendem Gegenlicht. Ferdinand zündete sich eine Zigarette an. Henrik kannte die Marke, Ferdinand rauchte sie ständig. Auf der orangefarbenen Schachtel stand zwischen hebräischen Buchstaben das englische Wort »Sport«, dahinter war ein athletisch gebauter Läufer abgebildet. Er mochte das Aussehen der Zigarettenpackung, obwohl er selber nicht rauchte. Das Gespräch der beiden Männer im Fond war verstummt. Einer der Soldaten trat direkt neben ihren Wagen. In seiner Hand hielt er etwas, das aussah wie eine Fotografie. Er beugte sich vor, um in das Wageninnere sehen zu können. Reflexionen auf der Scheibe blendeten ihn. Aber dann erkannte er doch etwas. Seine Augen weiteten sich. Er rief etwas auf Hebräisch, aufgeregt.
    Henrik sah, wie er eine Waffe zog, danach krachte es, ohrenbetäubend. Im Fond des Wagens explodierte etwas. Dann noch einmal. Und noch einmal. Die letzte Explosion war ganz nah, beinahe so, als wäre etwas in ihm explodiert. Er spürte einen Blitz in seinem Arm. Das Letzte, das er wahrnahm, war das Blut, das aus ihm herauslief. Alles verschwand in Dunkelheit.

SCHWEDEN, HEUTE
    1
    Wie ein Raumschiff schwebte der Bahnhof von Växjö in der feuchten Kälte des späten Februarnachmittags. Scheinwerferkegel hoben das holzverkleidete Gebäude aus der Dämmerung, und nur eine Treppe aus Beton, die vom Bahnhofsvorplatz auf den Gleisübergang führte, schien den halbrunden, ufoförmigen Bau am Abheben zu hindern. Vor der Treppe stand Stina Forss und sah über den unwirtlichen Bahnhofsvorplatz hinweg in eine menschenleere Fußgängerzone. Außer ihr waren lediglich drei andere Reisende dem Zug entstiegen, vermummte Gestalten, die schnell in verschiedene Richtungen verschwunden waren. Sie fror und vergrub ihre Hände tiefer in den Taschen ihres Lodenmantels.
    Die zweitägige Zugreise von Berlin über Fehmarn durch Dänemark bis in die südschwedische Stadt Växjö war eine einzige Aneinanderreihung von Ärgernissen gewesen: Um den Fehmarnsund zwischen Deutschland und Dänemark zu überqueren, war

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