Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi
Außerdem kennst du ja die Medien … Wenn sie über ein Kapitalverbrechen zu spät informiert werden, ist schlechte Presse programmiert.« Er sah Bühler an und wies mit dem Kinn auf die Leinwand. »Lass uns lieber Gas geben. Zeig uns bitte, was wir haben.«
Bühler streckte die Hand mit der Fernbedienung aus und drückte eine Taste. Der Beamer warf das Passbild eines Mannes an die Leinwand. »Das Opfer«, sagte er. »Josef Strunke, sechzig, ehemaliger Eisenbahner im Vorruhestand. Er kam durch die Einwirkung stumpfer Gewalt ums Leben.«
Der Beamer wechselte das Bild. Es zeigte einen Mann in blauer Jogginghose und weißem Unterhemd, der ausgestreckt auf einem Plattenboden lag, das Gesicht seitwärts gewandt. Um seinen Kopf hatte sich eine dunkle Blutlache ausgebreitet.
»Genau genommen waren es zwei Schläge«, fuhr Bühler fort. »Der erste traf das Opfer an der Schläfe. Der zweite Schlag wurde Strunke versetzt, als er bereits am Boden lag. Auf den Hinterkopf.«
Das Bild zeigte die blutverkrustete Wunde.
»Die Folge: schwerer Schädelbasisbruch. Austritt von Gehirnflüssigkeit und Blut durch Mund, Nase und Ohren. Tatzeit zwischen halb fünf und halb sieben heute Morgen. Genaueres wird uns die Gerichtsmedizin sagen.«
Auf der Leinwand erschien eine Luftaufnahme. »Tatort ist die Kleingartenanlage am Nilkheimer Bahnhof. Das Radieschenparadies.«
Die Laubenkolonie im Grünen am Rande des Stadtteils Nilkheim hatte einen quadratischen Grundriss. Im Osten schnitt sie der Schienenstrang der Hafenbahn vom eigentlichen Siedlungsgebiet ab, im Süden trennte sie die Großostheimer Straße, eine Zufahrtsader zur Stadt, vom Nilkheimer Park und dem Mainufer. Im Westen ließ das Luftbild die Gehege der Kleintierzüchter erkennen und die Parkplätze im Winkel der beiden Anlagen. Dahinter schloss der Park Schönbusch an. Im Norden lag der alte Nilkheimer Bahnhof. Vom Haupteingang am Parkplatz und vom Seiteneingang am alten Bahnhof aus zog sich ein schachbrettartiges Muster von Wegen durch die Kleingartenanlage.
»Strunke wurde in Parzelle 68 erschlagen, die direkt am Vereinsheim im Zentrum der Anlage liegt.«
Bühler zoomte die Parzelle heran, zeigte dann Bilder vom Garten und der Laube. Spalierobstbäumchen säumten das Grundstück entlang eines niedrigen Maschendrahtzaunes. Die Beete waren sauber mit Rabattensteinen von einer kleinen Wiese abgetrennt, in deren Mitte ein sorgfältig geschnittener Kirschbaum stand; Fassade und Fensterläden des Gartenhäuschens waren frisch gestrichen. Die Regenrinne endete in einem Wassertank, der ebenso verschlossen war wie die Kompostbehälter an der Rückseite der Laube. Es folgten Fotos vom Vorplatz aus Waschbetonplatten mit der Leiche darauf.
»Tatort und Fundort sind identisch. Der Körper wurde nicht bewegt.«
»Gefunden hat ihn ein anderes Mitglied der Kleingartenkolonie«, ergänzte Strobel. »Die Nachricht kam um sieben über Notruf von einer Frau Gertraud Blum. Sie wollte vor der Arbeit noch die Salatbeete gießen und kam auf dem Weg zu ihrer Parzelle am Tatort vorbei. Sie wunderte sich über Strunkes offene Laubentür. Dachte an einen Einbruch, was häufiger vorkommt, wie wir wissen.«
Claudia Junk meldete sich zu Wort. Die stellvertretende Leiterin des Kommissariats hatte die wenig erfreuliche Aufgabe gehabt, Strunkes Witwe die Todesnachricht zu überbringen. »Tatsächlich dürfte Strunke in der Laube gewohnt haben. Seine Frau hat ihn vor drei Wochen rausgeschmissen, wegen eines anderen. Wollte sich scheiden lassen.«
»Sie hat ihn wegen ‘nem anderen rausgeschmissen – mit sechzig?«, fragte Baumeister nach.
»Sie ist zehn Jahre jünger. Das ist durchaus nicht zu alt für eine neue Beziehung.« Claudia Junk sah Strobel an und errötete leicht. »Jedenfalls ist Strunke vorübergehend in seine Laube gezogen. Das ist offiziell nicht erlaubt. Als Vorsitzender der Kleingartenanlage konnte er es daher nicht sonderlich rumerzählen.«
Bühler übernahm wieder und ließ das Bild wechseln. »Die Tatwaffe.«
»Verrückt!«, rief Staab. »Ich kann’s immer noch nicht glauben.«
»Ein Gartenzwerg. Das hatten wir tatsächlich noch nie«, bestätigte Strobel.
Bühler zeigte ein weiteres Bild des Gartenzwergs, den die Schläge zerbrochen hatten. Ein Metermaß war an die Scherben angelegt. »Vierzig Zentimeter«, sagte er. »Der Zwerg stammt nicht aus dem Garten des Opfers. Wir versuchen noch herauszufinden, wem er gehört.« In schneller Folge zeigte er Bilder verschiedener
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