STOP! (German Edition)
gehen.“
„Nein, danke. Ich hab keinen Hunger. Ich bin jetzt nervös wegen dem Flug.“
Ich hatte schon sehr lange wirklich panische Angst vorm Fliegen. Auf Nachfrage bekam ich von meinen Eltern zur Antwort, dass es wohl seit einem Flugzeugabsturz 1996, aus eigener Recherche der Birgenair-Flug 301, so war. Die Birgenair-Maschine stürzte kurz nach dem Start von Puerto Plata in der Domenikanischen Republik ins Meer. Alle I n sassen des Flugzeuges starben, nur weil ein paar Anzeigen im Cockpit nicht funktionierten. Das Flugzeug wurde damals als Ersatz für die ursprüngliche Maschine eingesetzt, da die erste defekt gewesen sei. Makaber fand ich das schon damals, mit 9 Jahren. Und eben genau diese Abhängigkeit von einer Maschine, die rundum perfekt funktionieren muss, konnte ich nicht leiden. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass die Chance, einen solchen Absturz zu überleben, quasi nicht vorhanden ist. Über Geschichten von betrunkenen Piloten oder sonstigen Übeln darf ich gar nichts hören. Die einzige Konsequenz, die für mich seither daraus zu ziehen war: Es lebe die Pharm a industrie sowie alle mir wohlgesonnenen Ärzte hoch! Ohne meine heiß geliebten Tranquilizer betrat ich kein Flugzeug mehr. Ich war mir sicher, würden wir abstürzen, ich wäre der wohl entspannteste Mensch im Flugzeug. Zumindest redete ich mir das gerne ein, und es funktionierte.
„Ich kann nicht verstehen, dass du trotzdem immer noch in Urlaub fliegst. Wieso lässt du so etwas dann nicht?“
„Weil ich eben zu gerne verreise. Zudem kann ich zu Hause nicht tauchen. Und mit den Tabletten funktioniert doch alles prima. Platz suchen, hinsetzen, Klapptisch runter, Kopf drauf und du weckst mich, wenn es etwas zu essen gibt.“
„Vergiss es. Wenn du so einen Mist einnehmen willst, bitte. Aber ich werde dich nicht wecken, egal wie lange du schläfst. Den Hotelnamen hast du ja, dann kommst du im schlimmsten Fall eben nach.“
„Hm. Tabletten nehmen soll ich nicht, aber allein in Ägypten rumfahren und nach unserm Hotel suchen. Tolle Sache.“
Manchmal verstand ich meine Mutter echt nicht. Ich konnte mir nicht wirklich vorstellen, dass sie ihre Tochter weinend und panisch neben sich sitzen haben mochte. Sicher wäre es ihr zu peinlich, wenn ich Marge-Simpson-like im Flugzeug auf und ab rennen würde, während ich nur „RAUS! RAUS! RAUS!“ brülle. Aber eine Diskussion um dergleichen wollte ich nun auch nicht anzetteln. Ich besann mich wieder auf mein Magazin, blätterte lustlos darin weiter und Mutti frühstückte in Ruhe fertig.
Um Viertel nach Sechs begaben wir uns zur Rezeption, um unsere Koffer zu holen und auf unser Shuttle zu warten. Die Rezeptionistin teilte mit, dass wir die einzigen Gäste wären, die um diese Uhrzeit zum Flughafen fuhren, das Shuttle bereitstünde und wir auch sofort losfahren konnten, wenn wir dies wollten. Natürlich wollten wir. Schnell wurde unser Gepäck eingeladen und, dank eines Fahrerwechsels, machten wir uns diesmal etwas gemütlicher auf den Weg zum Flughafen. Dort angekommen war so gut wie nichts mehr von der Ruhe des gestrigen Besuches zu merken. Überall Menschen. Wie viele konnten denn um solch unchristliche Uhrzeit hier versammelt sein? Ich erinnerte mich an den Zeitungsbericht bezüglich diverser, gestrichener Flüge. Aber so viele konnten doch nun auch nicht in den Norden wollen, nicht bei diesem Wetter. In Deutschland war es noch nicht sommerlich warm, da fliegt man doch nicht wo hin, wo es noch kälter ist. Ich vermied es, meine Mutter darauf aufmer k sam zu machen, zumal sie mir ja versicherte, dass uns das alles nicht betreffen würde. Wir schlängelten uns durch die Menschen, den gleichen Weg wie am Abend zuvor. Am Luf t hansa-Schalter am Terminal 1 gerieten wir ins Stocken. Dort war kein Durchkommen mehr, selbst das Sicherheitspersonal versuchte sich vehement nach vorne zu kämpfen. Uns blieb nichts, als zusammengepfercht mit den anderen Fluggästen zu warten, bis schließlich die Polizei hinzugezogen wurde. Diese löste die Masse auf, es konnte weiter gehen.
„Was war denn da los?“, fragte ich meine Mutter.
„Gute Frage. Vielleicht wollten sie all deren Gepäck auch nicht, so wie unseres gestern?“
Wenn Mami noch Witze machte, konnte es nicht so schlimm, beziehungsweise nicht wirklich interessant für uns sein. Zudem war es nicht einmal unsere Fluggesellschaft. Also weiter, bevor wir noch einmal steckenbleiben würden. Auch wenn dies nicht geschah, kamen wir doch ziemlich
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