Todesakt: Thriller (German Edition)
stöhnte Cobb wie ein Tier.
Wir haben geschlossen .
Diesmal sprach der Tierarzt so laut, dass Cobb ihn durch die Scheibe hören konnte.
Wir haben geschlossen .
Er glaubte sich jeden Moment übergeben zu müssen, stemmte sich mit aller Macht dagegen und bemühte sich, klar zu denken – doch keine Chance. Er stierte auf die Tür: ein Holzrahmen und eine Holzvertäfelung mit einer Glasscheibe. Dann machte er zwei Schritte rückwärts, nahm Anlauf und rammte die Schulter gegen das Schloss.
Die Tür flog auf. Der Tierarzt fuhr hoch.
Cobb hob die Pistole.
»Wenn Sie noch einmal ›Wir haben geschlossen‹ sagen, puste ich Ihnen Ihre blöde Rübe weg.«
Dem Tierarzt blieb der Mund offen stehen. Er starrte auf die in Cobbs Brust steckenden Serviettenrollen. Blut sickerte durch den Zellstoff und tropfte auf den Boden wie aus einem undichten Rohr.
»Ich bin Polizist«, fuhr Cobb fort. »Und ich brauche Ihre Hilfe.«
Der Tierarzt wollte antworten, doch es hatte ihm die Sprache verschlagen. Er war schätzungsweise fünfunddreißig, hatte ein jungenhaftes Gesicht und trug Jeans und einen Arztkittel. D r . F rank stand auf dem Namensschild über seiner Brusttasche.
»Ich rufe einen Krankenwagen«, stammelte er.
Cobb schüttelte so nachdrücklich den Kopf, dass er beinahe das Gleichgewicht verlor.
»Bis der hier ist, bin ich verblutet. Sie müssen es machen. Sie müssen mir helfen.«
»Aber ich bin Tierarzt«, protestierte der Mann. »Ich behandle Tiere.«
»Ich habe den Großteil meines Lebens gehaust wie ein Tier, Doc. Außerdem ist das hier nicht unbedingt eine Bitte.«
Cobb erinnerte sich zwar, dass er sein Magazin beim Beschuss auf Bennetts Pseudotraumhaus leer gefeuert hatte, hielt dem Tierarzt aber trotzdem die Mündung unter die Nase. Als er bemerkte, dass sich Franks Augen leicht weiteten, wusste er, dass er gewonnen hatte. Die Sig war eine beeindruckende Waffe. Cobb war schon immer sehr stolz darauf gewesen.
»Okay, okay«, sagte Dr. Frank. »Dann also los.«
Er nahm Cobb am Arm und führte ihn ins Behandlungszimmer. Es war mit einem Tisch aus Edelstahl ausgestattet. Die Fliesen an den Wänden waren genauso blau wie Gambles Augen. Cobb deutete das als gutes Zeichen. Allerdings musste er zugeben, dass es momentan von guten Zeichen nur so wimmelte.
Dr. Frank hob ihn auf den Tisch und zog sich ein Paar Vinylhandschuhe an. Dann zog er Cobb das Hemd aus und fing an, die Wunden zu verarzten. Er arbeitete so zügig wie ein Militärarzt auf dem Schlachtfeld, und Cobb fragte sich, ob er wohl im Krieg gewesen war.
»Erzählen Sie mir, was passiert ist«, sagte der Tierarzt. »Ich muss wissen, womit ich es zu tun habe.«
Cobb betrachtete ihn. Er war alt genug und schien sich auch nicht mehr zu fürchten.
»Drei Schüsse von hinten«, erwiderte er. »Ich zähle zwei Austrittswunden. Hoffentlich ist eine Kugel danebengegangen. Außerdem habe ich mein Telefon verloren, Doc. Falls mir etwas passiert …«
Eine riesige Welle schwappte durch seinen Körper.
Es fühlte sich an, als versinke er in einem Meer aus Erschöpfung. Trotzdem versuchte Cobb, die Situation so zusammenhängend wie möglich zu schildern, dem Tierarzt die Lage in groben Zügen zu erläutern und ihm mitzuteilen, dass Gamble in Gefahr schwebte. Allerdings war er nicht sicher, ob er ihn noch verstand. Er konnte nicht einmal mit Gewissheit sagen, ob er überhaupt laut redete.
53
Lena schlängelte sich durch den dichten Freitagabendverkehr am westlichen Ende des Sunset Boulevard. Sie hatte keine Ahnung, wie schnell sie vorankam, weil sie nicht auf den Tacho schaute. Nur eines stand fest: Sie war zu langsam. Sie warf einen Blick auf Vaughan, der neben ihr saß.
»Wir schaffen das schon«, sagte er.
Das wiederholte er nun seit einer Stunde jedes Mal, wenn sie ihn ansah.
Wir schaffen das schon .
Sie hatte in Debi Watsons Haus in West Hollywood auf Vaughan gewartet und ihm in Begleitung der Detectives vom Büro des Sheriffs den Tatort gezeigt. Vaughan hatte den ganzen Tag lang, unterstützt von Keith Upshaw, das Computernetzwerk des Oberstaatsanwalts durchsucht. Und sie waren tatsächlich auf etwas gestoßen, das er gern mit Lena besprechen wollte. Doch die war in Gedanken bei Cobb. Sie machte sich große Sorgen um ihn. Eigentlich hätte er sie in Watsons Haus treffen sollen, war aber nie erschienen. Als sie ihn angerufen hatte, war schon nach einmal Läuten die Mailbox angegangen, als hätte er das Telefon abgeschaltet.
Sie hatte ein sehr
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