Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan
Abstellkammer hinter einem Büro im ersten Stock.«
»Wie kamen die Katzen da zu ihm rein?«
»Die Tür hat so eine kleine, beidseitig schwenkbare Klappe. Ferris bewahrte dort drinnen Futter und Katzenstreu auf.«
»Er holte seine Katzen zu sich, um sich zu erschießen?«
»Vielleicht waren sie schon drinnen, als er die Kugel abbekam, vielleicht sind sie erst später hineingeschlüpft. Es kann sein, dass Ferris auf einem Hocker saß, als er starb, und dann herunterfiel. Irgendwie haben sich seine Füße in der Katzenklappe verklemmt.«
Ich dachte darüber nach.
»Miriam schaute nicht in dieser Abstellkammer nach, als sie am Sonntag dorthin fuhr?«
»Nein.«
»Sie hat auch kein Kratzen oder Miauen gehört?«
»Madam ist keine Katzenliebhaberin. Deshalb hatte Ferris sie ja in der Arbeit.«
»Geruch hat sie auch keinen bemerkt?«
»Offensichtlich war Ferris nicht gerade ein Pedant, was Katzenhygiene betraf. Miriam meinte, wenn sie etwas gerochen hätte, dann hätte sie sich wahrscheinlich gedacht, dass es dreckiges Katzenstreu ist.«
»Sie fand das Gebäude auch nicht übermäßig warm?«
»Nein. Aber wenn eine der Katzen erst nach ihrem Besuch an den Thermostat gekommen wäre, dann hätte Ferris immer noch von Sonntag bis Dienstag geschmort.«
»Hatte Ferris andere Angestellte außer seiner Sekretärin?«
»Nein.« Ryan schaute kurz in seine Notizen auf dem Spiralblock. »Courtney Purviance. Miriam nennt sie Sekretärin. Purviance zieht die Bezeichnung ›Geschäftspartnerin‹ vor.«
»Setzt die Ehefrau sie herab oder sie sich selber herauf?«
»Eher Ersteres. Wie’s aussieht, spielte Purviance in dem Geschäft eine ziemlich wichtige Rolle.«
»Wo war Purviance am Mittwoch?«
»Ging früh nach Hause. Verstopfte Nebenhöhlen.«
»Warum hat Purviance Ferris am Montag nicht gefunden?«
»Montag war irgendein jüdischer Feiertag. Purviance hat sich den Tag freigenommen, um Bäume zu pflanzen.«
»Tu B’Shvat.«
»Et tu, Brute.«
»Das Fest der Bäume. Fehlte irgendwas?«
»Purviance meint, dass es in dem Laden nichts gibt, was das Stehlen lohnt. Der Computer ist alt. Das Radio noch älter. Das Inventar ist nicht wertvoll. Aber sie sieht noch mal genau nach.«
»Wie lange hat sie für Ferris gearbeitet?«
»Seit achtundneunzig.«
»Irgendwas Verdächtiges in Ferris’ Geschichte? Bekannte Geschäftspartner? Feinde? Spielschulden? Sitzengelassene Freundin? Oder Freund?«
Ryan schüttelte den Kopf.
»Deutet irgendwas auf eine Selbstmordneigung hin?«
»Ich bin noch am Wühlen, aber bis jetzt ist da nichts. Stabile Ehe. Ist mit seiner Frau im Januar nach Boca Raton gefahren. Das Geschäft war nicht gerade ein Knüller, lieferte aber ein solides Einkommen. Vor allem, seit Purviance eingestiegen ist, eine Tatsache, mit der sie nicht hinterm Berg hält. Nach Angaben der Familie gab es keine Anzeichen für Depressionen, aber Purviance meinte, er sei in den letzten Wochen ungewöhnlich launisch gewesen.«
Ich erinnerte mich an Kessler und zog das Foto aus der Tasche meines Labormantels.
»Ein Geschenk von einem der Fabelhaften Vier.« Ich hielt es ihm hin. »Er glaubt, das ist der Grund für Ferris’ Tod.«
»Soll heißen?«
»Er glaubt, das ist der Grund für Ferris’ Tod.«
»Du kannst einem wirklich auf die Nerven gehen, Brennan.«
»Ich arbeite daran.«
Ryan betrachtete das Foto.
»Welcher von den Fabelhaften Vier?«
»Kessler?«
Ryan hob eine Augenbraue, legte das Foto weg und blätterte in seinem Spiralblock.
»Bist du sicher?«
»Den Namen hat er mir zumindest genannt.«
Als Ryan den Kopf hob, war die Braue wieder an ihrer gewohnten Stelle.
»Bei der Autopsie war keiner mit dem Namen Kessler zugelassen.«
3
»Ich bin mir sicher, dass Kessler der Name war, den er mir genannt hat.«
»Er war ein befugter Beobachter?«
»Im Gegensatz zu den Unmengen von hasidim , die in diesen Hallen umgehen?«
Ryan ignorierte meinen Sarkasmus.
»Hat Kessler gesagt, warum er hier war?«
»Nein.« Aus irgendeinem Grund ärgerte mich Ryans Frage.
»Hast du Kessler davor im Autopsiesaal gesehen?«
Ich war besorgt gewesen wegen Miriam und Dora und dann abgelenkt von Pelletiers Anruf. Kessler hatte eine Brille, einen Bart und einen schwarzen Anzug. Mein Verstand hatte sich mit einem kulturellen Klischee zufrieden gegeben.
»Das habe ich einfach angenommen.«
»Gehen wir es doch mal von Anfang an durch.«
Ich schilderte Ryan die Begegnung auf dem Gang unten im Keller.
»Kessler war also
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