Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
dem Nullpunkt besonders stark auf Erwärmung reagiert. Geringe Temperaturänderungen könnten damit zu einer deutlichen Erhöhung der Freisetzung von Kohlenstoff aus Böden kalter Klimaregionen führen und damit den Treibhauseffekt verstärken.
Abb. 2. 2 Kohlenstoffspeicher in Pflanzen und Humussubstanz. Die Großlebensräume der Erde (Biome) unterscheiden sich stark in der Speicherung von Kohlenstoff in belebter (Biomasse) und unbelebter Materie (Nekromasse). Die Breite der Balken ist proportional der Fläche der jeweiligen Biome. Die Zahlen entsprechen den Gesamtpools an Kohlenstoff in den jeweiligen Biomen in Petagramm (1 Pg = 10 15 g). Die Mobilisation von 1 Pg Kohlenstoff entspricht einer Erhöhung der atmosphärischen CO 2 -Konzentration von ca. 0,5 ppm (parts per million). (Nach Anderson, 1991.)
Abb. 2. 3 Kohlenstoffspeicher. a Kahlschlag, Vancouver Island. Aus Wäldern der Taiga wird ein Großteil des Zellstoffs zur Papierherstellung gewonnen. b Küstenregenwälder West-Kanadas. In kälteren Klimaten reichern sich Pflanzenrückstände wie Totholz an, was zur Bildung von mächtigen Humusauflagen führt. (Fotos von Stefan Scheu, Göttingen.)
Die meisten Strukturproteine und Enzyme denaturieren bei etwa 50 °C. Solche Temperaturen bedeuten daher den Zelltod, wenn keine Mechanismen existieren, die Proteine vor der Denaturierung schützen. Temperaturempfindlich sind außerdem Biomembranen und Nucleinsäuren. Ab 120 °C zerfallen auch die monomeren Biomoleküle; Leben ist damit auf niedrigere Temperaturbereiche beschränkt.
Extreme Temperaturstandorte sind einerseits Hitze- und andererseits Kälteregionen, wobei die Begriffe Hitze und Kälte allerdings relativ sind: Riffbildende Korallen sterben bei Temperaturen unter +18 °C vor Kälte, einige antarktische Fische erleiden bereits bei über +6 °C den Hitzetod. Organismen besitzen also einen evolutionär geprägten Temperaturbereich mit einem Optimum (Abb. 2. 4 ). Abweichungen von diesem Optimum nach oben führen zu Hitzestarre , Hitzekoma und Hitzetod , wobei der Eintritt ins Hitzekoma irreversibel ist und zum Hitzetod führt. Für Tiere liegt die obere Wärmegrenze meist bei 40–50 °CKörpertemperatur. Abweichungen von der Optimaltemperatur nach unten führen zu Kältestarre , Kältekoma und Kältetod . Der Kältetod tritt bei intrazellulärer Eisbildung ein, da Eiskristalle die zellulären Feinstrukturen mechanisch zerstören. Extrazelluläre Eisbildung hinterlässt eine stark konzentrierte, osmotisch wirksame Lösung, welche die Zelle durch Wasserentzug schädigt. Das Fehlen von Kristallisationskeimen verzögert die Eisbildung in Organismen, wodurch es zu einer Unterkühlung unterhalb des Gefrierpunkts des Zellplasmas kommt. Tritt bei weiterer Abkühlung Eiskristallbildung ein, erwärmt sich der Organismus bis zum Gefrierpunkt. Durch Messung dieser Wärmefreisetzung kann der Gefrierpunkt und damit der Tod des Organismus sehr genau bestimmt werden.
Abb. 2. 4 Reaktion von Gliedertieren auf Temperaturveränderungen. Abweichungen vom Optimum zu höheren Temperaturen führen zu Hitzestarre, Hitzekoma und Hitzetod; Abweichungen zu tieferen Temperaturen zu Kältestarre, Kältekoma und Kältetod. Kältetod tritt bei intrazellulärer Eisbildung ein, die erst unterhalb von 0 °C einsetzt (Unterkühlungspunkt). Durch die Eisbildung kommt es zu einer Erwärmung des Körpers (Gefrierpunkt). (Nach Block, 1990.)
Thermo-Anpassungstypen
Bei den Anpassungen der Lebewesen an verschiedene Umgebungstemperaturen lassen sich Thermokonformer und Thermoregulierer unterscheiden. Bakterien, Pilze, die meisten Pflanzen und viele Tiere sind Thermokonformer . Sie stimmen in ihrer Zell- bzw. Gewebetemperatur weitgehend mit der Temperatur ihrer Umwelt überein und überleben nur bei angemessenen Außentemperaturen. Thermoregulierer halten ihre Innentemperatur unabhängig von der Umgebungstemperatur in einem gewissen Rahmen aufrecht. Neben vielen Tiergruppen (Vögel, Säugetiere, manche Insekten und Fische) regulieren auch Pflanzen ihre Gewebstemperatur (s. u. und Botanik ).
Bei den meisten Tieren besteht die Thermoregulation darin, die temperaturempfindlichen biochemischen Vorgänge in den Zellen von den Außentemperaturen abzuschirmen. Eine Temperaturanpassung auf zellulärer Ebene findet meist nur dann statt, wenn verhaltensbiologische, morphologische oder physiologische Mittel nicht ausreichen. Verhaltensanpassungen bestehen bei beweglichen Organismen z. B. darin, günstige
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