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The Cocka Hola Company: Roman

The Cocka Hola Company: Roman

Titel: The Cocka Hola Company: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matias Faldbakken
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Anzahl Kinder …………I …………
Anzahl Erwachsene ……I …………

    – Könntest du bitte mitkommen, ja, Casco, fragt Simpel. Motha weigert sich. Sie sagt, nach dem, was letztes Jahr im Filmsaal passiert ist, würde sich kein Mensch mehr da hintrauen. Stimmt schon, Lonyl war ein bisschen schwieriger als üblich, und ich schaffe es nicht, schaffe es nicht, schaffe es verdammt nicht, noch mal allein mit ihm hinzugehen. Tut mir Leid, dass ich dich in so was reinziehe, aber das macht dir doch nichts aus, oder? Ich hab mit allen Mitteln versucht, Motha zu überreden, aber sie weigert sich. Gegen Afrika kann ich nicht an.
    – Kein Problem, Simpel, ich hab am 16. noch nichts vor, sagt Casco.
    – Du bist manchmal so was von scheiß in Ordnung, ich kann dir’s gar nicht sagen, Casco.

    (Simpel legt sich die Einladung aufs Bein, bückt sich und versucht, aus der 1 in der Rubrik Anzahl Erwachsene eine 2 zu machen. Er sticht mit dem Kugelschreiber hindurch, piekst sich ins Bein und sagt AU! und SCHEISSE!)

    Als Erster bemerkte es vor ca. drei Jahren Lonyls Kindergartenonkel Nazreen. Erst hörte Lonyl auf, mit den anderen Kindern zu spielen. Dann hörte er überhaupt auf zu spielen. Dann hörte er auf, allein in seiner Ecke zu sitzen, sondern lag allein in seiner Ecke. Dann hörte er auf, Menschen anzuschauen; er sah konsequent weg, wenn jemand sich ihm näherte. Dann hörte er auf zu weinen, wenn Nazreen ihn hochhob und zum Mittagstisch trug, dann stellte er die Nahrungsaufnahme ein. Er aß kein Brot mehr, keine Butter, weder Wurst noch Käse noch Marmelade. Keine Eier, kein Obst, kein Gemüse, keinen Fisch, kein Fleisch und kein Hähnchen, weder gekocht noch gebraten. Lonyl aß weder Schokolade noch Kartoffelchips, weder Bonbons noch Eis, weder Marzipan noch Kekse. Und als Nazreen auf jede erdenkliche Weise versucht hatte, ihn zu bewegen, dass er irgendwas aß, egal was, da hörte er auch noch auf zu trinken. Er trank einfach nichts mehr. Kein Wasser, keinen Saft, keine Milch, keine Cola, nichts konnte ihn locken, weder Strohhalm noch Eiswürfel. Er verweigerte sowohl Schnabeltasse als auch Nuckelfläschchen. Nazreen versuchte ihn dazu zu bewegen, dass er bei Sultans hochschwangerer Mutter trank, aber Lonyl drehte den Kopf weg. Nazreen ließ Lonyl von anderen Kindergartenonkeln und -tanten aus der Gruppe der Dreijährigen festhalten und versuchte, ihm zwangsweise etwas Flüssigkeit einzuflößen. Lonyl spie und spuckte, schließlich erbrach er sich. Da warf Nazreen die Flinte ins Korn. Er hatte ein bisschen Angst, Lonyl könnte zu Hause bei Vater und Mutter petzen, denn beide Eltern (Simpel und Motha) sind schrecklich jähzornige Leute. Es dauerte nicht lange, und Lonyl brach zusammen. Er kam ins Krankenhaus und wurde intravenös ernährt. Und dort blieb er eine geraume Weile, weil er sich weigerte zu versprechen, jemals wieder zu essen und zu trinken. Ärzte, Pflegepersonal, Pädagogen, Therapeuten, Betreuer, Pädiater, Kindergartenkinder, Großmütter, Onkel und Tanten, Nachbarn, Eltern und Nazreen konnten bitten und betteln und drohen, soviel sie wollten; Lonyl wurde das Essen ins Blut geträufelt, mehr ließ er nicht zu. Und so lag er da, bis er irgendwann und Gott weiß warum beschloss, wieder zu essen. Eines von hunderttausend Angeboten nahm er an. Niemand wusste genau, was das war oder wer ihn hatte überreden können. Irgendwer fragte Lonyl, der stinksauer im Krankenhausbett lag, ob er nicht wieder essen wollte, und Lonyl sagte ja, gut. So. Doch die Freude währte nur kurz, denn kaum war er entlassen, kaum war er wieder zu Hause und ging wieder in den Kindergarten, da hörte er auf zu reden. Das Ja im Krankenhaus war der einzige Akt der Kommunikation, den man gut drei Jahre lang von ihm erlebte. Lonyl war drei, als er aufhörte zu reden, und fing erst mit sechs wieder an. Er malte nicht und spielte nicht mit Legosteinen, er hatte weder für Tiere Interesse noch für Maschinen oder Zeichentrickfilme. Er nahm Nahrung zu sich und ließ sich herumtragen. Das war’s. Wenn er nicht von einem Ort zum anderen getragen oder gefahren wurde, bewegte er sich nicht vom Fleck, wo auch immer man ihn abstellte, blieb er sitzen und glotzte. Simpel hatte ihn im Verdacht, dass er ein tückisches Spiel mit allen spielte, aber da irrte er sich. Er unterzog Lonyl kleinen Tests, ging kurz aus dem Haus, um nach zehn Minuten zurückzukommen, dann nach einer halben Stunde, dann nach einer, dann erst nach zwei Stunden. Lonyl

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