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Sündiger Mond

Sündiger Mond

Titel: Sündiger Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louisa Burton
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muss, weil heutzutage ja sowieso niemand mehr glaubt. Für mich sind die Follets ähnlich wie Prinzen und Prinzessinnen einer untergegangenen Monarchie. Sie haben zwar keinen offiziellen königlichen Status mehr, aber trotzdem fließt blaues Blut in ihren Adern.«
    »Dad, äh …« Ich schüttelte verwirrt den Kopf. »Hast du mit Adrien über all das gesprochen?«
    Er lächelte. »Was glaubst du, von wem ich das alles weiß? Als Adriens Eltern und mein Vater ums Leben kamen und ich den Posten als administrateur übernahm, wusste ich nur sehr wenig über die Follets oder den Stammbaum der Morels. Aber Adrien wusste alles. Er hatte es von seinem Vater und aus den schriftlichen Überlieferungen der früheren gardiens erfahren. Zurzeit ist er gerade dabei, die einzelnen Schriftstücke zu einem Gesamtwerk zusammenzufassen, der Histoire Secrète de Grotte Cachée. «
    »Das hier?«, fragte ich und zeigte auf das Buch in meiner Hand.
    »Wenn er fertig ist, werden es viele Bände sein, und das ist der erste. Aber Adrien hat nicht nur alles über die Geschichte dieses Ortes gelernt, er hatte spezielle Tutoren, die ihn auf seine priesterliche Berufung vorbereitet haben. Sie haben ihm dabei geholfen, seine Gabe zu erkennen und zu entwickeln.«
    »Was für eine Gabe?«
    »Eigentlich ist es ein ganzes Bündel außersinnlicher Fähigkeiten, die er von seinen Druiden-Vorfahren geerbt hat.«
    »Außersinnlich? Wie bei Wahrsagern?«
    »Er kann zwar keine Gedanken lesen, aber er kann die Aura von Menschen deutlich erkennen. Seine Träume vermitteln ihm außergewöhnliche Einsichten, und er beherrscht gewisse Zaubersprüche – in alter gallischer Mundart –, mit denen er, in Ermangelung eines besseren Wortes, zaubern kann. In alter Zeit hätte man ihn einen Seher genannt und ihn als Priester angesehen, deshalb bezeichnet er sich selbst und Menschen mit ähnlichen Gaben als Druiden und Druidinnen.«
    »Wie Mom?« Ich verdrehte die Augen.
    »Deine Mutter ist eine Druidin.«
    Mir verschlug es die Sprache.
    »Sie ist mit der Gabe geboren«, sagte er. »Das ist bei manchen Menschen so, für gewöhnlich, weil beide Eltern die Gabe besitzen, es ist nämlich ein rezessives Gen. Wenn nur ein Elternteil die Gabe hat, ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass sie sich auf die Nachkommen überträgt. Bei deiner Mutter war auf jeden Fall das Problem, dass sie nie richtig ausgebildet worden ist wie Adrien. Sie kann mit ihren Gaben nicht umgehen, und sie sind mangelhaft entwickelt, aber sie spürt, dass sie da sind. Bei den meisten Menschen ist das nicht so, weil unsere Kultur zu arrogant und skeptisch ist, um anzuerkennen, dass manche Dinge über das Sichtbare hinausgehen. Im Allgemeinen kann bei dieser ablehnenden Einstellung selbst ein außergewöhnlich begabter Druide, der darauf trainiert ist, Auren zu lesen, sie nicht als Gleichgesinnte erkennen. Deshalb hat sich deine Mutter auch so auf diesen ganzen Hokuspokus mit Tarot-Karten und Kristallkugeln eingelassen.«
    »Ach ja, das ist also Hokuspokus , aber dein Gerede von Satyrn, Elfen und Dschinn …«
    Erneut bekam er einen Hustenanfall, dann lehnte er sich erschöpft zurück. »Lies das Buch, Isabel. Darin steht alles, was du wissen musst.«

 
    5
    U nd so berichte ich, Brantigern Anextlomarus, die Legende unseres Volkes, nicht für römische Augen noch für jedermanns Augen bestimmt, nur für die Götter und Göttinnen allein. Unsere Riten und Geheimnisse sind stets vor denen bewahrt worden, die unsere Götter verbrennen und unsere Wahrheiten verspotten würden. Auf ewig soll es so sein.
     
     
    So schloss meine Nachmittagslektüre, Band I von Adriens Histoire Secrète de Grotte Cachée , in der der Druide Brantigern vom Glauben und von der Geschichte seines keltischen Volksstammes erzählt, der die gallischen Kriege und die römische Besatzung in seiner Ansiedlung im Tal überstanden hat.
    Ich klappte das Buch zu und legte es auf meinen Schoß. Sorgsam hielt ich es fest, damit es nicht in das Becken des Badehauses fiel, an dessen Rand ich saß und die Beine im Wasser baumeln ließ. Das Buch war faszinierend, aber auch ein wenig beunruhigend, vor allem der Teil über die Stammesangehörigen, die als Hüter für »Götter« dienten, die ich aus dem täglichen Umgang kannte. Zuerst war Darius da gewesen, ihr »Gott des Feuers« aus einem unbekannten, fremden Land, der jahrhundertelang tief in ihrer »verzauberten Höhle« gelebt hatte. Dann kam Elic, ein »freundlicher Dusios aus dem Norden«,

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