Suehne
medizinischen Laien wie mich fragst, der Tote wird schließlich erst heute Abend obduziert, dann würde ich sagen, gestern Abend«, meinte Niemi. »Chico und ich sind ziemlich genau um sieben Uhr früh dort gewesen, und da hatte die Leichenstarre bereits eingesetzt. Aber mehr erfahrt ihr wie gesagt morgen.« Niemi nickte, sah die anderen in der Runde an und begann sich langsam zu erheben.
»Wir haben bereits Proben an das Staatliche Kriminaltechnische Labor in Linköping geschickt, aber von dort werden wir vermutlich erst in ein paar Wochen etwas hören. Ich glaube auch nicht, dass das in diesem Fall ausschlaggebend sein wird. Die Kollegen von der Spurensicherung des Bezirkskriminalamts haben versprochen, uns bei den Fingerabdrücken zu helfen. Mit etwas Glück ist das bis zum Wochenende geklärt.«
»Wir brauchen noch das Wochenende«, wiederholte Niemi und erhob sich ganz. »Am Montag wissen wir dann ziemlich genau, was in der Wohnung vorgefallen ist, glaube ich.«
»Danke«, sagte Bäckström und nickte Niemi und seinem jüngeren Kollegen zu. Wenn wir Danielssons Gast erst mal gefunden haben, dann ist diese Sache abgeschlossen, dachte er. Ein Alki, der einen anderen Alki ermordet hat, schwerer ist das nicht. Als die Kriminaltechniker den Raum verlassen hatten, forderten seine faulen und unfähigen Ermittler, sich die Beine vertreten und eine Zigarettenpause einlegen zu dürfen. Wäre Bäckström sein normales Ich gewesen, dann hätte er wahrscheinlich nur »Schnauze« gesagt, aber er hatte sich seltsam willenlos gefühlt und tatsächlich nur genickt. Am liebsten wäre er einfach gegangen, aber da ihm nichts besseres einfiel, verschwand er auf der Toilette und trank mindestens fünf Liter kaltes Wasser.
8
Nun denn«, sagte Bäckström, als sie erneut im Besprechungszimmer saßen und endlich wieder begannen, damit das Elend irgendwann mal ein Ende nahm. »Dann wenden wir uns also dem Opfer zu. Danach ist Zeit für Brainstorming, und bevor wir auseinander gehen, können wir noch überlegen, wie wir morgen die Aufgaben verteilen. Heute ist Donnerstag, der fünfzehnte Mai, und ich dachte, dass wir bis zum Wochenende fertig sein könnten, damit wir die kommende Woche dringlicheren Aufgaben als Herrn Danielsson widmen können.«
»Was wissen wir über unser Opfer, Nadja?«, fuhr Bäckström fort und nickte einer kleinen, korpulenten Frau Anfang fünfzig zu, die an der anderen Schmalseite des Tisches saß und sich hinter einem beachtlichen Papierstapel verschanzt hatte.
»In der Tat einiges«, erwiderte Nadja Högberg. »Ich habe die normalen Register durchgesehen, und da fand sich wirklich allerlei. Dann habe ich mich mit seiner jüngeren Schwester unterhalten, seiner einzigen näheren Verwandten übrigens, und sie hat mir auch einiges erzählt.«
»Ich höre«, sagte Bäckström, obwohl er in Gedanken ganz woanders war und ihm das angenehme Geräusch eines Schraubverschlusses, der geöffnet wird, förmlich im Kopf widerhallte. Karl Danielsson war im Februar 1940 in Solna zur Welt gekommen und somit bei seiner Ermordung achtundsechzig Jahre und drei Monate alt gewesen. Sein Vater war Schriftsetzer und Vorarbeiter in einer Druckerei in Solna gewesen, seine Mutter Hausfrau, beide Eltern waren seit langem tot. Seine nächste Verwandte war eine zehn Jahre jüngere Schwester, die südlich von Stockholm in Huddinge wohnte.
Karl Danielsson war allein stehend. Er war nie verheiratet gewesen und kinderlos. Jedenfalls tauchten keine Kinder in irgendwelchen Melderegistern auf. Er hatte vier Jahre die Volksschule in Solna besucht, anschließend die fünf jährige Realschule und war nach dem Examen drei Jahre auf Pahlmans Handelsinstitut in Stockholm gegangen. Mit neunzehn war er Buchhalter gewesen. Anschließend hatte er seinen zehnmonatigen Wehrdienst auf der Schreibstube der Barkarby-Fliegerstaffel abgeleistet. Sein erster Arbeitsplatz war im Sommer 1960 Assistent in einem Buchhaltungsbüro in Solna gewesen. Karl Danielsson war da zwanzig Jahre alt.
Im selben Sommer war er zum ersten Mal bei der Polizei aktenkundig geworden. Karl Danielsson war betrunken Auto gefahren, war zu sechzig Tagessätzen verurteilt worden und hatte für ein halbes Jahr seinen Führerschein verloren. Fünf Jahre später war es wieder so weit gewesen. Trunkenheit am Steuer, sechzig Tagessätze. Einjähriger Führerscheinentzug. Dann waren bis zum dritten Mal weitere sieben Jahre vergangen. Dieses Mal war es aber bedeutend schlimmer
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