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Sturm

Sturm

Titel: Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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sehen.«
    Der Jubel nahm zu. Sie fand die richtigen Worte.
    »Deshalb habe ich beschlossen, die dreißig Tage, die mir für die Wahl eines Ehemanns zustehen, nicht verstreichen zu lassen, sondern mich sofort zu entscheiden, damit meine Liebe und der Krieg mit gleicher Leidenschaft entfacht werden können. Mögen die Priester ihn segnen, und möge mein Volk mit der gleichen Ehrfurcht zu ihm emporblicken wie zu meinem geliebten Balderick.«
    Sie streckte die Hand aus. »König Cascyr.«
    »Er hat ja noch nicht einmal ein Land«, sagte der Mann neben Craymorus. »Woher soll er denn Armeen nehmen?«
    »Er hat die Ewige Garde«, sagte ein anderer. »Die ist unbesiegbar.«
    Cascyr betrat die Treppe und trat vor den Thron. Theatralisch nahm er Syrahs Hand und setzte sich.
    Die Trommelschläge setzten wieder ein. Soldaten schlugen mit ihren Schwertern auf die Schilde. Der Applaus des Volkes klang wie eine Pflichtübung. Craymorus verstand ihre Zweifel. Cascyr wirkte nicht gerade wie ein erfahrener Feldherr.
    »Mach dir keine Sorgen«, sagte eine Stimme hinter ihm. Craymorus erkannte sie sofort. Mellie. Im letzten Moment widerstand er der Versuchung, sich nach ihr umzudrehen. Er spürte ihre Hand in der seinen und hielt sie fest.
    »Sie wird ihn nicht heiraten«, flüsterte Mellie ihm ins Ohr. »Sie wird dich heiraten.«

 
    Epilog
     
    Am Morgen hatten sie das letzte Pferd geschlachtet. Rickard hatte geweint, als er das Schwert ansetzte, ebenso wie seine Männer. Die Tränen waren in seinem Bart gefroren. Jetzt lag der Kadaver des Pferdes in der Höhle, in der sie seit ein paar Tagen lebten, Rickard und die dreißig Männer, die ihm geblieben waren. Der Rest war entweder desertiert, erfroren oder getötet worden. Niemand war bisher verhungert, aber das würde nicht mehr lange auf sich warten lassen.
    Korvellan war zu klug für dich, Vater, dachte Rickard. Der Ritt über den Pass schien eine Ewigkeit zurückzuliegen. Durch das Herbstlaub und die roten Bäume Braekors waren sie geritten, hatten die Soldaten verhöhnt, die von ihren Wachtürmen auf sie herabgeblickt hatten. Niemand konnte sich ihnen in den Weg stellen, kein Soldat und erst recht kein Nachtschatten. Der Eiswind, der ihnen auf dem Pass entgegenschlug und die Männer zwang, Tücher vor ihre Gesichter zu binden, hätte Rickard warnen müssen, aber er war wie berauscht von seiner eigenen Macht gewesen. Das Trommeln der Hufe hinter ihm, die Gesänge der Männer, das Klirren der Waffen und der Geruch des Bluts hatten seinen Geist schlimmer vernebelt als der stärkste Wein.
    Was haben wir nur getan?, dachte Rickard. Sie hatten gefoltert und gemordet, waren in ihrer Allmacht zu Ungeheuern geworden. Er hatte nicht vergessen, wie viele sie getötet hatten. Jede Nacht sah er ihre Gesichter. Nur ein Nachtschatten war nicht unter ihnen gewesen. Seit der Nacht auf dem Boot, damals, als er und Cray die Insel der Meister verlassen mussten, hatte er keinen einzigen mehr gesehen.
    Es war beinahe komisch, wenn man genau darüber nachdachte. Keine zwei Tagesritte von dieser Höhle entfernt gab es eine Festung voller Nachtschatten, doch begegnet war er noch keinem.
    »Worüber lachst du?«
    Rickard sah zur Seite, als einer seiner Unteroffiziere, Rothbar, sich neben ihn an das kleine Feuer setzte. Rothbars Nase und Finger waren schwarz, aber er sagte, er habe keine Schmerzen.
    »Ich denke nur über ein paar Dinge nach.«
    »Und das ist zum Lachen? Du musst einen verdammt seltsamen Humor haben.« Zuhause in Westfall hätte man Rothbar die Zunge für eine solche Bemerkung herausgerissen, in Somerstorm hatten Stand und Disziplin längst ihre Bedeutung verloren. Rickard wusste, dass die Männer ihn nicht respektierten. Er hatte eine falsche Entscheidung nach der anderen getroffen, und mit jeder hatte er seine Armee tiefer in den Abgrund geführt.
    Er warf einen Blick tiefer in die Höhle hinein. Seine Männer, die längst nicht mehr seine Männer waren, hockten um drei kleine Feuer herum, eingehüllt in alle Decken und Felle, die sie in den verlassenen und größtenteils niedergebrannten Dörfern Somerstorms gefunden hatten. Es gab nur wenig Brennbares, hier und da mal einen Weidezaun oder einen Schuppen, den die Nachtschatten übersehen hatten. Jedes Stück Holz, jedes bisschen Dung war kostbar.
    »Ekhart und ich wollen versuchen, über den Pass zu kommen«, sagte Rothbar und spuckte ins Feuer. Er sprach, als habe er einen Schnupfen. »Sobald der Schneesturm aufhört, geht's los. Bist

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