Toedlicher Blick
hier haben, und wissen Sie, was er dazu gesagt hat?«
»Was denn?« Sie saßen in Rose Maries Büro, und sie sah fröhlicher aus als je in den letzten Wochen.
»Er sagte: ›Mir persönlich ist es nicht so wichtig, wie gut die Leute ermittelt haben –
mir
gefällt vor allen Dingen, auf welche Art sie den Fall
abgehandelt
haben.‹«
»Das klingt gut.«
»Ja, das ist sehr gut.«
Das Ordnen und Verknüpfen der losen Enden des Falles hatte keine Ordnung in Lucas’ Gedankenwelt geschaffen. Eine leichte Melancholie legte sich auf ihn, und Weather entging dieses Stimmungstief nicht. Sie fing an, Einladungen zu arrangieren, und sprach hinter seinem Rücken mit Marcy; Marcy ging darauf ein und schlug vor, Lucas, Weather, sie und Kidd sollten doch einmal zum Dinner ausgehen. Lucas reagierte nur mit »Ja, irgendwann mal« und lief weiter unruhig in der Stadt herum.
Er hätte Terry Marshall stoppen können, ging ihm ständig durch den Kopf. Er hatte sich nicht zu einem Entschluss durchringen können; er war nie mit sich ins Reine gekommen, was er tun sollte. Er hätte einen Entschluss fassen können, aber er hatte es nicht getan – ein persönliches Versagen, und zwar ein schweres, wie er sich vorwarf …
An diesem Abend, nach der Arbeit am Segelboot, nach Hähnchenbrust mit Nüssen und grünem Salat, nach einer Schale Wildreissuppe, nach ein paar Bierchen, lungerte er, im Hinterkopf noch immer gedanklich mit dem Fall beschäftigt, in seinem Arbeitszimmer herum. Nach einiger Zeit seufzte er und ging hinunter zum Badezimmer. Die Tür war abgeschlossen.
»Weather?«
»Ja. Einen Moment noch.«
»Okay, macht nichts, ich gehe runter ins andere …«
»Nein, nein, es dauert nur noch eine Minute.« Er hörte eine Bewegung hinter der Tür, drehte den Griff. Immer noch verschlossen.
»Was machst du denn da drin?«
»Ähm …«
»Okay, ich laufe runter zum …«
»Nein, nein … Ich, ähm, ich mach nur gerade …ähm, Pipi auf so einen Streifen.«
»Weather? Was zum Teufel …«
»Ich mache Pipi auf einen Papierstreifen. Okay?«
Über das Buch
Als in der Nähe von Minneapolis in kurzer Zeit drei Frauenleichen entdeckt werden, findet Detective Lucas Davenport bald einen Zusammenhang zwischen den Opfern: Alle drei erhielten pornografische Zeichnungen, auf denen sie selbst abgebildet sind. Und als das Phantombild des Unbekannten verbreitet wird, der mit den drei Frauen befreundet war, beginnt der angesehene Kunstgeschichtsprofessor James Qatar zu begreifen, dass man ihm auf die Schliche kommt. Obwohl er sein Verlangen, seine augenblickliche Freundin Ellen Barstad zu erdrosseln, kaum zügeln kann, beschließt er, den Schein ihr gegenüber zu wahren. Aber die bildungsbürgerliche und kunstsinnige Fassade Qatars bröckelt, nachdem man seinen grauenhaften »Privatfriedhof « mit acht Frauenleichen entdeckt. Doch der Zufall kommt dem Professor noch einmal zu Hilfe: Der Dealer Randy wird bei einem weiteren ermordeten Mädchen aufgefunden, und weil ihm der Besitz des Schmuckes von früheren Opfern nachgewiesen werden kann, scheint der Täter endlich gefasst. Nur Davenport ahnt, dass James Qatar der eigentliche Mörder ist. Er heuert Ellen Barstad als Lockvogel an …
Über den Autor
John Sandford ist das Pseudonym des mit dem Pulitzerpreis ausgezeichneten Journalisten John Camp. Seine Romane um den Polizisten Lucas Davenport finden sich regelmäßig ganz oben auf den amerikanischen Bestsellerlisten. Fesselnder als er schreibt kaum ein zeitgenössischer Thriller-Autor. John Sandford lebt in Minneapolis.
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