STOP! (German Edition)
geworfen.
„Der Flug TLT233 nach Sassari fällt aufgrund des Vulkanausbruchs in Island aus. Sie können an den Informationsschaltern umbuchen oder bekommen je nach Reiseanbieter Ihre Kosten erstattet. Wir bitten um Ihr Ve r ständnis und wünschen Ihnen noch einen angenehmen Tag.“
Ich erstarrte. Ich weiß, dass es nichts bringt, irgen d jemanden anzurufen. Typen wie die gehen nicht ans Telefon. Nicht, wenn jemand wie ich anruft. Nicht, wenn sie am Drücker sind.
Ich denke an Sammy und habe ein Gefühl, das wie Sterben ist. Ich denke an Katie, die ich gar nicht richtig kenne. Vielleicht hätte ich sie kennenlernen sollen. Vielleicht hätte ich alles anders machen sollen. Sammy war auch einmal so klein wie Katies Bruder gewesen. Jetzt ist er groß, aber älter wird er nicht werden.
„Der Flug TLT233 nach Sassari fällt aufgrund des Vulkanausbruchs in Island aus. Sie können an den Informationsschaltern umbuchen oder bekommen je nach Reiseanbieter Ihre Kosten erstattet. Wir bitten um Ihr Ve r ständnis und wünschen Ihnen noch einen angenehmen Tag.“
Ich nehme mein iPhone aus der Jackentasche und starre es an. Ich weiß nicht einmal ihren Nachnamen. Ich weiß nur, dass sie Katie heißt. Und ich weiß, dass Sassari weit entfernt ist.
Das ist alles. Ich weiß nur, dass die ganze Welt gerade anhält, hier und überall sonst auch, mit all ihren Mis s geschicken, falschen Entscheidungen und verwirrenden G e fühlen. Ich weiß, dass ich am liebsten nur ein einziges Wort schreien will. Solange bis ich heiser bin. Wie all die Menschen um mich herum, die ich niemals kennenlernen werde, auch.
„STOP!“
Ende
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„Nur in der Bewegung, so schmerzlich sie sei, ist Leben.“
Jacob Burckhardt
(„Weltgeschichtliche Betrachtungen“)
Die Autoren:
Louisa Schneider („Nils“)
Michèle Fugmann („Emily“)
Lisa Altmeyer („Saoirse“)
Nicolas La Roche (“Mateus”)
Victoria Farina (“Darwin”)
Tim Marburger (“David”)
Diana Jäger („S.“)
Fabian Bauer (“Leo”)
Nachwort von Christoph Marzi
Ein Nachwort für ein Werk wie dieses zu schreiben, ist keine einfache Aufgabe. Anfangs spielte ich mit dem Gedanken, ein paar Worte über die Natur des Schreibens zu verlieren, über all die Dinge, die den Inhalt eines Schreibkurses bilden (und der Welt damit aufs Auge zu drücken, wie ich den Prozess des Schreibens sehe … nun ja, auch Autoren sind eitel). Ich verwarf diesen Gedanken, weil er mir unpassend erschien. Denn im Grunde genommen kommt es nur darauf an, die Geschichte, die man begonnen hat, auch zu beenden (und ehrlich zu sein, sich selbst gegenüber, und die Geschichte, die man schreibt, so zu erzählen, wie sie tief in einem drinnen geboren wird). Ich bevorzuge das, was man Storytelling nennt, und kann wenig mit dem anfangen, was Plotting ist (überdies bin ich der Meinung, dass Schreiben ein Handwerk ist, das man mit Hingabe und Ausdauer erlernen kann, wozu natürlich viele handwerkliche Aspekte gehören, die man nicht ignorieren darf). Um es kurz zu machen: ich tendierte natürlich dazu, den Prozess des Schreibens als Prozess des Storytellings, des Geschichtenerzählens, zu unterrichten.
Doch wie auch immer – die jungen Autoren, die diesen Roman erschaffen haben, sind … jung. Als ich in ihrem Alter war, habe ich zwei lange Romane geschrieben, die ich kürzlich auf dem Dachboden wiedergefunden habe. Das brachte mich zur nächsten Idee: ich könnte der Welt vielleicht in Ausschnitten zeigen, wie mein Frühwerk ausgesehen hat. Aber auch das ist eigentlich nicht wichtig (und wäre nur ein Versuch des Herausgebers, sich in den Vorde r grund zu spielen).
Wichtig ist (um endlich auf den Punkt zu kommen), dass es jungen Autoren heute möglich ist, Gleic h gesinnte zu finden. Als ich Mitte der Achtziger Jahre mit dem Schreiben begann, kannte ich niemanden, der ebenfalls schreibt (es gab noch kein Internet und es war schwieriger als heute, an interessante Informationen zu kommen). Die meisten Freunde und Familienangehörigen konnten mit dieser Art der Beschäftigung wenig anfangen, tolerierten es als nette Spinnerei (ich klapperte stundenlang auf der alten Kofferschreibmaschine meines Vaters, während andere Jungs meines Alters im Volleyballverein spielten oder die Spielotheken bevölkerten) – und wenn jemand meine Geschichten las, dann war er meistens sparsam
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